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Rückgang der FleischproduktionEs wird weniger geschlachtet

In Deutschland ist die Fleischproduktion weiter gesunken. Ein Grund: Immer weniger Betriebe halten Schweine. Das liegt nicht nur an der Schweinepest.

Weniger ist in Deutschland immer noch viel: Schweine in einem Schlachthof in Niedersachsen Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Berlin taz | Die Fleischproduktion in Deutschland geht weiter zurück. Mit 3,3 Millionen Tonnen Fleisch produzierten die gewerblichen Schlachtunternehmen im ersten Halbjahr 2023 5,9 Prozent weniger Fleisch als im Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.

Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 23,6 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 343,9 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet. Damit führt sich der seit sechs Jahren bestehende Rückgang fort: Die Schlachtmenge sank von rund 8,16 Millionen Tonnen im Jahr 2017 auf 7 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr.

Schweinefleisch macht mit 62 Prozent das Gros der gewerblichen Fleischerzeugung in Deutschland aus. In den vergangenen sechs Monaten wurden in Deutschland 21,6 Millionen Schweine geschlachtet, was 2,2 Millionen Schweine weniger sind als im ersten Halbjahr 2022. Das entspricht einem Rückgang von 9,2 Prozent. Bereits im Jahr zuvor war die Zahl um 8,9 Prozent gesunken.

Grund dafür sind laut Statistischem Bundesamt die rückläufigen Schweinebestände in Deutschland: Seit 2013 sank die Zahl der gehaltenen Schweine um 25,2 Prozent beziehungsweise 7 Millionen Tiere, die Zahl der schweinehaltenden Betriebe nahm um 43,4 Prozent ab.

Schweinepest und Corona machten Bauern zu schaffen

„Die Betriebe haben die Schweinehaltung aufgegeben“, sagt Martin Schulz, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL). Nachdem im Jahr 2020 die afrikanische Schweinepest in Brandenburg ausgebrochen war, seien die Schwein-Exporte nach China eingebrochen.

Zudem hätten die Betriebe während der Coronapandemie wegen der hohen Infektionsgefahr für die Mit­ar­bei­te­r:in­nen ihre Produktion drosseln müssen; durch den Krieg in der Ukraine und die gestiegenen Getreidepreise sei das Futter zu teuer geworden.

„Dass die Betriebe aufhören zu wirtschaften, sehen wir negativ. Als Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft wünschen wir uns einen Haltungsumbau, der mehr Tierwohl und dadurch mehr Umweltschutz bringt – aber auch mehr Gewinne für die Betriebe“, sagt Schulz. Allerdings fehle die Perspektive. Obwohl sich die Gesellschaft ebenfalls eine andere Tierhaltung wünsche, sei sie nicht bereit, dafür mehr Geld auszugeben. „Ich gehe deshalb davon aus, dass die Schweineproduktion weiter sinkt“, sagt Schulz.

Die Produktion von Rindfleisch und Geflügel blieb dagegen weitgehend konstant. Während die Schlachtungen von Rindern im Vergleich zum Vorjahr nur um 0,1 Prozent zurückgingen, stieg die Menge des erzeugten Rindfleischs um 0,9 Prozent. Mit 343,9 Millionen Tieren verschiedener Geflügelarten wurden 2,7 Prozent weniger geschlachtet als im Vorjahreszeitraum. An der Gesamtmenge des produzierten Fleischs macht Geflügel einen Anteil von 23,2 Prozent, Rindfleisch von 14,5 Prozent aus. Schafs-, Ziegen- und Pferdefleisch kommen lediglich auf rund 0,4 Prozent.

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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wieviel Fleisch wird importiert, wieviel exportiert? Wieviel Tierfutter (sowohl für fleischfressende Haustiere als auch für zumindest allesfressende Nutztiere) wird daraus produziert? Wie groß ist der Anteil der Im- und Exporte innerhalb der EU? Um wie vieles wird in den Hauptzuchtregionen der Boden durch Fäkalien aus der Nutztierhaltung überdüngt? Wieviel andere tierische Produkte außer Fleisch werden produziert? Wie hoch ist der Anteil an biologischer Erzeugung und was bedeutet das konkret für die Nutzung der Düngemittel auf demselben Hof? Wie groß sind die Höfe/Fleischerzeugerbetriebe im Schnitt und wie weit verteilt?



    Wenn alle diese Fragen geklärt sind, kann man beantworten, ob die Entwicklung auch negative Auswirkungen hat oder nur ein Grund zum Jubeln sein sollte. Da die Auswirkungen des chinesischen Importstopps deutlich zu spüren waren und die Böden z.B. in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg immer noch massiv überdüngt, vermute ich letzteres.

  • So lange im Ausland dann nicht mehr geschlachtet wird, womöglich auf grausamere Weise, ist das sehr begrüßenswert

  • Interresant zu wissen wäre die Zahlen relativ zur Halteform und Betriebsgröße. Sind es vor allem Landwirte des "industriell - konventionellen" Paradigmas, die auch schon in den Jahrzehnten davor nach dem Schema wachsen oder weichen einen Schwund im unteren Bereich hatten, oder trifft es verstärkt nachhaltig wirtschaftende Landwirte. Letzteres wäre dann wohl auf mangelnde Zahlungsbereitschaft im hochwertigerem Preissegment zurückzuführen.

  • Ich kann die ganzen (toten) Tiere nicht mehr sehen. Fast noch schlimmer, die ganzen "Fleischlebensmittel", die preislich schon reduziert werden, oder weggeworfen werden müssen; Tiere, die geboren wurden, aufgezogen und gefüttert wurden .. und dann werden sie mitunter nicht einmal "gefressen", landen auf dem Müll.