: Rote Schrimps auf schwarzer Liste
Die Europäische Union will mit Zustimmung von Verbraucherministerin Künast die Einfuhr von Lebensmitteln aus China stoppen. Zuvor waren bei Aldi Spuren eines verbotenen Antibiotikums in importierten Meeresfrüchten entdeckt worden
aus Berlin DANIEL FERSCH
Die EU-Kommission strebt einen Einfuhrstopp für „alle Lebensmittel tierischen Ursprungs“ aus China an. Das Verbot betrifft vor allem Meeresfrüchte und Geflügel, aber auch andere Tierprodukte wie zum Beispiel Honig. Nach Angaben des Kommissars für Verbraucherschutz waren in Garnelen aus chinesischer Zucht Rückstände des in Europa verbotenen Antibiotikums Chloramphenicol entdeckt worden. Damit das Importverbot in Kraft tritt, müssen die EU-Staaten diese Woche der Empfehlung zustimmen.
Mit der Zustimmung von Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) kann Brüssel dabei fest rechnen. Künast sagte am Wochenende, der Einfuhrstopp sei ein „klares Signal für den Verbraucherschutz“. Es bestünden „tiefgreifende Zweifel“ an der Unbedenklichkeit der aus China importierten Lebensmittel, so die Ministerin. Sie begründete diese Zweifel durch eine von Experten des EU-Veterinäramts im November letzten Jahres durchgeführte Inspektion von Tierzuchtanlagen in China. Dabei seien laut Künast „erhebliche Mängel bei der Rückstandskontrolle und der Anwendung von Tierarzneimitteln“ festgestellt worden. Detaillierte Ergebnisse der Untersuchung wurden nicht bekannt gegeben.
Eine Sprecherin des Berliner Verbraucherschutzministeriums bestätigte gestern, das angestrebte Verbot sei schon länger in der Diskussion und nicht als „Reaktion auf aktuelle Vorfälle“ zu sehen. Am Freitag hatte die Discounter-Kette Aldi den Fund von Chloramphenicol-Spuren bei tiefgefrorenen Garnelenschwänzen gemeldet. Daraufhin waren Schrimps-Packungen der Marke „Golden Seafood“ aus Filialen in Hessen und Nordrhein-Westfalen von der Firmenleitung zurückgerufen worden. Bereits letztes Jahr war ein illegaler Import von 27 Tonnen mit Antibiotika belasteter Schrimps nach Deutschland aufgeflogen.
Chloramphenicol ist ein Antibiotikum, das auch in der Humanmedizin zur Behandlung von bakteriellen Infektionen vor allem an Augen und Ohren eingesetzt wird. In der EU ist der Einsatz von Humanantibiotika in der Tierzucht verboten, hauptsächlich um der Resistenzbildung gegen das Medikament vorzubeugen. In anderen Ländern, wie jetzt nachgewiesenermaßen in China, werden diese Mittel in der industriellen Tierhaltung zur Krankheitsvorbeugung und zur Wachstumsförderung eingesetzt.
China reagierte gestern erwartet verschnupft auf die Ankündigung aus Europa. Das Außenhandelsministerium in Peking bezeichnete das Einfuhrverbot als „ungerecht und unangemessen“. Die Ergebnisse des EU-Untersuchungsberichts seien verallgemeinert und falsch gewichtet worden, hieß es weiter. Das Ministerium warnte vor dem „schweren Schaden für den Handel“ zwischen der EU und China, den der Stopp mit sich bringe. Im Jahr 2000 betrug der Wert der aus dem Reich der Mitte nach Europa exportierten Lebensmittel, die sich jetzt auf der schwarzen Liste wiederfinden, etwa 330 Millionen Euro.
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