Ronald Pofalla und der BND: Einhundert Prozent Datenschutz
Der Kanzleramtsminister stellt sich hinter den BND. Die FDP versucht derweil eine Retourkutsche gegen die Opposition und lädt Steinmeier vor.
BERLIN taz | Der Kanzleramtschef gab vor Beginn der Sitzung ein Versprechen. „Ich werde heute alle Vorwürfe, die gegen die deutschen Nachrichtendienste erhoben worden sind, zweifelsfrei klären können“, sagte also Ronald Pofalla. Dann verschwand er hinter der dicken Tür eines abhörsicheren Raums im Untergeschoss eines Berliner Bundestagsgebäudes.
Zweifelsfrei? Auch wenn Pofalla bewusst nur auf die deutschen Dienste Bezug nahm, ist das doch ein großes Wort in der Abhöraffäre. Schließlich zeichnet sie sich ja gerade dadurch aus, dass das meiste völlig unklar ist. Pofalla berichtete am Donnerstag dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags zum zweiten Mal über die Zusammenarbeit deutscher und amerikanischer Geheimdienste.
Als sich am späten Nachmittag die dicke Tür wieder öffnete, ließ er keinen Zweifel daran, dass er dem Bundesnachrichtendienst und dem Verfassungsschutz vertraut. Sie arbeiteten nach Recht und Gesetz, der Datenschutz werde „zu einhundert Prozent eingehalten“, sagte Pofalla. Auch sei falsch, dass der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, versucht habe, Datenschutzregelungen lockerer auszulegen – dies hatte der Spiegel am Wochenende berichtet. Schindler habe ihm in einer schriftlichen Erklärung versichert, dass dies nicht stimme.
Pofalla widersprach auch Berichten, wonach massenhaft Daten deutscher Bürger an den US-Geheimdienst NSA übermittelt worden seien. Davon könne keine Rede sein, sagte der Kanzleramtschef. Es gehe nur um zwei Datensätze. Diese beträfen Deutsche, die vor einiger Zeit entführt worden seien - einer sei bis heute verschollen. Bei solchen Fällen sei man auf die Hilfe der Amerikaner angewiesen. „Es war nicht nur rechtlich in Ordnung, die Datensätze zu übermitteln. Es diente auch dem Schutz dieses Bürgers.“
Rot-grüne Verantwortung
Die Regierungsvertreter legten den elf Abgeordneten des Gremiums erstmals eine Erklärung der NSA vor. Darin gebe der US-Geheimdienst an, dass das Spähprogramm Prism kein Massenerfassungssystem sei, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Dies widerspricht Äußerungen des Whistleblowers Edward Snowden, der öffentlich gemacht hatte, dass mit Prism millionenfach Telekommunikationsdaten auch in Deutschland abgesaugt werden. Die NSA-Erklärung sei „in keiner Weise befriedigend“, sagte Oppermann. „Wir wissen immer noch nicht, was Prism ist.“
Die Opposition kritisierte auch BND-Chef Schindler. Der Linkspartei-Abgeordnete Steffen Bockhahn sagte, die Vorwürfe seien nicht ausgeräumt. Auch Oppermann betonte, er habe in der Sitzung bestätigt, sich um eine lockerere Regelauslegung bemüht zu haben.
Er kündigte weitere Sondersitzungen des Kontrollgremiums an. Eine soll am 19. August stattfinden, eine weitere noch davor. Vertreter von Union und FDP machten die frühere rot-grüne Regierung dafür verantwortlich, die Zusammenarbeit mit US-Geheimdiensten nach dem 11. September intensiviert zu haben. Sie wollen Exkanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier und den früheren BND-Chef Ernst Uhrlau vorladen.
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