"Roadmap Ressourceneffizienz": Auf der Standspur für mehr Effizienz

EU-Umweltkommissar Potocnik hat einen Plan entwickelt mit dem Ziel, die Industrie zum effizienten Material-Einsatz zu bewegen. Das geht den Ländern zu weit.

Hat eine Vision: EU-Umweltkommissar Janez Potocnik. Bild: reuters

BERLIN taz | Ach, klingt das schön: "Unsere Wirtschaft ist wettbewerbsfähig und integrativ und bietet einen hohen Lebensstandard bei deutlich geringerer Umweltbelastung. Alle Ressourcen werden nachhaltig bewirtschaftet, von Rohstoffen bis hin zu Energie, Wasser, Luft, Land und Böden."

So heißt es in der Vision für 2050 in der "Roadmap Ressourceneffizienz", die EU-Umweltkommissar Janez Potocnik entwickelt hat. Am Montag hat er sie mit den Umweltministern der EU-Mitgliedstaaten diskutiert - und sogar für seinen wenig konkreten Fahrplan noch Kritik eingesteckt.

Potocniks Plan sieht vor, bis Ende 2013 Indikatoren zu entwickeln, mit denen gemessen werden kann, wie produktiv Ressourcen eingesetzt werden. Angesprochen werden Industrierohstoffe wie Metalle und Mineralien, aber auch Wasser, Boden oder saubere Luft. Sobald die Indikatoren entwickelt sind, will Potocnik erwägen, konkrete Effizienzziele festzulegen.

Als wichtige Sektoren gelten die Lebensmittelindustrie, das Bauwesen und der Verkehr. Die Herausforderung dabei: Wer herausfinden will, wie effizient etwa ein Mobiltelefon hergestellt wurde, der muss undurchsichtige Wertschöpfungsketten ins Visier nehmen: Wie viel Energie und Wasser wurden verbraucht, um das enthaltene Gold oder Kupfer zu gewinnen? Wie viel recyceltes Indium wurde benutzt? Und wie ist das alles in den Laden transportiert worden? Das Thema ist also komplex.

Vielleicht deswegen ist der Fahrplan bislang nicht mehr als eine Absichtserklärung und ein Instrument, um das Thema Ressourceneffizienz auf die Agenda zu heben. Denn in den Unternehmen sei es in seiner Bedeutung noch immer nicht erkannt, sagt der Experte für Ressourcenpolitik, Klaus Jacob von der Freien Universität Berlin. "Sie befassen sich noch immer hauptsächlich mit den Personalkosten, wenn sie Geld sparen wollen", sagt Jacob, "die Materialkosten spielen eine weit geringere Rolle."

Wahre Kosten der Rohstoffgewinnung

Dabei würde die Theorie, dass "Effizienzpotenziale auch genutzt werden", in der Wirklichkeit widerlegt, kritisiert Jacob. Mehr Effizienz werde nur mit Regulierungen erreicht, so der Politikwissenschaftler. Als Vorbild nennt er die Nachhaltigkeitsverordnung für Agrarkraftstoffe, die Vorschriften für den Anbau von Energiepflanzen macht. "Damit regulieren wir in Europa, wie Palmöl in Indonesien angebaut wird", sagt Jacob.

Ein solches Instrument aber sei im Bereich der Metalle oder Mineralien überhaupt nicht in Sicht, ebenso wenig wie der politische Wille, Rohstoffe - etwa durch die Erhebung von Steuern - generell zu verteuern und die wahren Kosten ihrer Gewinnung auch tatsächlich zu berechnen.

Im Gegenteil. Die EU-Mitgliedstaaten wollen ihren Unternehmen keine Kosten für Investitionen in mehr Effizienz aufbürden. In Stellungnahmen der Mitgliedsländer verwahren sich etwa Bulgarien und Großbritannien, klare Effizienzziele vorzugeben.

Die Niederlande wollen erwähnt wissen, dass die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, Effizienzziele vorzugeben, begrenzt seien. Und auch der Bundesregierung ist das Papier dem Vernehmen nach zu forsch.

"Die Erkenntnis hat sich noch nicht durchgesetzt, dass Ressourceneffizienz die Industrie wettbewerbsfähiger machen würde", sagt Reinhard Bütikofer, rohstoffpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament. Die vagen Formulierungen Potocniks seien leider nicht vergleichbar mit den konkreten Vorgaben etwa im Bereich Energie, kritisiert Bütikofer. So wird in den Richtlinien zur Energieeffizienz und zum Ökodesign den Herstellern von Fernsehern oder Glühbirnen vorgegeben, wie viel Strom sie einsparen müssen. Klingt weniger ambitioniert als Potocniks Vision, bewirkt aber letztlich mehr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.