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Risiken der Kohlenstoffspeicherung CCSNordseeboden als CO2-Speicher

Klimaschädliche Emissionen sollen unter der Nordsee gespeichert werden. Umweltschützer kritisieren das, Wissenschaftler finden die Risiken vertretbar.

Sollen die Klimaziele sichern: CCS-Anlagen, wie in den USA, sind notwendig, um beispielsweise klimaneutralen Zement herzustellen Foto: Reuters

Berlin taz | Die Nordsee soll dabei helfen, den Klimawandel zu stoppen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Pläne vorgestellt, um aus der Atmosphäre entnommenes CO2 im Boden der Nordsee zu speichern. Das Wirtschaftsressort wird zunächst über das CCS-Verfahren (Carbon Capture and Storage) abstimmen.

Trotzdem gab es bereits Kritik von Umweltschützern. Würde das CO2 unter dem Meer verpresst, verschwinde das Problem aus der öffentlichen Wahrnehmung und die Motivation CO2 einzusparen befürchtet Peter Andryszak. Der Pressesprecher der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) sieht vor allem die Gefahr durch Lecks am Meeresgrund.

Durch sie könnte das eingespeicherte Gas ins Meer gelangen: „Aus meiner Sicht ist das Vorhaben ein weiteres Indiz für die Ignoranz gegenüber Umweltfolgen.“ Der Ausstoß von CO2-Emissionen müsse weiter reduziert werden, anstatt auf Speicher-Technologien zu setzen.

In diesem Punkt stimmt ihm Klaus Wallmann zu. Mit CCS könnten nur 5 Prozent der jetzigen Emissionen gebunden werden. Der Rest müsse mit erneuerbaren Energien kompensiert werden. „Vermeidung geht vor CCS“, sagte der Geologe und Leiter des GEOSTOR-Projektes, welches die CO2-Speicherung erforscht. Mit den Ergebnissen des Projektes war er einer von über 50 Personen die an Beratungsgesprächen zu den CCS-Plänen teilgenommen haben.

CCS sei nur für die Sektoren vertretbar, für die es keine Alternative gebe. Zement könne beispielsweise nicht ohne die Freisetzung von CO2 produziert werden. Grundsätzlich begrüße er das CCS-Verfahren jedoch. Wenn Druck-Grenzwerte festgelegt würden und diese „gut reguliert und gut überwacht“ würden, wären die Risiken minimiert und vertretbar.

Leck in der Pipeline würde Artenvielfalt schaden

Falls es zu einem Leck käme, würde eine kleine Fläche um das Leck versauern und die Artenvielfalt abnehmen. Doch im Vergleich zu den 35 Millionen Tonnen CO2, die die Nordsee jedes Jahr aufnimmt und dadurch versauert, seien die Einspeicherungen zu vernachlässigen. „Für die Nordsee ist es besser, CO2 in den Untergrund zu bringen“, sagte Wallmann. Doch er befürchtet, dass es an den Kosten scheitern könnte. Eine Tonne CO2 mit CCS einzuspeichern sei doppelt so teuer wie der Emissionspreis.

Ein weiterer Kritikpunkt von Umweltschützern war die Befürchtung, dass Betreiber von Gaskraftwerken die neuen Pläne nutzen könnten, ihre eigenen Emissionen mit dem CCS-Verfahren auszugleichen. Zumindest die Energie Baden-Württemberg (EnBW) habe dies nicht vor. Pressesprecher Hans-Jörg Groscurth sagte: „Für die EnBW ist ein Einsatz der CCS-Technologie keine Option für die Erreichung des eigenen Klimaneutralitätsziels 2035.“ Die Kraftwerke sollen demnach langfristig nicht auf Gas laufen, sondern auf klimaneutralen Wasserstoff umgerüstet werden.

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6 Kommentare

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  • CO2 einfach nur zu speichern (quasi "wegzusperren"), ist auf Dauer sicher keine gute Lösung. Aber es gibt ein (durchaus) vielversprechendes Verfahren zur Versteinerung:

    de.wikipedia.org/wiki/CarbFix

    Zitat:



    "Carbfix ist ein CCS-Projekt, bei dem CO2 zusammen mit anderen Sauergasen wie H2S in Wasser gelöst in den Untergrund verpresst wird, wo die Gase im Gestein mineralisieren und als chemisch stabile Mineralien dauerhaft gespeichert werden (CO2-to-stone)."

    In Island hat die Verpressung von Wasser bei Hellisheiði zu induzierter Seismizität, also vom Menschen verursachten Erdbeben geführt, aber das ist vermutlich auf die dortige hohe vulkanische Aktivität zurückzuführen.

    Nahezu alle tiefen Ozeanböden bestehen z. B. aus Basalt. Und dort gibt es auch seismisch ausreichend inaktive Gebiete, zumal die Versteinerung sehr schnell erfolgt.

  • Das mit dem Zement kann ich nicht mehr hören. Nur ein Anteil von 3% alle CO2-Emissionen der Menschheit stammt vom Zement (ourworldindata.org...issions-by-sector). Das können wir auch natürlich ausgleichen (und viel billiger).

    Die Gefahren sehe ich auch nicht beim Austritt des CO2 sondern darin, daß keiner garantieren kann wie lange es da unten bleibt. Man wendet sehr viel Geld auf und in 50 oder 100 Jahren hat man dann CO2 Quellen am Meeresboden?

  • CCS ist teurer Theaterdonner. Abgesehen von allen ökologischen Risiken ist es wirtschaftlich nicht mögkich, damit nennenswerte Mengen CO2 von der Athmosphäre fern zu halten.



    Dass Habeck auf dieses Pferd setzt, zeigt nur, wie verschroben seine Energiepolitik ist.

  • Das Risiko eines lokalen CO2 Austritts gegenüber das CO2 ist in der Atmosphere und zerstört den Planeten finde ich vertretbar. Natürlich wäre es schön wir würden stattdessen unseren CO2 Ausstoß reduzieren aber in den reichen Ländern will niemand verzichten, in den Schwellenländern will man mehr Wohlstand und in den armen Ländern werden weiter die Wälder abgeholzt weil es mehr Platz braucht und mehr Landwirtschaft. Wir brennen also die Kerze von 4 Richtungen ab dementsprechend muss man jetzt alles nutzen was den Klimawandel verlangsamt.

  • Was von Wissenschaftlern zu halten, ist die von Restrisiken sprechen, wissen wir seit Zündung der ersten Atombombe. da die Menschheit beschlossen hat, die Erde schnellstmöglichst zu vernichten, wäre ein solches Projekt doch ein kleiner Beitrag dazu Ansonsten wäre es doch endlich mal infrage zu stellen, ob das Wohlstandsversprechen, dass niemals eingehalten werden konnte für den ganzen Planeten, jetzt endlich mal@acta gelegt wird, und eine realistische Sicht Entwickelt wird auf diese kapitalistische Gesellschaft, die letztendlich nur auf Zerstörung des Planeten aus ist. So wird der evolutionäre Prozess mit einer derartigen Artenvielfalt endlich durch die Krönung der Schöpfung des Menschen beendet.

  • Wir müssen diesen Weg beschreiten. Das Klima erlaubt keine Tabus. Die Speicherung kann uns retten.