Rigide Corona-Maßnahmen in Österreich: Die Botschaft ist angekommen
Die Sorglosigkeit, mit der man wochenlang die Gefahren ignorierte, führte dazu, dass nun ganze Täler in Österreich unter Quarantäne gestellt sind.
A lle Tageszeitungen Österreichs erschienen am Sonntag mit einer ganzseitigen Anzeige der Bundesregierung auf dem Deckblatt: „Schau auf dich, bleib zu Hause. Besonders wenn du über 65 bist.“ Mit null Uhr Montag hat die Regierung das Geschäfts- und das soziale Leben zum Erliegen gebracht. Vorerst für eine Woche, doch allen ist klar: Der Ausnahmezustand wird zum Dauerzustand. Österreich ergreift im Vergleich zu stärker von der Corona-Pandemie betroffenen Ländern drastische Maßnahmen. In einer Sondersitzung hat der Nationalrat sogar ein De-facto-Ausgehverbot erlassen: einstimmig.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ist kein Mann, der Panik verbreitet. Im Gegenteil: Durch seine besonnene Art hat er von Beginn der Krise an für Beruhigung gesorgt aber das Ausmaß der Bedrohung nicht kleingeredet. Die Sorglosigkeit, mit der man in den Tiroler Skigebieten wochenlang die Gefahren abendlicher Geselligkeit ignorierte, hat dazu geführt, dass ganze Täler unter Quarantäne gestellt wurden. In Rest-Österreich sollen solche Zustände vermieden werden. Deswegen lernt man von China und Südkorea, deren Maßnahmen vielen übertrieben erschienen, aber dazu führten, dass der Peak von Neuinfektionen bereits überschritten wurde.
Österreich mit seinen bisher etwa 800 Infizierten und nur einem Todesopfer ist vom Peak weit entfernt. Es geht darum, die exponentielle Ausbreitung des Virus zu dämpfen. Dass diese Botschaft angekommen ist, zeigt das bisher große Verständnis, mit dem die Bevölkerung die Einschränkungen aufgenommen hat. Auch die Wirtschaft zeigt sich kooperativ.
Nicht zuletzt weil sich Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) vom Dogma des Nulldefizits (schwarze Null) verabschiedet und angedeutet hat, dass ein 4-Milliarden-Euro-Paket zur Rettung von Arbeitsplätzen und gefährdeten Betrieben erst der Anfang staatlicher Stützen ist. Die Regierung zeigt gerade, dass sie nicht nur Inszenierung und Wählerbeschwichtigung kann, sondern im Notfall auch Vernunft walten lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht