Richtungsstreit in der AfD: Rechtsaußen Höcke soll gehen
Zu wenig Distanz zur NPD: Der Bundesvorstand will den Thüringer Landeschef Höcke seiner Parteiämter entheben.
HAMBURG/BERLIN taz | Neuer Tag, neue Kampfansage: Der Bundesvorstand der AfD will den umstrittenen Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke seiner Parteiämter entheben. Das entschied der Bundesvorstand mit einer Mehrheit des Lagers um Bernd Lucke. Er forderte das Landesschiedsgericht auf, entsprechend aktiv zu werden. Der Grund: Höckes Aussagen zur NPD.
Höcke hatte in einem Interview gesagt: „Ich gehe nicht davon aus, dass man jedes einzelne NPD-Mitglied als extremistisch einstufen kann. Das würde in der Beurteilung etwas zu weit gehen.“ Daraufhin hatte Lucke ihn aufgefordert, seine Ämter niederzulegen und die Partei zu verlassen. Schon zuvor war der Thüringer AfD-Mann, der aus Hessen stammt und dort als Lehrer arbeitete, wegen seiner Kontakte zu dem NPD-Kader Thorsten Heise in die Kritik geraten.
Luckes Co-Chefin Frauke Petry und Parteivize Alexander Gauland, die beide zum rechten Flügel der AfD zählen, stimmten in der Telefonkonferenz gegen den Beschluss. „Ich finde Höckes Aussagen falsch und unpolitisch, aber nicht parteischädigend“, sagte Gauland der taz. „Politische Probleme kann man nicht formaljuristisch lösen“, argumentierte Petry. Diese Reaktion sei ohne vorherige Anhörung Höckes „inakzeptabel“.
Mit dem Beschluss will Lucke einen der führenden Köpfe des gegnerischen Lagers absägen, innerhalb der AfD steht Höcke rechts außen. Am Montag hatte der Parteichef mit einer Mail an alle Mitglieder diesem Flügel der Partei den Austritt nahegelegt. Die AfD könne nicht auf Dauer Strömungen vereinen, die „unvereinbar“ seien, schrieb er. Der Streit müsse entschieden werden. Auf dem Bundesparteitag Mitte Juni wird es zum Showdown kommen. Dort will sich die AfD eine neue Führung geben.
Machtkampf selber befeuert
Die Initiative für den Antrag gegen Höcke kommt aus Schleswig-Holstein. „Wer die Mitglieder der NPD durch die Behauptung zu verharmlosen sucht, dass angeblich nicht jedes Mitglied ein Extremist sei, verharmlost die NPD als Ganzes“, sagt Jürgen Joost, Generalsekretär des Landesverbandes.
Höcke gehört zu den Initiatoren der „Erfurter Resolution“, mit der er im März den Machtkampf in der AfD massiv befeuert hatte. Dort heißt es, die AfD passe sich „dem etablierten Politikbetrieb“ an, das sei „Verrat an den Interessen unseres Landes“. Viele Mitglieder aber wollten die AfD als eine „patriotische Alternative und Bewegung des freien Wortes“ gegen „Gender Mainstreaming, Multikulturalismus, Erziehungsbeliebigkeit“.
Das Landesschiedsgericht muss nun über die Parteiämter Höckes entscheiden. Die Landtagsfraktion, deren Chef Höcke auch ist, ist indes unabhängig. Sie hat sich gerade mehrheitlich hinter Höcke gestellt. „Die AfD-Fraktion bekennt sich ausdrücklich zu Herrn Höcke“, sagt Stephan Brandner, der Vizefraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag. Und: „Herr Lucke als Bundessprecher der AfD hat sich nicht in Angelegenheiten der Fraktion einzumischen.“
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