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Revolutionäre 1.Mai-Demo in BerlinNeukölln will Feste feiern

Im Streit über die Route der 1.-Mai-Demo ist keine Einigung in Sicht. Das Demo-Bündnis wertet die vom Bezirk organisierten Feste als Boykottversuch.

Wer beobachtet wen? Hund, Polizist und Passant bei Revolutionärer Demo am 1. Mai 2013 Foto: dpa

Berlin taz | Im Konflikt über die Route der Revolutionären 1.-Mai-Demo sind die Fronten offenbar verhärtet. „Es ist bedauerlich, wie Herr Hikel als selbsternannter Demokrat hier das Recht auf Versammlungsfreiheit mit Füßen tritt“, sagt Aicha Jamal, Sprecherin des Demo-Bündnisses. Die kurzfristig vom Bezirksamt angekündigten Festlichkeiten hätten einzig den Zweck, „die Demonstration zu verhindern“, fügt sie hinzu. Keineswegs, sagt Christian Berg, Pressesprecher des Bürgermeisters Martin Hikel (SPD), der taz: „Zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Veranstaltungen war dem Bezirksamt keine Route der 18-Uhr-Demo bekannt.“

Am 11. April wurde die Route der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration veröffentlicht und einen Tag später bei der Versammlungsbehörde angemeldet. Als Startpunkt ist der Hertzbergplatz vorgesehen. Nach einer Auftaktkundgebung um 16.30 Uhr soll sich die Demonstration laut Plan ab 18 Uhr über die Sonnenallee und den Kottbusser Damm in Richtung Organienplatz in Bewegung setzen. Am 20. April wurde den Ver­an­stal­te­r:in­nen im Kooperationsgespräch mit der Polizei mitgeteilt, dass das Bezirksamt Straßenfeste auf der Demoroute plant und diese deshalb nicht wie angemeldet laufen kann.

Das Team des Bürgermeisters hatte Berg zufolge bereits im März begonnen, die Festlichkeiten am Hermannplatz, am Rathaus Neukölln und an der Sonnenallee Ecke Pannierstraße zu planen (siehe Grafik). Am 25. März wurden die Anträge auf Genehmigung der Feste beim Straßen- und Grünflächenamt gestellt, schon damals mit Ortsangaben.

Nun seien die Planungen so weit vorangeschritten, dass „eine Verlegung der Feste nicht wahrscheinlich“ sei, sagt Berg. Am Hermannplatz werde eine große Bühne aufgebaut. An der Sonnenallee soll es ab 19 Uhr Bestuhlung für 500 Menschen geben. Hier plant der Bezirk gemeinsam mit dem Deutsch-Arabischen Zentrum zum ersten Mal ein großes, gemeinsames Fastenbrechen (Iftar) auf der Straße. Der Aufbau dafür soll bereits am Nachmittag beginnen. Aus diesem Grund ist laut Berg auch nicht vorstellbar, dass die Demonstration vor Beginn der Feste durch die Sonnenallee ziehen kann.

Keine Lösungen in Sicht

Geplante Route der Revolutionären 1-Mai-Demonstration und der vom Bezirk organisierten Feste

Eine Möglichkeit zur Lösung des Konflikts entfällt damit bereits. Die Ver­an­stal­te­r:in­nen hatten vorgeschlagen, einfach um 18.30 Uhr, also vor Beginn des Festes, an der Sonnenallee um 19.00 Uhr dort vorbeizuziehen. Welche weiteren Lösungsmöglichkeiten bestehen, ist unklar. Es gibt dazu aktuell Verhandlungen beziehungsweise einen Austausch zwischen dem Anwalt des Demo-Bündnisses und dem Bezirksamt. Am Dienstagnachmittag konnte jedoch noch keine Einigung erzielt werden.

Fraglich ist darüber hinaus die Intention des Bezirksamts mit den geplanten Festen. Die Idee dazu sei aus zwei Überlegungen entstanden, sagt Berg: einerseits die Lockerungen der Coronaregeln und das Ausbleiben solcher Feste in den vergangenen Jahren. Andererseits gebe es den Wunsch, besonders geflüchteten Menschen muslimischen Glaubens, die in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland gekommen sind, Aufmerksamkeit zu schenken.

„Diese fühlen sich aktuell nicht gesehen, weil plötzlich viel möglich ist für geflüchtete Menschen aus der Ukraine, das für andere Menschen weiter verwehrt bleibt, beispielsweise die Erlaubnis zu arbeiten.“ So sei die Idee entstanden, zum gemeinsamen Fastenbrechen am 1. Mai Menschen aus Neuköllner Sammelunterkünften einzuladen, erklärt Berg.

Jamal hält das für eine „Instrumentalisierung des Iftar“ seitens des Bezirksamts für die eigenen politischen Zwecke. „Die Menschen werden hier als Spachtelmasse im politischen Tauziehen benutzt.“ Berg räumt ein, dass es sich um einen symbolischen Akt handelt, man als Bezirksamt dennoch ein Zeichen setzen wolle.

Die Frage, ob die Festlichkeiten als Reaktion auf die Revolutionäre 1.-Mai-Demo ins Leben gerufen wurden, scheint damit obsolet. Richtig ist laut Berg aber, dass man bei den Überlegungen auch die „antisemitischen Sprechchöre“ auf der Demonstration im vergangenen Jahr bedacht habe und diese „in Neukölln keinen Platz haben sollen“. Jamal sieht diese Einstellung als Teil des Problems: „Isrealkritik ist kein Antisemitismus.“ Man stehe als Bündnis deshalb hinter der kriminalisierten palästinensischen Community.

Das hat mit demokratischer Transparenz nichts zu tun

Ahmed Abed, Linke Neukölln

Scharfe Kritik am Planungsprozess

Doch nicht nur die Absichten des Bezirksamts, auch der Planungsvorgang wird scharf kritisiert. Sarah Nagel (Linke), die als Bezirksstadträtin für Ordnung nicht in die Planungen involviert war, sagt: „Zu so einer weitreichenden Entscheidung sollte es einen breiteren Diskussionsprozess geben.“

Der Fraktionsvorsitzende der Linken in Neukölln und Bezirksverordneter, Ahmed Abed, geht einen Schritt weiter: „Das ist ein Alleingang des Bürgermeisters. Mit demokratischer Transparenz hat das nichts zu tun.“ Er erinnere sich nicht, dass in einer der letzten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) oder in einer der zahlreichen Ausschusssitzungen über die Feste gesprochen worden sei. Gerade mit Blick auf den Haushalt sei das fragwürdig. Die Festlichkeiten kosteten immerhin 40.000 Euro und stünden nicht im Haushaltsplan.

Laut Berg wird das Geld über den Etat des Bezirksamts finanziert. Zudem sei eine Abstimmung bezirklicher Veranstaltungen mit der BVV „nicht üblich“. Die nächste BVV findet am 4. Mai um 17 Uhr statt. Spätestens hier wird das Thema erneut heiß diskutiert werden.

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