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„Rettet die Bienen“ in Baden-WürttembergKretschmann stoppt Volksbegehren

Vorbild CSU: Die baden-württembergische Landesregierung räumt mit einem eigenen Gesetz ein Volksbegehren zum Schutz der Insekten ab.

Sie sorgen für Diskussionen und wissen von nichts: Bienen sitzen auf einer Wabe Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Karlsruhe taz | Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Baden-Württemberg liegt auf Eis. Die Initiative „Pro Biene“ hat angekündigt, zunächst bis Dezember keine weiteren Unterschriften mehr zu sammeln und stattdessen einen Gesetzentwurf der Landesregierung für einen besseren Artenschutz zu unterstützen.

Damit geht sie auf einen Kompromissvorschlag der grün-schwarzen Koalition ein. „Wir gehen den Weg mit“, sagte die BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender im Namen des Träger*innenkreises. „Wir wollen, dass den Worten nun Taten folgen.“ Diese Meldung ist eine kleine Sensation für Baden-Württemberg. Die Regierung war mit dem Bienen-Volksbegehren in eine Zwickmühle zwischen dem populären Anliegen für mehr Artenschutz einerseits und den Sorgen von konventionellen wie von Ökolandwirt*innen geraten.

Anders als Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der in Bayern mit einer ähnlichen Initiative konfrontiert war, hatte sich sein grüner Amtskollege Winfried Kretschmann nicht an die Spitze der Bewegung aus Imker*innen und den großen Umweltverbänden stellen können. Denn: Gegen das im Ländle-Begehren geforderte absolute Verbot von Pestiziden waren selbst Ökolandwirt*innen und -winzer*innen auf die Barrikaden gegangen.

Nach dem Willen der Initiative hätten Ökobäuer*innen auch natürliche Pflanzenschutzmittel wie Kupfer und Schwefel nicht mehr gegen Schädlinge einsetzen dürfen. Deshalb hatte sich auch der Verband Bioland unter großem Getöse aus dem Träger*innenkreis von „Pro Biene“ verabschiedet. Es drohte eine Spaltung der Umweltverbände.

Pestizid-Verbot ist umstritten

Am Dienstagabend stellten Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und sein Agrarkollege Peter Hauck (CDU) ihr Eckpunktepapier für ein Artenschutzgesetz den Bäuer*innen- und Umweltverbänden vor. Der strittigste Punkt des Bürger*innenbegehrens, ein absolutes Pestizid-Verbot, gilt nach dem Entwurf nur in Naturschutz-, nicht aber in Landschafts- und Vogelschutzgebieten.

Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine Steigerung des Ökolandbaus um mindestens 40 Prozent bis 2030 vor und nicht, wie von den Initiator*innen gefordert, von 50 Prozent. Und auch nur dann, wenn es gelingt, die Nachfrage entsprechend zu steigern, damit die Preise für Bio-Gemüse stabil bleiben. An einigen Punkten geht das Gesetz auch über den Volksantrag hinaus. So setzt sich das Land auch für ein bundesweites Verbot chemischer Pflanzenschutzmittel in Privatgärten ein.

Zudem sollen Steingärten durch kommunale Verordnungen zurückgedrängt und die Lichtverschmutzung in Städten soll zum Schutz der Insekten reduziert werden. Minister Untersteller sagte am Mittwoch, „kein anderes Bundesland plant derzeit ein so umfassendes Gesetz zum Artenschutz.“

„Pro Biene“ will nun darauf achten, dass das Gesetzesplan nicht verwässert wird – und notfalls das Volksbegehren wieder beleben. „Ich habe bisher von den Verbänden nur Zustimmung vernommen“, sagte Minister Hauck im Landtag. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch erklärte: „Ohne das Bürgerbegehren hätte die Landesregierung gar nichts getan.“

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8 Kommentare

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  • Am kommenden Montag, dem 21.10., findet die Anhörung des Imkermeisters Thomas Radetzki vor dem Deutschen Bundestag. Herr Radetzki hatte im Mai eine Bundestagspetition zu Pestizidkontrolle und Insektenschutz initiiert, und dabei 72000 Unterschriften gesammelt.



    Alle Unterstützer von dem Anliegen der Petition sind willkommen, am Montag im Bundestag dabei zu sein! Es würde die öffentliche Wirkung verstärken!. Nähere Infos gibt es unter diesem Link: newsletter.pestizi...019eb47e9d36fd13ae

  • Nach wie vor fehlt in den Forderungen gegen das Insektensterben ein wichtiger Aspekt. Das mag daran liegen, daß die liebe Biene immer vorangestellt wird. Sicher ist ein mit Insektiziden besprühtes Rapsfeld kein Platz fürs Bienenfrühstück. Allerdings ist das Vergiften der Blühflächen schon seit 2014 verboten. Der Biene hat's geholfen, den Insekten wenig. Denn unsere Agrarflächen sind schon lange kein Platz für Tiere mehr. Sollen es wohl auch nicht sein. Die Falter und Krabbler hatten sich schon lange zurückgezogen auf solche Refugien, die der Mensch kaum nutzt. Weg und Straßenränder, Brachflächen, Gewässerränder und Dämme, Parkanlagen, Streuobstwiesen,kommunale Grünflächen und andere mehr. Hier konnten sie überleben und sich vermehren. Bis in den 1990er Jahren eine neue Mähtechnik eingeführt wurde, die heute fast ausschließlich und überall genutzt wird. Mit der Mulchmähtechnik wird nicht nur das Mähgut zerschreddert, sondern auch alles Leben, das im Biotop Wiese existiert. So vor allem Insekten und deren Nachkommenschaft - wie Eigelege oder Raupen.Es wäre also gut, die Motorsense einzumotten (geht genauso gut mit einer Langstiel-Heckenschere) und im Gemeinderat oder am Stammtisch eine andere Mähtechnik zu fordern. Allein an Bundesrepublikanischen Hauptverkehrsstraßen wird jährlich eine Fläche insektenfrei geschreddert, die so groß ist wie das halbe Saarland. Wahrscheinlich ist diese unselige Mähmethode der Hauptgrund für den starken Insektenschwund der letzten 20 Jahre. Die armen Landwirte sind also gar nicht so sehr schuld. Sie betrifft es nur insofern, daß sie an ihre teuren Megatraktoren ebendiese Schredderteile oft anhängen. Fordert eine insektenfreundliche Technik und ihr seid das Problem los.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Dieter Fend:

      .



      Wichtiger Punkt, das mit dem Mulchen

      • @61321 (Profil gelöscht):

        …anschließe mich.

        unterm——mit HDH —



        Das andere ist eben die Mulch der frommen Denkungsart. Gellewelle.



        “Alles fein GekehrwochtHauptsache“ •

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Kretsche der alte Zocker, der weiß halt wann der beste Moment ist, einen Knüppel ins Wagenrad zu schieben. Tout mon respect, vieux renard!



    Und Pro Biene? Nee, vom Pokern verstehen die leider nix. Sehr seltsam, diese unselige Fokussierung auf der Frage der Pestizide, wo Ausräumung der Landschaft, bzw. der landwirtschaftlich genutzten Fläche, Monokulturen und der absolute Verlust an Fläche wahrscheinlich bedeutend größeren Anteil an der Verarmung an Biodiversität und an der Verringerung der Biomasse (hier: Insekten) haben.



    Dazu dann die Idee, in einer freien Marktwirtschaft Produzenten eine Art der Produktion vorschreiben zu wollen, für die unter Beibehaltung aller übrigen Rahmen-Bedingungen garantiert kein Absatzmarkt sein wird. Sehr unausgegoren, das Ganze.



    Man hatte einen Sündenbock ausgemacht - den konventionellen Landwirt, ob groß, ob klein. Allein an ihm sollte der Hebel angelegt werden. Monokausale Sichtweise. Damit war der Feldzug für die gute Sache schon verloren, bevor er richtig begonnen hatte. Zugegeben, bei Berücksichtigung und Eingestehen der Komplexität der Probleme hätte der aber auch richtig lange dauern können. Man wollte aber den schnellen Sieg. Was man jetzt bekommen wird, wird den Insekten nicht helfen.



    Kleiner Hinweis, Herr Stieber: Schwefel kann zwar nach vulkanischer Aktivität schon auch mal in der einen oder andern Form vom Himmel regnen, sollte aber trotzdem genausowenig wie Kupfer als natürliches Pflanzenschutzmittel bezeichnet werden.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Literaturempfehlung - a taz - & Kupfer

      Astérix et le Chaudron - “… ist eine Geschichte mit einem ernsteren Grundthema, es geht um Ehre und Schuld sowie die Mühsal des Geldverdienens in einer von schwierigen Lebensumständen geprägten Umgebung.



      Zudem treffen wir ähnlich wie beim „Kampf der Häuptlinge“ den sich Rom anbiedernden, kollaborierenden Gallier-Typus an, wie sich am Ende der Geschichte herausstellt.…“ Ach was!



      & Däh -



      “… Die Episode im antiken Theater ist eine Verballhornung des modernen Schauspiels im 20. Jahrhundert. Die Namen der Schauspieler beziehen sich auf die Theatergrößen Eleonora Duse und Albert Bassermann. Unter den Zuschauern befinden sich auch Albert Uderzo (im Gespräch mit dem Präfekten) und René Goscinny (der seine Sitznachbarn mit Witzen amüsiert).

      Der Steuereintreiber ist eine Karikatur des späteren französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing, der vor Erscheinen des Comics einige Jahre Finanzminister war.…“

      Soweit - so naheliegend & da hilft nur - Bede - Gellewelle ahl Kretsche - 👹 -



      🐝 🐝 🐝

      unterm—- 🗽 🗽 🗽



      de.wikipedia.org/w...d_der_Kupferkessel

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        .



        ".....sowie die Mühsal des Geldverdienens....."



        Mit diesem Zitat habense genau in Bull's Eye getroffen!