Restrukturierungsplan der WestLB: Nimbus der Unbesiegbarkeit ist futsch
Dem Beschluss zur WestLB war eine Abstimmungsniederlage im Düsseldorfer Landtag vorangegangen. Rot-Grün findet's nicht schlimm - die CDU ist verärgert.
DÜSSELDORF taz | Am Tag nach dem Knatsch um die WestLB im nordrhein-westfälischen Landtag sind Aufräumarbeiten angesagt. "Kein Drama" sei die erste Abstimmungsniederlage der rot-grünen Minderheitsregierung, gibt sich der grüne Landtagsfraktionschef Reiner Priggen betont gelassen. "Irgendwann musste das ja passieren." Und außerdem sei letztlich doch noch alles gut gegangen: "Wir haben am Schluss genau die Abstimmung gewonnen, die wir brauchten"
Die rot-grüne Koalition hat ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren und ist trotzdem noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.
Am Donnerstagabend um 19.02 Uhr war es soweit, dass das Düsseldorfer Parlament mit den Stimmen von SPD, Grünen und CDU jenes Signal an die Brüsseler EU-Kommission beschloss, um das den ganzen Tag über so hart gerungen wurde. Der Landtag sehe in den "Eckpunkten zum Restrukturierungsplan der WestLB unter den gegebenen Umständen eine tragfähige Vereinbarung", lautet der entscheidende Satz.
Turbulent war es zuvor im Landtagsplenum zugegangen. Denn die CDU hatte es auf eine Kraftprobe ankommen lassen. Da die FDP und die Linkspartei schon von vorneherein ihre Ablehnung des WestLB-Rettungsplans angekündigt hatten, ließ die Union ihre Muskeln spielen. Ihre Zustimmung koppelte sie an die Bedingung, SPD und Grüne müssten sich gegen ihre eigene Haushaltspolitik für eine Schuldenbremse aussprechen. Das war für Rot-Grün unannehmbar.
Verständigung in letzter Minute
Damit jedoch kam es zum Patt im Parlament. Der rot-grüne WestLB-Antrag fiel durch. Es folgten Sitzungsunterbrechungen und Krisengespräche. Von Berlin aus appellierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der das WestLB-Rettungskonzept mit ausgearbeitet hatte, an alle Verantwortlichen, "das Notwendige dazu beizutragen, dass diese Entscheidung nicht mehr infrage gestellt wird". Schließlich verständigten sich SPD, Grüne und CDU doch noch in letzter Sekunde auf einen gemeinsamen Antrag. Die Zeit war knapp: Bis Mitternacht musste die Bundesregierung den Plan nach Brüssel schicken, um die Frist der EU-Kommission einzuhalten.
Von einer Krise der rot-grünen Regierung will Reiner Priggen jedoch nichts wissen. Auch Spekulationen über mögliche Neuwahlen wies er als "Quatsch" zurück. "Wir haben immer gewusst, dass wir eine Minderheitsregierung sind, die um Mehrheiten ringen muss, sagte er der taz. "Uns fehlt eben eine Stimme." In der Frage des Umgangs mit WestLB sei die CDU jedoch "in der Pflicht" gewesen, mitzuziehen. Mit ihren "Zickereien" habe sie nur von ihren internen Problemen ablenken wollen. Deshalb sei er fest davon ausgegangen, dass es in letzter Konsequenz doch noch zu einer Einigung kommen werde.
Von einem "parlamentarischen Zirkus" und "parteitaktische Spielchen" sprach der Fraktionschef der Linkspartei, Wolfgang Zimmermann. "Den Scherbenhaufen, vor dem WestLB-Angestellte und Steuerzahler heute stehen, haben sowohl CDU und FDP als auch SPD und Grüne zu verantworten, und das wissen sie auch", kommentierte er die späte rot-grün-schwarze Einigung.
CDU kündigt Pairing-Abkommen auf
Weiter für kräftige Verstimmung sorgt auch ein von der SPD völlig unnötig provozierter Eklat. Ursprünglich hatte sich die SPD mit der CDU für den Sitzungstag auf ein sogenanntes Pairing-Abkommen verständigt. Dieser häufig praktizierte parlamentarische Brauch bedeutet, dass bei einem gravierenden Krankheitsfall in den eigenen Reihen der politische Gegner ebenfalls einen Abgeordneten zurückzieht. In einer von mehreren Einzelabstimmungen über den rot-grünen WestLB-Antrag hielt sich die SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Altenkamp jedoch nicht an die Vereinbarung und ließ eine eigentlich krank gemeldete SPD-Abgeordnete mitstimmen. Damit bekam dieser einzelne Punkt unter dem heftigen Protest der Opposition zwar eine Mehrheit. Doch es war nicht mehr als eine sinnlose Provokation. Denn in der Endabstimmung hielt sich die SPD wieder an das Abkommen, weswegen der gesamte Antrag trotzdem scheiterte.
Eine Kapriole mit Folgen: "Es wird kein Pairing mehr geben bis zum Ende der Legislaturperiode", kündigte gestern CDU-Fraktionsvize Armin Laschet als Reaktion auf den "Vertrauensbruch" der SPD an. Ab jetzt werde die Union verschärft daran arbeiten, der rot-grünen Minderheitsregierung weitere Abstimmungsniederlagen im Landtag zuzufügen, drohte er.
Grünen-Fraktionschef Priggen zeigte Verständnis für die Reaktion Laschets. "Pairing ist Vertrauenssache", sagte er der taz. Dieses Vertrauen müsse jetzt wieder aufgebaut werden. Aber Priggen nahm auch SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Altenkamp in Schutz. "Das sind Fehler, die passieren können." Mit einer Entschuldigung sei der Fall erledigt.
Altenkamp selbst zeigte sich gestern zerknirscht. “Wenn der Eindruck entstanden ist, dass mit der SPD-Fraktion und mit mir verlässliche Absprachen nicht mehr getroffen werden können, tut mir das leid”, teilte sie in einer schriftlichen Erklärung mit. "Dafür entschuldige ich mich und werde diesen Eindruck aus der Welt räumen", versicherte die SPD-Frau.
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