piwik no script img

Republikaner kritisieren Donald TrumpMundwinkel auf Talfahrt

Die Unterstützung für den Provokateur nimmt ab, selbst sein Vize geht auf Distanz. Eine Umfrage sieht Trump inzwischen 10 Prozentpunkte hinter Clinton.

Begeisterungsstürme vermag Donald Trump bei den Republikanern nicht mehr auslösen Foto: ap

New York afp | Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump treibt seine Partei zunehmend zur Verzweiflung. Führende Republikaner warnten Trump am Mittwoch (Ortszeit) eindringlich davor, mit seinen unkontrollierten Auftritten jede Chance auf einen Sieg bei der Wahl im November zu verspielen. Die Zahl republikanischer Politiker, die sich offiziell von ihrem Spitzenkandidaten lossagten, wuchs weiter.

Selbst Trumps eigener Kandidat für den Posten des Vizepräsidenten, Mike Pence, ließ öffentlich Distanz erkennen. Pence stellte sich im Sender Fox News ausdrücklich hinter Parlamentschef Paul Ryan, dem Trump zuvor die Unterstützung verweigert hatte. Mit Ryan verbinde ihn eine „langjährige Freundschaft“ und er unterstütze dessen Kampagne zum Wiedereinzug in den Kongress, sagte Pence.

Mit seiner provokanten Distanzierung von Ryan, der zu den einflussreichsten Republikanern in Washington zählt, hatte Trump zuvor die Parteiführung herausgefordert. Parteichef Reince Priebus ließ erklären, er sei „außerordentlich empört“ über Trumps beispielloses Verhalten gegenüber Ryan. In Washington wird Trumps Vorgehen als Retourkutsche gewertet, weil sich Ryan wiederholt kritisch über Trump geäußert hatte.

Zur Verärgerung der Partei hatten in den vergangenen Tagen vor allem Trumps Angriffe auf die muslimischen Eltern eines im Irak gefallenen US-Soldaten beigetragen, mit denen der Kandidat nach Ansicht vieler Republikaner die Regeln des Anstands verletzt hatte. Eine ganze Reihe als unglücklich empfundener Auftritte ließ bei der Parteiführung zudem die Hoffnung schwinden, Trump könnte nun nach seiner offiziellen Nominierung als Kandidat in eine Art Parteidisziplin eingebunden werden.

Nicht präsidiabel

Der einflussreiche Republikaner Newt Gingrich appellierte eindringlich an den Kandidaten, sein Auftreten zu ändern. „Er hat noch nicht den Übergang zum potenziellen Präsidenten der Vereinigten Staaten geschafft“, sagte Gingrich am Mittwoch im Sender Fox Business Network. „Seine Äußerungen der vergangenen Woche lassen nichts Gutes für seine Kampagne ahnen.“

Gingrich warf Trump vor, mit fahrlässigen Provokationen die Wähler der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zuzutreiben: „Trump hilft ihr, die Wahl zu gewinnen, weil er noch inakzeptabler ist als sie.“

Trump selbst zeigte sich von den innerparteilichen Turbulenzen unbeeindruckt. Seine Wahlkampagne für das Präsidentenamt sei „noch nie so geeint“ gewesen wie jetzt, sagte er in Florida.

In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Senders Fox News konnte Clinton ihren Vorsprung vor Trump auf zehn Prozentpunkte ausbauen. Die Erhebung sah Clinton bei 49 Prozent und Trump bei 39 Prozent.

Die Zahl der Republikaner, die sich aus Protest von Trump lossagten, wuchs unterdessen weiter. Der republikanische Abgeordnete Adam Kinzinger, ein Luftwaffenveteran, sagte im Sender CNN, Trump habe „zu viele rote Linien überschritten“. Er werde den Kandidaten nicht länger unterstützen – „egal, welchen politischen Preis ich dafür zahlen muss“.

Zuvor hatte die Republikanerin und Chefin des IT-Konzerns Hewlett Packard, Meg Whitman, angekündigt, dass sie Trumps Rivalin Hillary Clinton unterstützen werde. Der Rechtspopulist Trump sei ein „unehrlicher Demagoge“, der das Land „auf einen sehr gefährlichen Weg führen würde“, begründete sie ihre Entscheidung in der Zeitung New York Times.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Test auf die Mehrheitsfähigkeit des Schmutzpopulismus

    ja, sehe ich auch so:

    es kann durchaus sein, dass eine Mehrheit der registrierten Voters sich für den anti-Establishment-Denkzettel entscheidet, und alle diese Republicans gehören zum Establishment.

  • Ob es Trumps Popularität tatsächlich schadet, wenn ihn "führende Republikaner [...] eindringlich davor [warnen], mit seinen unkontrollierten Auftritten jede Chance auf einen Sieg bei der Wahl im November zu verspielen" und andere republikanischer Politiker sich "offiziell von ihrem Spitzenkandidaten lossag[]en", werden wir sehen.

     

    Das sogenannte Establishment hat seinen Führungsanspruch zwar nicht aufgegeben, wird ihm jedoch ganz offensichtlich lange schon nicht mehr gerecht. Das Phänomen Trump würde sonst nicht existieren. Ich fürchte, den frustrierten Trump-Fans ist es völlig wurscht, ob sich die Partei der Republikaner selber zerlegt aus Anlass irgendwelcher Stilfragen oder nicht. Sie lieben ihren Helden heiß und innig. Das Denken ist nicht ihre große Stärke.

     

    Die Frage wird wohl einfach sein, ob Trump gewinnt, wenn er im Poker um die Macht darauf vertraut, dass es noch viel mehr stark frustrierte US-Amerikaner gibt, als irgend wer, der was zu sagen hat, wahr haben will mit Rücksicht auf die eigene Verantwortung.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Fotounterschrift:

    "Begeisterungsstürme vermag Donald Trump bei den Republikanern nicht mehr auslösen"

     

    Trump hatte gestern 10.000 Leute in Daytona Beach. Und sie waren aus dem Häuschen.

     

    Den politischen Gegner (?) zu unterschätzen, ist immer ein Fehler, genauso wie wishful thinking.