piwik no script img

Repression in VietnamErneut Blogger verhaftet

Wegen „Missbrauchs demokratischer Freiheiten“ ist schon wieder ein Blogger in Vietnam verhaftet worden. Er ist der Dritte innerhalb eines Monats.

Lotosblumen stehen im Vietnam für Reinheit. Rein geht es beim Umgang mit regimekritischen Bloggern dort nicht zu. Bild: dpa

BERLIN taz | Im autoritär regierten Vietnam ist erneut ein Blogger festgenommen worden. Dinh Nhat Uy ist damit der dritte verhaftete Blogger in drei Wochen. Er sei am Samstag in der südlichen Provinz Long An in Gewahrsam genommen worden, berichte die Zeitung Than Nien am Montag.

Dem 30-Jährigen werde „Missbrauch demokratischer Freiheiten“ durch die Verbreitung „verleumderischer und falscher Informationen“ vorgeworfen. Das ist der Standardvorwurf, der gegen regimekritische Blogger angewendet wird. Es geht auf den reformierten Paragrafen 258 im Strafgesetzbuch zurück, mit dem Kritiker eingeschüchtert und mundtot gemacht werden sollen. Uy muss mit einer Haftstrafe von bis zu sieben Jahren rechnen.

Er ist der Bruder des Studenten Dinh Nguyen Kha (25). Der war bereits im Mai zu acht Jahren Haft verurteilt worden, weil er „Propaganda gegen den Staat“ verübt habe. Er hatte mit Flugblättern gegen den wachsenden Einfluss Chinas protestiert.

Ebenfalls im Mai war der Exjournalist und Blogger Truong Duy Nhat (49) im zentralen Da–nang wegen seines Blogs „Andere Ansicht“ festgenommen worden. Und am vergangenen Donnerstag war der Blogger und frühere Kultusbeamte Pham Viet Dao in der Hauptstadt Hanoi verhaftet worden. Auch er hatte die Regierung kritisiert.

Paranoia vor Zivilgesellschaft

Laut Human Rights Watch sind dieses Jahr schon 46 Blogger und Aktivisten in dem kommunistischen Ein-Parteien-Staat festgenommen worden – mehr als im ganzen Jahr 2012. „Das zeigt das härtere Vorgehen der Regierung“, sagte Phil Robertson von Human Rights Watch der taz. „Die Regierung hat eine zunehmende Paranoia vor der Zivilgesellschaft, die sich immer kritischer zur grassierenden Korruption äußert. Die Menschen protestieren friedlich und nutzen dabei die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen.“

Während die klassischen Medien von der Partei kontrolliert und zensiert werden, haben Blogs größere Freiräume. Das Internet wird in Vietnam weniger als in China kontrolliert und mangels effektiver Firewall auch weniger gegen äußere Einflüsse abgeschirmt. Von den 90 Millionen Einwohner des Landes haben 31 Millionen Internetzugang.

„Viele vietnamesische Blogger haben vorher als Journalisten offizieller Medien oder als Beamte gearbeitet und waren mit der Regierung verbunden,“ sagt Robertson. „Doch inzwischen sind sie der Meinung, dass die Regierung vom Kurs abgekommen sei.“

Machtkämpfe via Blogs

Die Regierung hat nach Meinung vieler Beobachter insbesondere beim Management der großen Staatsbetriebe versagt, die zum Teil gigantische Schulden angehäuft haben. Posten dort wurden oft aufgrund persönlicher Beziehungen statt wegen der fachlichen Qualifikation vergeben.

Kritische Blogs werden auch in Machtkämpfen genutzt, um innerparteiliche Gegner zu diskreditieren, die dann umso unerbittlicher gegen die entsprechenden Blogger vorgehen.

Um den öffentlichen Druck auf die Regierung zu verringern und ein Ventil zu schaffen, führte die Nationalversammlung vor einer Woche eine Vertrauensabstimmung über alle hochrangigen Amtsträger durch. Dabei bekam Premierminister Nguyen Tan Dung überraschend schlechte Vertrauenswerte. Das Vorgehen gegen die Blogger könnte der Versuch sein, der Kritik an seiner Regierung außerhalb des KP-kontrollierten Scheinparlaments Einhalt zu gebieten.

Beim Index der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt Vietnam auf Rang 172 von 179 Staaten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • J
    J.Ebert

    Ich sehe das in direktem Vergleich mit Snowden, Assange, Manning, Mollath, PussyRiot usw. Für mich besteht da kein Unterschied: Staaten oder Lobbies machen Kritiker mundtot oder erklären sie zu "Staatsfeinden", spielen sich aber als Hüter und Verbreiter von Freiheit und Demokratie auf.