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Repression in AserbaidschanUnter Beobachtung

Kommentar von Barbara Oertel

Das Regime von Ilham Alijew nutzt die Pandemie, um Oppositionelle reihenweise verschwinden zu lassen. Doch in der Bevölkerung regt sich Misstrauen.

Festnahme im Oktober in Baku. Alijew geht jetzt noch härter gegen Oppositionelle vor Foto: Azir Karimov/reuters

A uch wenn es zynisch klingt: Für Aserbaidschans Dauerpräsidenten Ilham Alijew ist Corona ein Geschenk des Himmels. Jetzt, da alle Welt mit der Pandemie und dabei auch ein Stück weit mit sich selbst beschäftigt ist, meint der Autokrat noch effektiver mit der verhassten Opposition abrechnen zu können als bisher. In Schatten des Virus kommt dieser Tage dabei das gesamte Instrumentarium zum Einsatz, mit dem das Regime auch in „normalen Zeiten“ kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen versucht.

Oppositionelle werden entmietet, bedroht und tätlich angegriffen. Sie werden unter fadenscheinigen Begründungen, wie zum Beispiel Vandalismus sowie angebliche Verstöße gegen Quarantäne-Auflagen, festgenommen und verschwinden erst einmal bis auf Weiteres im Gefängnis. Schon macht in den Reihen der kritischen Geister das Wort von „Corona-Gefangenen“ die Runde.

Damit einher geht auch eine verbale Aufrüstung der Staatsmacht. Sie wähnt sich jetzt im Kampf gegen „Feinde“, „Umstürzler“ und „schändliche Vertreter einer fünften Kolonne“, die es zu isolieren gilt.

Und doch sollte Alijew seine Möglichkeiten, die Corona-Krise für seine politischen Zwecke zu instrumentalisieren, nicht überschätzen. Zwar wurde die Parlamentswahl im vergangenen Februar wieder schamlos zu Gunsten der Machthaber gefälscht, um das gewünschte Ergebnis sicher zu stellen. Doch die rege Beteiligung vieler junger, anders denkender AktivistInnen hat gezeigt, dass sich auch in der Südkaukasusrepublik etwas zu ändern beginnt.

Hinzu kommt, dass große Teile der Bevölkerung offiziellen Verlautbarungen der Regierung ohnehin eher skeptisch gegenüber stehen. Das gilt erst recht in Corona-Zeiten. Einige eingesperrte Oppositionelle können die Menschen noch mit Ignoranz quittieren. Eine Infektion, die potentiell jede/n treffen und schlimmstenfalls töten kann, jedoch nicht. Im Klartext: Alijew und Co. stehen jetzt unter verschärfter Beobachtung. Das ist vielleicht ja mal eine positive Nachricht.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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