Renten für NS-Überlebende: Späte Wiedergutmachung
Jüdischen Ghetto-Arbeitern soll eine Rente gesichert werden. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles setzt sich für eine schnelle Klärung der Ansprüche ein.
BERLIN afp | Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will ehemaligen jüdischen Ghetto-Arbeitern so schnell wie möglich die ihnen zustehende Rente sichern. Eckpunkte für eine Lösung in der Ghettorenten-Frage würden derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt, bestätigte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin. Der dort enthaltene Lösungsweg werde auch bei den israelisch-deutschen Regierungskonsultationen Ende Februar vorgestellt und erörtert.
„Wir sind uns der historischen Verantwortung für die Überlebenden des Holocaust, die in der NS-Zeit unsägliches Leid erlebt haben, bewusst“, zitierte die Zeitung Die Welt aus einem Anschreiben zu den Eckpunkten, das von Staatssekretär Jörg Asmussen unterschrieben wurde.
„Wir wollen daher, dass den berechtigten Interessen der Holocaust-Überlebenden nach einer angemessenen Entschädigung für die in einem Ghetto geleistete Arbeit Rechnung getragen wird.“
Bislang stehen den ehemaligen Ghetto-Arbeitern zwar seit 1997 Rentenzahlungen zu. Um den vollen Betrag zu erhalten, der ab 1. Juli 1997 fällig gewesen wäre, mussten die Anträge aber bis zum 30. Juni 2003 gestellt werden. „Rund 90 Prozent der Anträge auf Renten nach diesem Gesetz waren jedoch zunächst auf der Grundlage der engen Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts abgelehnt worden“, zitierte die Welt aus dem Eckpunkte-Papier des Ministeriums.
Erst im Juni 2009 gab das Gericht seine Rechtsprechung auf. Die deutsche Rentenversicherung zahlte daraufhin die Renten, allerdings nicht ab 1997 rückwirkend, sondern ab Januar 2005, weil im Sozialrecht eine Klausel gilt, wonach nicht mehr als vier Jahre rückwirkend gezahlt werden dürfen.
38.000 bekamen zu wenig Rente
Die Betroffenen empfanden das trotz eines Zuschlags auf die Renten als großes Unrecht. Die Bundesregierung wolle den für die Berechtigten unbefriedigenden Zustand verbessern, heißt es nun in dem Papier laut Welt. Nahles wolle eine grundlegende Lösung des Problems erreichen.
50.700 ehemaligen Ghetto-Arbeitern sind bislang Renten bewilligt worden. „21.500 dieser Renten wurden wegen der Anwendung der Vierjahresregelung und 16.850 wegen versäumter Antragsfrist mit einem späteren Rentenbeginn als 1997 gezahlt“, heißt es demnach in dem Schreiben.
Gut 38.000 Überlebende bekommen also weniger Rente, als ihnen theoretisch zugestanden hätte. Um Ungleichbehandlungen unter den Rentenberechtigten zu vermeiden, solle künftig allen Betroffenen eine Rente vom „frühestmöglichen Rentenbeginn an ermöglicht werden“.
Nahles will dafür offenbar die Vierjahresregelung für Renten mit Ghetto-Beitragszeiten nicht anwenden. Zudem sollen die bisher wegen dieser Regelung mit einem späteren Rentenbeginn gezahlten Renten auf Antrag „zum frühestmöglichen Rentenbeginn 1. Juli 1997 neu berechnet und gezahlt“ werden.
Die Betroffenen erhielten damit eine Nachzahlung für die Rente. Die Kosten, die durch die Rechtsänderung auf die Rentenversicherung zukämen, sollen sich auf rund 340 Millionen Euro belaufen.
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