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Renten an frühere SS-Soldaten im AuslandZentralrat kritisiert Gelder an NS-Täter

Ehemalige SS-Soldaten beziehen laut eines Berichts im Ausland Rente aus Deutschland. Der Zentralrat der Juden will mehr als 2.000 Empfänger überprüfen lassen.

Renten an SS-Soldaten sind für Zentralrats-Präsident Josef Schuster ein „unerträglicher Zustand“ Foto: dpa

Osnabrück afp/dpa | Der Zentralrat der Juden fordert eine Überprüfung monatlicher Rentenzahlungen an verwundete ehemalige SS-Soldaten im Ausland. Zentralrats-Präsident Josef Schuster sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Behörden müssten „die kleine noch verbliebene Zahl von Rentenempfängern mit Nachdruck überprüfen und Konsequenzen ziehen.“ Dass möglicherweise ehemalige NS-Täter und SS-Angehörige bis heute Rente bekämen, sei ein „unerträglicher Zustand“.

Die Ansprüche ergeben sich dem Blatt zufolge aus dem Bundesversorgungsgesetz. Die Zeitung zitierte Angaben der Bundesregierung, wonach es weltweit noch etwas mehr als 2.000 Empfänger gibt. Darunter befinden sich demnach auch Kollaborateure aus besetzten Ländern, die sich im Krieg der Waffen-SS angeschlossen hatten und im Einsatz verletzt wurden.

Seit einer Reform des Bundesversorgungsgesetzes können dem Bericht zufolge Ansprüche versagt werden, wenn die sogenannten Beschädigten im Krieg gegen „Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit“ verstoßen haben. Laut NOZ wird das derzeit bei vier ehemaligen SS-Angehörigen in den Niederlanden durch die deutschen Behörden überprüft. Die SS-Mitgliedschaft selbst ist demnach kein Versagensgrund.

Die Empfänger hätten nicht nur Anspruch auf monatliche Rentenzahlungen, im Schnitt 330 Euro, schreibt die „Neue Osnabrücker Zeitung“. Auch Kuren würden bezahlt.

„Der Staat muss hier seiner Verantwortung nachkommen“, sagte Zentralrats-Präsident Josef Schuster der NOZ. „Wir sind es den Opfern schuldig, dass die Behörden die kleine noch verbliebene Zahl von Rentenempfängern mit Nachdruck überprüfen und Konsequenzen ziehen.

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6 Kommentare

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  • Treue- und Gehorsamsrenten

    Diese Rentenzahlungen gehen „auf einen „Führererlass“ Adolf Hitlers zurück, der damit ausländische Freiwillige belohnen wollte, die ihm „Treue und Gehorsam“ geschworen hatten.“ (Taz v. 23. 02. 2019). 74 Jahre nach der Zertrümmerung des auf Tausend Jahre angelegten Reiches der Hakenkreuzler beruft sich also die Verwaltungsbürokratie der Freiheitlich-Demokratischen Berliner Republik immer noch auf einen Führererlaß als Rechtsgrundlage. Das muß man sich mal vorstellen! Bleibt die Frage, ob von diesen Renten Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden und sie demnächst gleichermaßen unter die von der SPD geplante Mindestsicherung fallen, mithin ggfs. angehoben werden...

    
Wenn nach dem im Januar 1998 durch die dankenswerte Initiative des damaligen Grünen-Abgeordneten Volker Beck geänderten Bundesversorgungsgesetz „Leistungen... zu versagen (sind), wenn der Berechtigte während der Herrschaft des Nationalsozialismus gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat“, so bedeutet dies im Umkehrschluß, bis dahin hätten auch die elsässischen Angehörigen des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 „Der Führer“ der 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ eine solche Treue- und Gehorsamsrente beanspruchen können, die an dem Massaker von Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944 mit 642 z. T. lebendigen Leibes verbrannten Opfern, darunter über 400 Frauen und Kinder, beteiligt waren. Auch wäre eine personelle Konstellation vorstellbar, bei der ein lettischer Treuerentenempfänger als damaliger SS-Freiwilliger an der Ermordung einer jüdischen Familie beteiligt war, deren überlebende Nachkommen als jüdische Kontigentflüchtlinge heute und hierzulande eine Hungerrente beziehen.

  • Wieso so spät?



    Fritz Bauer starb 1968,was habt ihr seitdem gemacht?

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @Markus Müller:

      Nichts , was sonst ?

  • Wie soll die Überprüfung erfolgen? Beweispflichtig ist stets der Staat.

    • @DiMa:

      Bei über 90-Jährigen ein eher sonderbarer Vorschlag!

      • @Monika Frommel :

        Ebend. Der Staat müsste dem 90 Jährigen nachweisen, dass dieser gegen die Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen hat. Dies dürfte sich ohne weiteres kaum aus den vorhandenen Akten ergeben.