piwik no script img

Religion in der ZukunftZum Lachen in die Kirche

In der Zukunft hat sich der Glaube verbessert: Niemand wird getauft, gesegnet, beschnitten oder verbrannt. Wer beten will, tut das zu Hause.

Ab 2048 wird das mit der Religion super entspannt, veganes Speiseeis kann angebetet werden oder auch nicht Foto: Westend6/imago

Wir schreiben das Jahr 2048. Das Verhältnis der Menschen zu ihren Religionen hat sich längst entspannt. Der ganze alte Krampf, mit dem wir uns über Jahrtausende gequält haben, ist endlich weg: All diese Vorschriften, was man zu tun und zu lassen hat; all das Düstere, Bedrohliche, dieser ganze ultranegative Angstkram wurde zum Teufel geschickt, wo er hingehört.

Auch die notorische Spaßbefreitheit, die dem Glauben immer innewohnte, hat ein Ende. Bei den neuen Religionen wird unheimlich viel gekichert. Wer früher zum Lachen in den Keller ging, geht heute zum Lachen in die Kirche. Alles kann, nichts muss. Bunte Cocktails und Rundlauf-Pingpong prägen die Gottesdienste jeder Glaubensrichtung.

Attraktive Angebote

Doch der Weg dahin war steinig. Mitte der 2030er Jahre war der Islamische Staat auf einmal wieder schwer im Kommen, als er zulasten seines spirituellen Markenkerns aus Morden, Vergewaltigen und Verwüsten taktisch clever auf vermittelbarere Angebote umschwenkte: die weltweite Aufhebung der Tempolimits, Brausepulver für die Kinder und eine ebenfalls global angelegte Lotterie, in der man von grillfertig marinierten Nackensteaks über Kompakt-SUVs bis hin zum Wellnessurlaub an der Ostsee alles gewinnen konnte, was der schlichten Seele ein kleines bisschen Freude bereitet.

Und selbst da, wo die Brand Recognition des good old IS, wie wir ihn fürchten und schätzen gelernt hatten, unvermindert stark aufschien, wurde ein populistisches Zuckerl für die Neugläubigen integriert:

Wer sich auf die Fahrbahn klebt, der oder dem wird die Klebhand abgehackt – da kniet die brave Gemeinde doch in Dankbarkeit und Ehrfurcht nieder. So stellen sich fromme Deutsche eine Religion vor, die dem Menschen nutzt und nicht dem Götzen.

Zwar scheiterten die Islamisten letztlich an den hohen Werbekosten, doch ihre Ideen gelten im Nachhinein als Auslöser einer umfassenden Entstaubung des Religionsbegriffs. Neben den in Liberalität frisch erblühenden alten, finden sich jetzt viele neue Glaubensgemeinschaften.

Die meisten machen irgendwas mit Tantra, Origami oder veganem Speiseeis. Man kann kommen und gehen, wie man will; niemand wird getauft, gesegnet, beschnitten oder verbrannt. Wer beten will, tut das zu Hause.

Auch mein Futurologe Zbigniew wirkt erleichtert, dass er nunmehr einen Katholizismus pflegen kann, der komplett auf neunmalkluge Ratschläge und nervtötendes Verbotsgedröhn verzichtet. „Wo der Paffe schweigt, spricht der liebe Gott zu uns“, seufzt er erlöst. 250 Jahre nach dem Ende der Aufklärung ist diese endlich doch noch bei uns angekommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Uli Hannemann
Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Ihr Abergläubigen werdet schon sehen wie Euch geschiehet wenn das heilige Spaghettimonster über Euch kommet und ihr ALLE pastarisiert werdet.

  • Da frönt noch jemand dem Katholizismus? Ist der nicht schon jetzt ganz klar vom Aussterben bedroht? Und sind die paar „woll-lustig“ ans Zölibat geketteten Vertreter nicht schon auf der Flucht in den Vatikan, wegen Asyl, versteht sich? Kann der nächste Papst nicht schonmal „Hossa Asül XXVIII“ heißen?

  • Ohje.