piwik no script img

Rekordpreise für Second-Hand-AutosGebrauchtwagen teuer wie nie zuvor

Chipmangel, die Coronakrise sowie weniger neue Zulassungen bei Dienst- und Mietautos treiben die Preise nach oben. Die Trendwende kommt erst 2023.

„Momentan haben wir weniger Gebrauchtwagen als Kunden.“ Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Ostfildern/Bonn dpa | Wer ein Second-Hand-Auto kaufen möchte, muss im Moment tief in die Tasche greifen. „Gebrauchtwagen sind derzeit so teuer wie noch nie – auch im Verhältnis zu ihren Neupreisen“, sagt Martin Weiss von Marktbeobachter DAT. Die Verteuerung liege oft bei 5 bis 15 Prozent, in Einzelfällen deutlich darüber. „Es ist schon verrückt, was man da sieht.“

Die DAT – die Abkürzung steht für Deutsche Automobil Treuhand – beobachtet seit 90 Jahren die Gebrauchtwagenpreise in Deutschland. Nüchterne Zahlen und Daten sind ihr täglich Brot – wenn man dort von „verrückt“ spricht, muss die Situation außergewöhnlich sein.

Treiber der Entwicklung sind Coronakrise und Chipmangel. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt schlagen sie in doppelter Weise zu: Zum einen greifen wegen langer Lieferzeiten vermehrt Neuwagenkunden am Ende doch zum Gebrauchten, zum anderen ist das Angebot deutlich dünner als sonst. „Es sind einfach sehr viel weniger Autos in den Markt gekommen“, sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). „Schon das zweite Jahr hintereinander fehlen Neuzulassungen von Dienstwagen, Tageszulassungen, Mietwagen, die normalerweise relativ schnell als junge Gebrauchte in den Markt kommen“, erklärt er. Die Folge: „Momentan haben wir weniger Gebrauchtwagen als Kunden.“

Peckruhn sieht ebenfalls einen deutlichen Preisanstieg bei Gebrauchten, auch wenn er ihn mit 5 bis 10 Prozent etwas niedriger einschätzt. Allerdings komme es stark auf die Ausstattung an. „Teilweise gibt es bei sehr gefragten Fahrzeugen zurzeit sogar Fälle, wo junge Gebrauchte mehr kosten als ein entsprechender Neuwagen, der aber nur mit langer Lieferzeit verfügbar wäre“, sagt er.

E-Autos sind noch Nischenprodukt

Dabei sind auch Neuwagen teurer geworden. „Wir kommen aus einer Zeit der Fahrzeugüberproduktion in eine Zeit des Fahrzeugmangels. Das lässt die Preise steigen – auch bei Neuwagen gibt es derzeit weniger Rabatt“, sagt DAT-Experte Weiss. Und Peckruhn betont: „Auch Neuwagen sind durch die Halbleiterkrise teilweise noch immer knapp. In manchen Monaten hat der Handel nur halb so viele Fahrzeuge bekommen wie normal.“ Eine schnelle Entspannung ist daher nicht in Sicht. Schon alleine weil die fehlenden Neuwagen von heute in Zukunft auf dem Gebrauchtmarkt fehlen werden. „Die hohen Gebrauchtwagenpreise werden wir auch 2022 haben“, sagt Peckruhn.

Allerdings sind nicht alle Marktbereiche betroffen. „Bei Elektroautos sehen wir diese Steigerungen nicht – hier sind die Gebrauchtwagenpreise weiterhin unter Druck“, sagt Weiss. „Das liegt einerseits an der hohen Förderung für Neuwagen, andererseits daran, dass die Technik sich weiterentwickelt hat und die Kunden eher das Gefühl haben, ein veraltetes Produkt zu kaufen.“ Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind E-Autos allerdings noch immer ein Nischenprodukt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Und warum ist 2023 eine Trendwende zu erwarten?