Reisebeschränkungen in der Pandemie: Halbherzig ist besser als nichts

Die Versuche, an den Grenzen Kontrollen aufzubauen, müssen halbherzig bleiben. Aber es ist immer noch besser, als nichts zu unternehmen.

LkW auf der Autobahn

Soll der Warenverkehr tatsächlich zum Erliegen kommen? Foto: Andrew Milligan/dpa

Wenn Sie künftig aus Portugal kommend am Frankfurter Flughafen ankommen, dann müssen Sie im Rahmen der Pandemieabwehr jetzt einen aktuellen Coronatest vorweisen. Wenn Sie aber mit dem Auto aus dem Kosovo kommend die bayerische Grenze erreichen, dann gilt zwar die gleiche Regelung. Aber es kontrolliert niemand, und die Einreise aus dem EU-Partnerland Österreich nach Deutschland bleibt ungehindert.

Das soll noch einer verstehen, werden die Neunmalklugen kommentieren. Und sie haben ja recht. Die Kontrollen zur Eindämmung des Virus sind lückenhaft und widersprüchlich. Kaum jemand überprüft, ob ich mich, aus einem Landkreis mit hoher Inzidenz kommend, an die Regelung halte, mich nicht weiter als 15 Kilometer davon entfernt aufzuhalten. Kein Polizist schaut, ob sich nicht vielleicht doch drei Haushalte privat in einer Wohnung treffen. Und wer überprüft die Zehntausenden Lkw-Fahrer, die grenzüberschreitend unterwegs sind? Niemand, denn die Trucker sind ausdrücklich ausgenommen.

Doch diese Widersprüchlichkeit ist auch gut. Die Coronakrise zeigt, dass der Allmächtigkeit des demokratischen Staates Grenzen gesetzt sind. Einschränkungen betreffen vor allem den privaten Bereich. Die Krise macht aber auch deutlich, dass Deutschland nicht Neuseeland ist. Wir leben mit unseren Nachbarn, sind wirtschaftlich eng mit ihnen verflochten. Neue Mauern hochzuziehen würde nicht nur den europäischen Wirtschaftsraum schwer schädigen und mehr Arbeitslosigkeit zur Folge haben. Pflegekräfte aus Polen kämen nicht mehr zu den von ihnen betreuten Menschen, Tagespendler nicht mehr zu ihrem Job, am Ende würde der so dringend benötigte Impfstoff an irgendeiner Grenze hängen bleiben.

Die Versuche, an den Grenzen Kontrollen aufzubauen, müssen deshalb halbherzig bleiben. Das führt zu Ungleichbehandlungen. Aber es ist immer noch besser, als nichts zu unternehmen. Der Staat muss an erster Stelle weiterhin auf die Intelligenz und Einsicht seiner Bürger setzen – auch wenn es einige Uneinsichtige gibt.

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Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024

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