Register für Einflussnahme im Bundestag: Lobbyismus weiter im Dunkeln?
Die Eintragefrist für das neue Lobbyregister des Bundestags ist abgelaufen. Bisher sind aber viel weniger Lobbyist:innen aufgeführt als gedacht.
Bislang erfolgten rund 2.400 Eintragungen – eine weit niedrigere Zahl als erwartet. Laut Register sind über 16.000 Personen zum Lobbyieren innerhalb der Bundesregierung berechtigt.
Die Bundesverwaltung hatte mit über 6.000 Eintragungen gerechnet, woraus sich schließen lässt, dass viele professionelle Interessenvertreter:innen wohl weiterhin im Dunkeln lobbyieren. Dabei riskieren sie ab dem 1. März ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro. Denn nicht eingetragene Lobbyist:innen verstoßen gegen den Verhaltenskodex, wenn sie sich etwa zum Abendessen mit Abgeordneten treffen und dabei Gesetzentwürfe besprechen.
Kritiker:innen vermuten, dass diese Verstöße aber unentdeckt bleiben werden. Die Bundestagsverwaltung wisse nicht, welche Einträge fehlen und habe keine Ressourcen, um diese eigenständig aufzuspüren. Daher seien sie auf Hinweise zu fehlenden Einträgen angewiesen. Außerdem bemängeln Kritiker:innen, dass sich schon ein Schlupfloch aufgetan habe. Agenturen müssten nur ihre Angestellten eintragen, weshalb viele Berater:innen in der letzten Zeit plötzlich in die Selbstständigkeit gewechselt seien.
Die Ampel will Transparenz weiter verbessern
Die fehlenden Einträge könnten aber auch mit dem Aufwand zusammenhängen, der damit verbunden ist. Betroffene Verbände kritisieren, dass die Pflege des Registers teilweise eine Halbtagsstelle beanspruche, so viele Informationen müssten zusammengetragen und aktualisiert werden. Vor allem an kleineren Verbänden könnte die Eintragungspflicht auch schlichtweg vorbeigegangen sein.
Bislang umfasst das Lobbyregister Einträge vom Rüstungskonzern Rheinmetall über die Audi AG bis zum Zoo Hannover. Besonders hervor sticht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der 2020 insgesamt 15 Millionen Euro für Lobbyarbeit ausgab.
Damit legt das Register zwar offen, wer mit wie viel Geld versucht auf die Politik Einfluss zu nehmen, jedoch bleibt unklar, wofür das Geld ausgegeben wird. Kritiker bemängeln daher die fehlende qualitative Transparenz des Registers. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sieht hier aber bereits einen weiteren Schritt in Richtung transparentem Bundestag vor: Mit dem legislativen Fußabdruck soll bei jedem Gesetz erkennbar werden, welche Intressenvertreter:innen den Gesetzgebungsprozess beeinflusst haben.
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