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Regierungskrise in Sachsen-AnhaltHaseloff feuert den Innenminister

Der Krach um den Rundfunkbeitrag in Sachsen-Anhalt eskaliert. Ministerpräsident Haseloff entlässt Innenminister Stahlknecht nach einem Interview.

Entlassen: Holger Stahlknecht (CDU) Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Magdeburg dpa | Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hat Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) entlassen. Er zog damit die Konsequenz aus einem nicht abgesprochenen Interview zum Koalitionsstreit um den Rundfunkbeitrag und die Ankündigung einer CDU-Minderheitsregierung, wie die Staatskanzlei am Freitag mitteilte.

Stahlknecht hatte zuvor in einem Interview der in Magdeburg erscheinenden „Volksstimme“ angekündigt, mit einer Minderheitsregierung weiterzuregieren, sollte die Koalition den Streit nicht überstehen. Das hatte Haseloff bislang ausgeschlossen.

SPD und Grüne warfen CDU-Chef Holger Stahlknecht daraufhin vor, den Streit nutzen zu wollen, um Ministerpräsident Haseloff zu stürzen.

„Jetzt besteht Klarheit“, twitterte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann mit Blick auf das Interview. Es sei der CDU nie um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegangen, sondern um den Sturz von Haseloff und die Vorbereitung einer Minderheitsregierung mit der AfD. SPD-Fraktionschefin Katja Pähle warf Stahlknecht vor, persönliche Ziele zu verfolgen. „Hier will jemand die Chance ergreifen, den Machtkampf in der CDU doch noch für sich zu entscheiden“, sagte Pähle. „Der Versuch einer strategischen Rechtsverschiebung ist ein gezielter Dammbruch und eine offene Kampfansage an den Ministerpräsidenten.“

Lange als Nachfolger gehandelt

Stahlknecht, der auch Innenminister ist, war lange als möglicher Nachfolger von Haseloff gehandelt worden. Nach mehreren Fehltritten und Skandalen in seinem Ministerium und in der CDU hatte er dem Ministerpräsidenten bei der Spitzenkandidatur für die nächste Landtagswahl im Juni 2021 aber den Vortritt gelassen.

Stahlknecht hatte das Nein seiner Partei zu einem höheren Rundfunkbeitrag unter anderem mit Kritik an der Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen begründet. Die würden teilweise mit „erhobenem moralischen Zeigefinger“ berichten. Pähle kritisierte das als „sprachliche Anbiederung nach rechts“. Ähnlich äußerte sich am Freitag der Landesvorsitzende der Linken, Stefan Gebhardt: „Die CDU fährt einen Frontalangriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der sprachlich und inhaltlich vollständig deckungsgleich mit der AfD ist.“

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13 Kommentare

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  • Abseits vom Ernst: Stahlknecht ist der perfekte Name für einen Innenminister. Fällt mir reichlich spät auf...

    • @Fabian Wetzel:

      Fand ich schon immer lustig :-))

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    hoffentlich verschwindet stahlknecht von der parteipolitischen bühne der cdu - insbesondere als haseloffs potentieller nachfolger. solch ein ministerpräsident wäre wohl der todesstoß für die ohnehin schon gefährdete demokratische kultur in sachsen-anhalt.



    als höcke-imitator für die afd weiterzumachen wäre eine passendere perspektive, die klahrheit schaffte.

  • Mir ist egal CDU/CSU, Grüne, SPD, AfD usw...



    Als ein Bürger möchte ich nicht wieder erhöhte Kosten von einem öffentlichen Institution übernehmen...

    • @H B:

      Es geht um 86 Cent. Oder geht es Ihnen um eine Sanktionierung des "Staatsfunks"?

      • @Henriette Bimmelbahn:

        Nein Henriette.. Es geht um marode alten Strukturen, große Gehälter für Leute, extraorbinante Bezahlungen u.a. für Bundesliga-Rechte...

        Verhamlosungsversuch mit 86,-Cent macht die Probleme von ÖRR nicht weg....

  • Immerhin werden Konsequenzen gezogen, nicht wie bei der CSU, wo korrupte und Unfähige Minister einfach weitermachen als wäre nichts

    • @Doktor No:

      Herr Stahlknecht ist nicht entlassen worden, weil er korrupt und unfähig ist (was ich hier natürlich in feinster Weise bestreiten möchte), sondern weil er sich gegen den Ministerpräsidenten, also seinen Chef, gestellt hat.

      • @Uwe Bogumil:

        Ganz genau. Würde Scheuer sich anschicken, Kanzler werden zu wollen, wäre Ende. Solange er nur unfähig und/oder korrupt ist, bleibt er dem unionsinternen Frieden wegen. :P

    • @Doktor No:

      Da werden die Korrupten auch nicht dem Boss gefährlich. Die sind zwar korrupt und unfähig aber solange sie Söder folgen ist für den alles gut

    • @Doktor No:

      In Bayern gibt's eben (noch) klare Mehrheiten. Da muss keiner so schnell gehen, bloß weil er unfähig oder korrupt ist. Schuld sind ja immer andere.



      Ich sage nur: „Die Grünen...die Grünen“ (H. Seehofer)

  • Eine Bestätigung der allgemein gehandelten Steigerung: Freund, Feind, Parteifreund. Im Übrigen wird jetzt klar, was die Schreibenden seinerzeit nicht geschrieben haben. Haseloff hatte seinerzeit ein allgemeines Bußgeld - vom MöchtegernKanzler gefordert - von 50 Euro abgelehnt, weil "es in Sachsen-Anhalt keine Maskenverweigerer gibt". In den Kommentaren war zu lesen, dass Haseloff natürlich wegen der kommenden Wahl auf die AfD aufpassen muss. Jetzt ist klar, er musste auch auf seine eigene CDU - liebäugelnd mit der AfD - aufpassen. Die Wende, die 1989 mit der Öffnung der Mauer am 9.11.1989 ihren dramatischen Höhepunkt hatte (der 31. Jahrestag wurde von Politik und Medien komplett vergessen), ist noch längst nicht dort angekommen, wo sie sein sollte.

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Wegen 89 Cent zurückgetreten... eher nicht, gibt es jetzt auch eine Auswertung zu den SM Einträgen und den Privatfilmchen im Netz die ihn beobachtet haben wir er sich mit Rechtsextremen spricht .... der macht es dann wohl so wie der Niebels. Sicherheit ist ein hohes gut oder aber er kann AKK helfen die Bundeswehr zu strukturieren. Ob Sachsen Anhalt für das nächste Innenministertreffen einen neuen Innenminister hat, fraglich?