Regierungskrise in Österreich: Kick den Kickl
Nach Strache muss nun wohl auch Innenminister Kickl wegen der FPÖ-Korruptionsaffäre gehen. Kanzler Kurz forderte seine Entlassung.
Nach Strache und Fraktionschef Johann Gudenus, der die Begegnung in Ibiza eingefädelt und gedolmetscht hatte, gibt es ein drittes politisches Opfer des Ibiza-Videos: Herbert Kickl, von Heinz-Christian Strache als „bester Innenminister der Geschichte Österreichs“ gepriesen, Schöpfer einer berittenen Polizei und menschgewordenes Bollwerk gegen Flüchtlinge und Asylsuchende.
Sein Verbleib in der interimistischen Regierung war für die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht tragbar. Nicht wegen seiner Nähe zu rechtsextremen Kreisen oder seiner als unmenschlich kritisierten Flüchtlingspolitik, sondern wegen Befangenheit. Er habe Präsident Alexander van der Bellen Kickls Entlassung „vorgeschlagen“, sagte Kurz am Montagabend.
Als Generalsekretär der FPÖ zur Zeit des Skandalvideos wäre er direkt in die Schwarzgeldkonstruktion involviert, die Strache einer vermeintlichen lettisch-russischen Gönnerin für verdeckte Parteispenden empfahl. Da geht es um strafrechtlich relevante Vorwürfe. Kickl könne also nicht gegen sich selbst ermitteln, sagte Kanzleramtsminister und Kurz-Intimus Gernot Blümel Sonntag Nacht in der Diskussionssendung Im Zentrum im ORF.
Das milde und das böse Gesicht der FPÖ
Die FPÖ war dem Bundeskanzler mit einem bizarren Auftritt zuvorgekommen. Norbert Hofer, seit Sonntag interimistischer Parteichef, und Herbert Kickl, Noch-Innenminister, gaben eine Art Doppelkonferenz. Hofer spielte die Rolle, die er schon im Bundespräsidentenwahlkampf 2016 geprobt hatte: das milde Gesicht der FPÖ.
Als erster Parteifunktionär bat er die Bevölkerung unverklausuliert um Verzeihung für den Auftritt seiner Parteifreunde und bedankte sich ausdrücklich bei der ÖVP für die konstruktive Zusammenarbeit. Er ging sogar so weit die Wochenzeitung Falter, den liebsten Feind seiner Partei in der Presselandschaft, für dessen faire Berichterstattung zu loben. Er versprach einen Wahlkampf ohne Schmutzkübel und versuchte seine Partei als verlässlichen Partner darzustellen.
Ganz anders Herbert Kickl, der die ÖVP frontal attackierte und ihr vorwarf, seine liebsten Projekte immer wieder blockiert zu haben. Gerade die umstrittensten Entscheidungen der Koalition, wie die Verweigerung der Zustimmung zum UN-Migrationspakt und die Abschiebung von Lehrlingen mit negativem Asylbescheid reklamierte er als Früchte seiner Beharrlichkeit.
Flossen illegale Parteispenden?
Verhandlungen über ein gemeinsames Weiterregieren seien daran gescheitert, dass die ÖVP Kickls Absetzung verlangt und das Innenministerium für sich reklamiert habe. Dieses sei „über Jahre hinweg der Motor einer knallharten Machtpolitik der ÖVP“ gewesen.
Ihm habe man als Ersatz jedes beliebige Ministerium angeboten. Das komme für ihn nicht in Frage. Enttäuscht zeigte er sich auch von Bundespräsident Alexander van der Bellen, der die Wahrheit, die sich hinter einem „jungen und freundlichen Gesicht“ verberge, – gemeint ist natürlich Sebastian Kurz und dessen Machtgier – nicht erkannt habe.
Für Sebastian Kurz steht die Aufklärung der teilweise strafrechtlich relevanten, teilweise moralisch verwerflichen Äußerungen von Strache aus dem Ibiza-Video im Vordergrund. Der hatte ja einen gemeinnützigen Verein ins Spiel gebracht, über den illegale Parteispenden „am Rechnungshof vorbei“ kanalisiert werden können.
Seit Veröffentlichung des Videos rätselt man, ob dieser Verein existiert. Das Wochenmagazin profil stieß bei seinen Recherchen auf den Verein Austria in Motion mit Sitz in Wien. Kickl sei im Frühling 2017 an einen „bekannten österreichischen Geschäftsmann“ herangetreten, er möge an diesen Verein spenden.
FPÖ auf Landesebene
Zu dieser Spende soll es aber nie gekommen sein. Der Vereinskassier versicherte den Medien, dass kein Geld geflossen sei. Man habe lediglich Kleinspenden „für Universitätsstudien“ eingesammelt.
Die SPÖ ist indessen bemüht, sich von der Belastung durch regionale und kommunale Allianzen mit der FPÖ freizuspielen. Klaus Luger, Bürgermeister von Linz hat Montag Vormittag das Arbeitsübereinkommen mit den Blauen aufgekündigt. Luger muss sich künftig andere Mehrheiten im Gemeinderat suchen.
Hans-Peter Doskozil im Burgenland, der noch vor wenigen Tagen die harmonische Zusammenarbeit gelobt hatte, steuert eine schaumgebremste Scheidung von seinem Koalitionspartner an. Die Wahlen werden von Ende Mai auf 26. Januar 2020 vorverlegt.
Ganz anders ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer in Oberösterreich. Seine Koalition mit der FPÖ im Jahr 2015 war ja eine Art Probegalopp für die gleiche Paarung im Bund. Stelzer steht hinter der Neuwahlentscheidung seines Kanzlers: „Hätten wir in Oberösterreich so einen Fall wie im vorliegenden Video, ist völlig klar, dass wir gleich entscheiden würden“.
Auf Landesebene laufe aber alles bestens. Stelzer ging sogar so weit, eine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition auf Bundesebene als Option offen zu halten.
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