Regierungskrise in Estland: Ratas kündigt Rücktritt an

Estlands Ministerpräsident Jüri Ratas wird Korruption vorgeworfen. Wegen eines staatlichen Kredits für ein Immobilienprojekt laufen Ermittlungen.

Jüri Ratas mit Unterlagen im Arm.

Jüri Ratas will gehen – hier war er noch da, im Februar 2020 beim EU-Gipfel Foto: Ludovic Marin/reuters

TALLINN dpa | Estlands Ministerpräsident Jüri Ratas hat nach Korruptionsvorwürfen gegen seine Partei seinen Rücktritt angekündigt. Er wolle damit die politische Verantwortung übernehmen und die Möglichkeit geben, die Vorwürfe aufklären zu können, teilte Ratas am Mittwoch in Tallinn mit. Die Justizbehörden des baltischen EU-Landes hatten zuvor Ermittlungen wegen eines staatlichen Hilfskredits an ein Immobilienprojekt gegen Ratas' linksgerichtete Zentrumspartei eingeleitet.

„In der Politik müssen sehr schwierige Entscheidungen getroffen werden, um schwierige Situationen zu lösen“, sagte Ratas in einer Erklärung vor der Presse. Die Entscheidung zum Rücktritt sei nach Beratungen mit seiner Partei getroffen worden. Ratas betonte, der Verdacht der Staatsanwaltschaft bedeute nicht, dass jemand bereits endgültig schuldig sei. Der Verdacht werfe aber unweigerlich einen sehr ernsthaften Schatten auf alle Beteiligten.

Hintergrund der Ermittlungen ist ein Darlehen in Höhe von knapp 40 Millionen Euro, das Kredex im Sommer 2020 für die Entwicklung eines großangelegten Immobilienprojekts in Tallinn gewährt hat. Der Entscheidung sollen unerlaubte Absprachen vorausgegangen sein. Unter den Verdächtigen sind Zentrumspartei-Generalsekretär Mihhail Korb, die Partei selbst wird als juristische Person verdächtigt. Am Dienstag wurden außerdem vier Personen vorläufig festgenommen.

Ratas beteuerte, nicht über die Einzelheiten des umstrittenen Darlehens informiert gewesen zu sein. „Ich kann mit voller Sicherheit sagen, dass ich als Ministerpräsident keine einzige böswillige oder wissentlich falsche Entscheidung getroffen habe“, sagt er.

Ratas regiert in Estland mit seiner linksgerichteten Zentrumspartei in einem Dreierbündnis mit der rechtspopulistischen Estnischen Konservativen Volkspartei (EKRE) und der konservativen Partei Isamaa. Er amtiert seit 2016 als Regierungschef.

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