piwik no script img

Regierungsbildung in NRWHardliner wird nicht Schulminister

NRW-Regierungschef Wüst präsentiert sein schwarz-grünes Kabinett. Der ultra-konservative Liminski bleibt Chef der Staatskanzlei.

Auch den Bereich Medien verantwortet der 36-Jährige weiter Foto: dpa

Bochum taz | Der vielen als ultra-katholischer Hardliner geltende Nathanael Liminski wird nicht Schulminister von Nordrhein-Westfalen. Das hat der frisch wiedergewählte CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Mittwochmittag bei der Vorstellung seines neuen schwarz-grünen Landeskabinetts erklärt. Liminski bleibt Chef der Staatskanzlei, wird aber formell vom Staatssekretär zum Landesminister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie „Internationales“ befördert.

Auch den Bereich Medien verantwortet der 36-Jährige weiter. „Er ist schlicht der Beste für diesen Job“, erklärte Wüst – denn als Chef der Staatskanzlei habe Liminski die Regierungszentrale „in den vergangenen 5 Jahren geräuschlos koordiniert“. Dennoch hatten in den vergangenen Tagen Spekulationen für Aufregung gesorgt, der als „Allzweckwaffe“ geltende Rheinländer könne Minister ausgerechnet für Schule und Bildung werden – schließlich hatte der orthodoxe Katholik als junger Mann nicht nur Keuschheit vor der Ehe propagiert.

Die von Liminski gegründete Gruppe „Generation Benedikt“ kämpft heute als „Initiative Pontifex“ gegen das Recht auf Abtreibung. Und als Mittel der Wahl gegen HIV empfahl der Christdemokrat „eheliche Treue“. In der TV-Talkshow Sandra Maischbergers erklärte Liminski 2007 außerdem vor einem Millionenpublikum, er halte Homosexualität nicht „für eine vollendete Form von Sexualität“ – weil die „Dimension der Fortpflanzung“ fehle.

Zwar hält sich Liminski seit Jahren im Hintergrund, doch die Kritik bleibt. Der „homophobe Nathanael Liminski“ dürfe nicht Bildungsminister in NRW mit seinen knapp 2,5 Millionen Schü­le­r:in­nen werden, forderte deshalb nicht nur der Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland, Alfonso Pantisano. Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien, Philipp Möller, warnte vor den „radikal christlichen Vorstellungen“ Liminskis.

Grünen drohten massive Proteste

Doch Ministerpräsident Wüst und seine grüne Stellvertreterin Mona Neubaur haben die Personalie entschärft – besonders den Grünen drohten massive Proteste der ihr nahestehenden LGBTQ-Bewegung. Neue NRW-Schulministerin wird Dorothee Feller, bisher Regierungspräsidentin in Münster. Die 56-jährige CDU-Frau habe „jahrzehntelange Erfahrung“ bei der Führung großer Verwaltungen, sagte Wüst zur Begründung – und die wird Feller brauchen: Das Corona-Chaos, dass ihre liberale Amtsvorgängerin Yvonne Gebauer an den Schulen hinterließ, gilt als Hauptgrund für den Absturz der FDP auf 5,9 Prozent und damit für das Ende von Schwarz-Gelb in NRW.

Weitere Christ­de­mo­kra­t:in­nen in Wüsts Regierung sind Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen, bisher Landrätin in Kleve, und Wüsts langjährige Vertraute Ina Brandes, die den Bereich Kultur und Wissenschaft übernimmt. Im Kabinett bleiben die bisherige Heimat- und Bauministerin Ina Scharrenbach, deren Ressort mit dem Bereich Digitales aufgewertet wird, sowie Innenminister Herbert Reul und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Neuer Finanzminister wird der bisherige finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Marcus Optendrenk.

Die Grünen hatten die Besetzung ihrer 4 Kabinettsposten bereits Ende vergangener Woche bekanntgegeben. Wüsts Kabinett ist damit paritätisch mit Männern und Frauen besetzt: Die grüne Landtagswahl-Spitzenkandidatin Mona Neubaur wird Super-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klima und Energie. Umwelt, Naturschutz und Verkehr übernimmt Oliver Krischer, bisher Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.

Co-Landtagsfraktionschefin Josefine Paul wird Familien- und Integrationsministerin, das Justizministerium geht an Benjamin Limbach, Sohn der einstigen Bundesverfassungsgerichts-Präsidentin Jutta Limbach.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Wüst und wer? „radikal christlichen Vorstellungen“ Liminskis? „Radikal katholische Vorstellungen“ müsste es wohl heißen. [….] Nathanael „5 Jahre geräuschlos“ Liminski musste von den „Grünen“ wohl akzeptiert werden, damit Wüst „nomen est omen“ auch CDU-Personal ins Kabinett holen konnte. Viel haben die Schwarzen ja sonst nicht zu bieten.



    Apropos geräuschlos: Ein Leisetreter? „Hoit Dich vor de Katzen de vor Licken und achter kratzen.“ Herr Theodor Storm, bitte: de.wikipedia.org/w...anns_Haus#Handlung

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Liminskis Ansichten sind auch sehr stark vom evangelikalen Extremismus geprägt, der eben nicht katholisch ist. Es macht schon Sinn, bei Liminski von einem christlichen Extremisten zu sprechen, da er bei jeder Form des christlichen Extremismus kräftig zulangt.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Liggers. Kann da - auch meinem Mitschüler - zeitlich leicht versetzt;) - nur zustimmen.

      kurz - Der ursprünglich auf Berlin gemünzte Spruch nrw-gewendet “Wer in NRW ist in der SPD - wär in Bayern in der CSU!“ - läßt angesichts der CDU-Personalien - gern klerikal-reaktionär plus Rechtsbrecher IM Reul di Hambie-Brandschutz vande Oberstupidienrat - läßt in der nach rechts offenen Parteienlandschaft doch ziemlich ratlos zurück. Woll.

  • Wenn selbst sowas schon als GRÜNER Erfolg gilt ...................

  • Na ja, mal sehen, was Fundamentalist Liminski, von der Staatskanzlei aus alles anrichtet. Den sex. Missbrauch in der Kirche aufarbeiten lassen, das will er wohl nicht. Und das ungeborene Leben ist ihm scheinbar auch näher als das geborene.