Regierungsbildung im Libanon: Auf Diab folgt Adib

Libanons Botschafter in Deutschland soll ein Kabinett bilden und das Land aus der Krise führen. Es wäre die zweite neue Regierung in diesem Jahr.

Mustapha Adib spricht

Krisenmanager aus Berlin: Mustapha Adib am Montag nahe Beirut Foto: Bilal Hussein/ap

BEIRUT taz | Der bisherige libanesische Botschafter in Deutschland, Mustapha Adib-Abdul-Wahed, soll neuer Regierungschef im Libanon werden. Bei parlamentarischen Konsultationen am Montag stimmte die Mehrheit der Abgeordneten für Adib, Präsident Michel Aoun betraute ihn mit der Bildung eines neuen Kabinetts.

Der 48-Jährige ist seit 2013 Botschafter in Berlin. Er ist promovierter Rechts- und Politikwissenschaftler und war bereits Chefberater unter dem ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten und zweifachen Milliardär Nadschib Mikati.

Es ist bereits die zweite Regierungsbildung im Libanon innerhalb eines Jahres. Der momentan geschäftsführende Regierungschef Hassan Diab war wenige Tage nach der Explosion von Tausenden Tonnen Ammoniumnitrat in Beirut zurückgetreten. Diab selbst war erst seit Januar im Amt; er folgte auf den Milliardär Saad Hariri, der als Reaktion auf Massenproteste im Oktober 2019 zurückgetreten war.

Seit Oktober vergangenen Jahres befindet sich der Libanon in einer Wirtschafts-, Finanz- und Politikkrise. Viele Libanes*innen vertrauen ihren Politikern und Regierungen nicht. Sie bezichtigen sie, trotz unterschiedlicher Parteien zu einer politischen Klasse zu gehören, die das Land durch Korruption und Missmanagement in den Staatsbankrott geführt hat.

Macron wird erneut in Beirut erwartet

Diab hatte es nicht geschafft, den Werteverfall der lokalen Währung zu stoppen und das Land zu reformieren. Er scheiterte an internen Streitigkeiten. Der designierte Regierungschef Adib muss unter anderem mit dem Internationalen Währungsfonds über ein Rettungspaket in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar verhandeln und im Gegenzug die bislang verschleppten Wirtschaftsreformen durchbringen.

Der internationale Druck auf die libanesische Regierung, das Land mit Reformen aus der Krise zu führen, war nach der Explosionskatastrophe nochmals gestiegen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron übernahm die Führungsrolle der westlichen Staaten, die Hilfsgelder zum Wiederaufbau versprachen. Bei einem Besuch in Beirut nach der Explosion sagte er, dass die Parteien sich vereinen und gemeinsam Reformen auf den Weg bringen sollten.

Die Beauftragung Adibs mit der Regierungsbildung am Montag erfolgte wenige Stunden, bevor Macron erneut in den Libanon reisen wollte. „Ein Geschenk für Macron, er wird es lieben“, kommentierte der Politologe und Analyst Karim Makdisi die Entscheidung auf Twitter.

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In dem sozialen Medium machten sich einige Libanes*innen über das Namensanagramm lustig: Diab-Adib. Dass nur ein paar Buchstaben umgedreht würden, sei bezeichnend für den Libanon und seine politische Elite.

Nach Bekanntwerden der Ernennung Adibs blieb es zunächst ruhig auf den Straßen. Vor Diabs Rücktritt hatten Tausende in Beirut protestiert und den Rücktritt aller politischen Führer gefordert, darunter Präsident Michel Aoun, Parlamentssprecher Nabih Berri und Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah.

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Repräsentant*innen diverser säkularer Parteien und Gruppierungen veranstalteten zuletzt am Sonntag eine Kundgebung. Die zivilgesellschaftliche Opposition, die seit Oktober 2019 gegen die politische Führung demonstriert, möchte nun einen alternativen Reformplan ausarbeiten. Hohe Politiker hatten den Aktivist*innen vorgeworfen, keine einheitlichen Forderungen zu formulieren. Das Oppositionsbündnis will nun eine Liste von Persönlichkeiten vorschlagen, die eine unabhängige Übergangregierung bilden sollen.

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