Regierung erwägt Maut-Erhebung: Abkassieren wie in Österreich

Die CSU-Rufe nach einer Maut tragen offenbar Früchte: Im Verkehrsministerium wird die Einführung einer Vignette geprüft. Doch in der Wirtschaft regt sich der Unmut.

In Lübeck schon Realität: Hinweisschild für die Maut zur Nutzung des Herrentunnels. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Das Bundesverkehrsministerium prüft offenbar die Einführung einer Maut-Vignette nach österreichischem Vorbild und mit Öko-Rabatt für schadstoffarme Autos. Nach einem Bericht der Bild am Sonntag sollen Deutsche und ausländische Pkw-Fahrer demnach künftig eine Vignette erwerben, die für ein ganzes Jahr 100 Euro kosten dürfte. Für einige Tage oder Wochen würde die Autobahngebühr für Ausländer entsprechend geringer ausfallen. Deutsche Autofahrer sollen demnach die Kosten der Vignette gegen die Kfz-Steuer verrechnen dürfen.

Besitzer von schadstoffarme Autos mit kleinem Motor, deren Kfz-Steuer unter 100 Euro liegt, sollen nach Informationen der Zeitung einen Öko-Rabatt bekommen. Damit solle sichergestellt werden, dass die Vignette nicht teurer als die Kfz-Steuer ausfalle. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte Bild am Sonntag, es gebe „zurzeit mehrere Planungen zur Maut“. Mögliche Öko-Rabatte gehörten auch dazu, „wir prüfen das gerade“. Wichtig sei, dass in Deutschland zugelassene Pkw nicht zusätzlich belastet würden.

Der amtierende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich offen für die Einführung einer Pkw-Maut. Er sagte dem Berliner Tagesspiegel am Sonntag, es sei gut, dass die EU-Kommission bestätigt habe, dass es für den Wunsch der bayerischen Staatsregierung Wege gebe.

Erst der Bettensteuer, nun die Maut

Die Maut-Pläne stoßen allerdings auf heftigen Widerstand beim Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW). Der warnt Union und SPD eidnringlich vor der Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland. BTW-Generalsekretär Michael Rabe sprach in der Neuen Osnabrücker Zeitung von einer Gefahr für tausende Arbeitsplätze. „Nachdem die EU-Kommission signalisiert hat, grundsätzlich keine rechtlichen Einwände gegen eine Pkw-Maut für Ausländer zu haben, ist die Versuchung natürlich groß, eine solche Reform zu beschließen. Aber sie würde Mobilität und Tourismus in und nach Deutschland weiter verteuern und damit zu einer schweren Belastung für die Branche werden.“

Rabe sagte, die Pkw-Maut würde sich nahtlos in eine ganze Reihe von Zusatzkosten einfügen, die den Touristen in den vergangenen Jahren bereits aufgebürdet worden seien – von Bettensteuern bis zur Luftverkehrsteuer. „Auch wenn das Reiseziel Deutschland derzeit bei in- und ausländischen Gästen äußerst beliebt ist, dürfen Geduld und Geldbeutel der Besucher nicht endlos strapaziert werden.“ Deutschland stehe als Reiseziel im harten Wettbewerb zu ausländischer Konkurrenz. „Eine immer länger werdende Liste an Zusatzgebühren und Steuern sind ein klarer Wettbewerbsnachteil.“

Warnungen vor der PKW-Vignette

Im Wahlkampf und zuletzt auch in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen hatte die CSU auf die Einführung einer Pkw-Maut gedrungen. Deutsche Autofahrer sollen bei der Kfz-Steuer entlastet werden, so dass die Maut letztlich nur ausländische Fahrer belasten würde. Innerhalb der Union sind die Pläne umstritten. Die SPD hat klare Ablehnung signalisiert, zuletzt Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier in der Bild am Sonntag.

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, warnte im Magazin Focus vor der Abschaffung der Kfz-Steuer im Gegenzug zur Einführung einer Pkw-Vignette. „Die CO2-basierte Kfz-Steuer belohnt den Kauf umweltfreundlicher Fahrzeuge und hat somit eine ökologische Lenkungswirkung.“ Ein solches Instrument solle man nicht leichtfertig aus der Hand geben.

Steinmeier kritisierte die Stellungnahme von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas zu den rechtlichen Möglichkeiten einer Pkw-Maut. „Ich finde es unverantwortlich, dass ein EU-Kommissar seine Einzelmeinung mitten in die Koalitionsverhandlungen platzen lässt“, sagte er der Bild am Sonntag. Die EU-Kommission hatte allerdings Mutmaßungen zurückgewiesen, einer Maut schon grünes Licht gegeben zu haben. Die Behörde in Brüssel werde keiner Maut-Regelung zustimmen, die mit einer willkürlichen Schlechterstellung von Ausländern einhergehe.

Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, das CSU-Modell für eine Pkw-Maut sei weder gerecht noch ökologisch. Viel- und Wenigfahrer würden „über einen Kamm geschoren“ und ausländische Autofahrer gegenüber inländischen klar benachteiligt. „Die Pkw-Maut kann also kein Weg sein, Mittel für die Infrastruktur zu generieren“, meinte Peter. „Wir sollten stattdessen die Lkw-Maut zu einer Logistik-Abgabe für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auch auf Bundesstraßen ausweiten. Denn die Lkw verursachen die Schlaglöcher und nicht die ausländischen Autofahrer.“

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