Reform in der Ukraine: Neue Polizisten braucht das Land
Die korrupten Ordnungskräfte sind ein großes Problem. Nun soll eine neue Polizeieinheit für Verbesserungen sorgen.
Zu sehen sind Uniformierte, die man sonst aus amerikanischen Polizeifilmen kennt. Von einem New Yorker Cop unterscheidet sich der hiesige schwarz uniformierte Kollege nur durch sein ukrainisches Namensschild und den Dreizack auf dem Wappen. Es geht aber nicht nur um die Form.
“Die wichtigste Gefahrenzone ist nicht jene, wo die Kugeln pfeifen, sondern dort, wo die Geldscheine knistern“, sagt Präsident Petro Poroschenko bei der Zeremonie. Das Polizeigesetz ist erst am Donnerstag vom Parlament verabschiedet worden. Bis zur Ratifizierung werden die neuen Polizisten, die offiziell noch Milizionäre heißen, auf Probe arbeiten.
Die Ukraine hat es eilig, die notwendigen Reformen anzupacken. Die Korruption in den Reihen der Ordnungsmacht ist eines der dringendsten Probleme. Gegen die „korrupte Bande“ haben die Leute auf dem Maidan protestiert.
Ausländische Ausbilder
Zuständig für die Umsetzung der Polizeireform ist Vizeinnenministerin Eka Sguladse (37). Die gebürtige Georgierin hat bereits in ihrer Heimat unter Michail Saakaschwili eine ähnliche Polizeireform mit Erfolg geleitet. Die 2.000 Kiewer Polizisten sind unter 33.000 Bewerbern ausgewählt worden. Nur 68 von ihnen waren früher bei den Schutzorganen beschäftigt.
Die wichtigsten Voraussetzungen sind ein Alter zwischen 21 und 35 Jahren, Straffreiheit und Besitz eines Führerscheins. Trainiert wurden die Anwärter von ausländischen, hauptsächlich amerikanischen Ausbildern. Rund ein Fünftel aller Kiewer Polizisten sind Frauen.
Anna Samsunidse (30), Mutter von drei Kindern, ist direkt nach dem Baby-Urlaub in die Polizei gegangen. Ihr Mann hat früher mal bei der georgischen Polizei gearbeitet. Auf die Frage, warum sie bei dem neuen Kiewer Streifendienst mit dabei ist, zeigt sie auf ihren Sohn: „Wegen dieser Kleinen hier, die heranwachsen“.
Einsatz für die Zukunft
Die neue Polizei wird von Alexander Fazewitsch (29) geleitet, der in der Ostukraine gekämpft hat. „An der Front war es schwer. Aber auch hier ist es nicht leichter. Ich habe zwar eine militärische Ausbildung, lerne aber wie jeder von den 2.000 Anwesenden jeden Tag dazu.“
Die neuen Polizisten werden im Schnitt monatlich zwischen 8.000 und 10.000 Hrywnjas (330–420 Euro) verdienen, die Spezialeinheiten bis zu 15.000 Hrywnjas (625 Euro). Das ist das Mehrfache des früheren Gehalts.
Im Sommer sollen auch in in Odessa, Lwiw und Charkiw neue Polizeieinheiten gebildet werden. Die Ausweitung auf die anderen Gebiete in der Ukraine werde davon abhängen, wie viele Mittel das Ministerium jeweils aufbringen kann, ließ Innenminister Arsen Awakow per Twitter mitteilen.
Übersetzung aus dem Russischen: Irina Serdyuk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?