Reform der Entwicklungszusammenarbeit: Arme Länder kommen unter die Räder
Der Entwicklungsminister verteilt Gelder nur noch gegen Auflagen. Dadurch bekommen 25 Länder keine Unterstützung mehr. Es gibt Kritik.
BERLIN taz | Die Neujustierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist auf heftige Kritik gestoßen. Bei der von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) geplanten Reform „BMZ 2030“ kämen „Länder unter die Räder, die am stärksten von Armut betroffen sind“, sagte Stephan Exo-Kreischer von der Entwicklungsorganisation One.
Zwar sei es grundsätzlich „nicht schlecht, sich vom Gießkannenprinzip zu verabschieden“. Aber arme Länder „wie Liberia oder Sierra Leone, die bereits vor Corona mit der Ebola-Epidemie zu kämpfen hatten, brauchen verlässliche Partner“, sagte Exo-Kreischer. Er halte es für „bedauernswert, dass sich die Bundesregierung hier zurückzieht“.
„Wir müssen umdenken und umsteuern“, betonte Müller bei der Vorstellung seines Konzepts am Dienstag in Berlin. Deutschland wolle direkte staatliche Hilfen für 25 seiner 85 Partnerländer beenden. Staaten wie Myanmar, Costa Rica, die Mongolei und Burundi bekämen künftig kein Geld mehr – teils wegen guter Entwicklung, teils weil sie den neuen Auflagen nicht genügen, sagte Müller. Der Entwicklungsetat sei zwar seit 2013 von 6,4 auf nun fast 11 Milliarden Euro gewachsen. Die Gelder sollten künftig aber nur noch an reformbereite Staaten vergeben werden, die „mehr Eigenleistung erbringen, gute Regierungsführung nachweisen, die Menschenrechte einhalten und den Kampf gegen Korruption verstärken“.
Auch der entwicklungspolitische Bundesverband Venro kritisierte, dass Deutschland künftig weniger ganz arme Länder unterstützen wolle. Es falle auf, „dass die bilaterale Zusammenarbeit stark auf Länder in Afrika und teilweise im Nahen Osten konzentriert ist. Länder aus Lateinamerika und Asien wurden kaum berücksichtigt.“
Nachdem die US-Regierung Mittelamerika die Hilfen gestrichen habe, „folgt dem nun Deutschland“, sagte Uwe Kekeritz von der Grünen. An der neuen Länderliste werde deutlich, dass Müllers Ministerium mehr Wert auf „Migrationskontrolle und die Grenzsicherung in Afrika“ lege. Zugleich blieben langjährige Partner in Lateinamerika zurück. Müller verstehe seine Arbeit immer stärker „als interessengeleitete Geopolitik“.
Leser*innenkommentare
OutbackerAS
Natürlich ist Entwicklungspolitik auch immer interessengeleitete Geopolitik. Denn sie ist im Rahmen des vernetzten Ansatzes auch Teil der Sicherheitspolitik. Darum geht es aber nicht. Es ist vollkommen korrekt, Länder von der Enwicklungszusammenarbeit auszuschliessen, wenn die Grundsätze der dortigen Regierungsführung unseren Vorstellungen nicht entsprechen. Warum sollte man korrupte und demokratieverachtende Regime auch noch unterstützen? Dies wird nicht zu einer Verbesserung der Lage der Bevölkerung führen, sondern nur zur Stabilisierung der genannten Regime.
4813 (Profil gelöscht)
Gast
Es sind nicht die Länder betroffen, die am stärksten unter Armut leiden, sondern die Korruption und schlechte Regierung führen zu Armut.
Letzteres wird mit unseren Hilfen noch stabilisiert.
Günter Witte
Hauptsache wir bezahlen immer noch China, einer der größten Wirtschaftsmacht überhaupt, 630 Millionen Euro Entwicklungshilfe jährlich.
www.focus.de/polit...a_id_10817274.html
Kaboom
@Günter Witte Und man sieht mal wieder: Weder die FDP noch der Focus sind seriöse Quellen. China erhält seit 10 Jahren keine Entwicklungshilfe mehr
fragdenstaat.de/an...gshilfe-fur-china/
Warum weiterhin Gelder fliessen, wird ausführlich beantwortet
Cristi
Aber die Volksrepublik China bekommt weiter "Entwicklungshilfe"???