Reederei-Sprecher zu Huthi-Attacken: „Die Situation ist gefährlich“

Wegen der Angriffe der Huthi-Miliz fahren Schiffe von Hapag-Lloyd vorerst nicht mehr durchs Rote Meer. Reederei-Sprecher Nils Haupt über die Gründe.

Containerschiff Al Jasrah beladen in Hafen

Archivbild des beladenenen Containerfrachters „Al Jasrah“ Foto: Axel Heimken/dpa

taz: Herr Haupt, am Freitag wurde das Containerschiff „Al Jasrah“ der Reederei Hapag-Lloyd im Roten Meer von den Huthi-Rebellen im Jemen beschossen. Danach hat die Reederei die Durchfahrt durch das Rote Meer und den Suezkanal ausgesetzt. Wie geht es nun weiter?

Nils Haupt: Wir sehen die Situation im Roten Meer und im Suezkanal im Moment als zu gefährlich, als dass man es durchqueren könnte. Die Situation hat sich seit der Attacke am Freitag aus unserer Sicht nicht maßgeblich verändert, sodass all unsere Schiffe nun die Route über das Kap der Guten Hoffnung nehmen. Das bleibt erst mal so – bis das Rote Meer wieder gefahrlos durchfahren werden kann.

leitet die Konzernkommunikation der in Hamburg ansässigen Reederei Hapag-Lloyd.

Wie groß fiel der Schaden an der „Al Jasrah“ letztlich aus?

Es wurden lediglich Container getroffen, die Struktur des Schiffs wurde nicht beschädigt, und es konnte seine Reise fortsetzen. Wenn etwa die Brücke des Schiffes getroffen würde oder die Motorenanlage, dann hätten wir ein massives Problem. Die psychische Belastung für alle, die an Bord waren, und auch für uns als verantwortliche Schifffahrtslinie ist aber immens.

Welchen Unterschied macht es, ob ein Schiff durch den Suezkanal oder um das Kap der Guten Hoffnung fährt?

Wenn wir in Singapur sind und ins östliche Mittelmeer fahren wollen, dann verdreifacht sich durch die Umfahrung die Strecke. Und statt 13 Tagen bräuchte ein Schiff dann 31 Tage. Das Gleiche gilt für eine Fahrt nach New York oder nach Washington. Wenn Schiffe sonst durch den Kanal fahren, brauchen sie ungefähr 10.000 nautische Meilen, künftig brauchen sie 12.500 und etwa sechs Tage mehr.

Was bedeutet das kostentechnisch?

Pro zusätzlichem Tag fällt zusätzlicher Treibstoff an. Das große Problem sind aber die Kapazitäten: Wenn ein Schiff für eine Strecke deutlich länger braucht, steht es dann nicht bereit, wenn es längst wieder woanders eingeplant ist.

Müssen Verbraucher also mit steigenden Preisen und Versorgungsengpässen rechnen?

Wir erwarten eine Verstopfung an den Häfen, die Schiffe werden mit Verspätung wohl alle gleichzeitig an den Häfen einlaufen. So dramatisch wie zu Covidzeiten wird das nicht ausfallen, aber wir rechnen damit, dass die Logistikketten nicht so funktionieren wie sonst. Bei den Kosten für die Verbraucher bin ich vorsichtig: Wenn ein T-Shirt beispielhaft 10 Euro kostet, dann fallen davon 5 bis 10 Cent für den Transport an. Die Schifffahrtskosten sind also ein geringer Anteil am Preis, und die Frachtkosten sind in den letzten Monaten grundsätzlich deutlich gesunken.

Gab es bisher für Schiffe, die das Rote Meer passieren müssen, seitens Hapag-Lloyd Sicherheitsvorkehrungen?

Das einzige Gebiet, in dem Schifffahrtslinien erhöhte Sicherheitsmaßnahmen haben, ist Richtung Somalia wegen der Pirateriegefahr. Aber Terrorangriffe auf Handelsschiffe waren bisher nicht üblich. Wir sehen das nun quasi täglich in den letzten zehn Tagen.

Die von Iran unterstützten Huthis geben an, Schiffe anzugreifen, die einen Bezug zu Israel haben. War das bei der „Al Jasrah“ der Fall?

Nein, es gibt keinen israelischen Eigner, keine israelische Besatzung und sie lief auch nicht Israel an.

Was fordern Sie jetzt von der Politik?

Wir wünschen uns, dass die Bundesregierung – oder noch besser ein internationales Bündnis – die Handelsschifffahrt so unterstützt, dass die Passage durch den Kanal wieder sicher ist. Ich wüsste nicht, wie man als Handelsschiff gegen Drohnen und professionelle Kriegswaffen vorgehen könnte. Die einzige Waffe, die wir an Board haben, ist eine Axt, um zur Not ein Fenster einschlagen zu können.

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