Rede zur Lage der Nation: Trump will Amerikanern Mut machen
Mit typisch amerikanischem Pathos hat Donald Trump seine erste Rede zur Lage der Nation hinter sich gebracht. Inhaltlich kam wenig Neues.
Die 80-minütige Rede war gespickt mit Pathos und viel Nationalstolz. Immer wieder wies der Präsident auf die Taten von im Publikum sitzenden Amerikanern hin, die dem amerikanischen Bild von Heldentum entsprächen. Mit seinen Forderungen nach hartem Durchgreifen, etwa im Kampf gegen die Opium-Epidemie in den USA und gegen Straßenkriminalität, traf er den Nerv vieler Anhänger seiner republikanischen Partei. Zudem nannte Trump ein Sammelsurium von Erfolgen – die Steuerreform, das Ende der unfairen Handelspolitik und der Schaffung neuer Arbeitsplätze – seiner Politik, die teilweise von seinem Vorgänger stammen oder keiner Faktenüberprüfung standhalten.
Viele derzeit in den USA heiß diskutierte Streitpunkte, darunter die Russland-Affäre oder das Freihandelsabkommen Nafta mit Mexiko und Kanada, erwähnte Trump dagegen mit keiner Silbe. Auch die Außenpolitik kam vergleichsweise kurz. Lediglich die Konfliktländer Nordkorea und Iran erwähnte er. Mit Blick auf die Lage in Nordkorea warnte Trump vor zu viel Selbstgefälligkeit und Zugeständnissen. Dies würde nur Aggression und Provokation schüren.
Statt neue Drohungen gegen Pjöngjang auszustoßen, griff der US-Präsident diesmal zu einem Propaganda-Instrument: Ein Flüchtling aus Nordkorea wurde demonstrativ im Saal mit tosendem Applaus gefeiert, als er seine Krücken in die Luft hielt. Trump forderte den Kongress zudem auf, mehr Geld für das Militär auszugeben. Das US-Atomwaffenarsenal müsse modernisiert und so gestärkt werden, „dass es jeden Akt der Aggression abschrecken wird“.
Zu den Kriegen und internationalen Krisen der USA äußerte sich Trump spärlich. Er sagte nichts zu Afghanistan, wo er die Truppenzahlen aufgestockt hat und wo in den letzten Tagen mehrere schwere Attentate stattgefunden haben. Hingegen beschrieb er den Kampf im Irak gegen IS als Erfolg. Versicherte, dass er weiter hart gegen die „Diktaturen im Iran, in Kuba, in Venezuela und in Nord Korea“ vorgehen werde.
US-Präsident Donald Trump
Er habe einen Erlass unterzeichnet, das Lager Guantanamo entgegen einer Anordnung seines Vorgängers Barack Obama offenzuhalten, sagte Trump. Terroristen seien nicht bloß Kriminelle, sie seien feindliche Kämpfer. „Und wenn sie im Ausland gefangen genommen werden, sollten wir sie wie die Terroristen behandeln, die sie sind“, sagte Trump. Er habe Verteidigungsminister James Mattis in dem Erlass zugleich beauftragt, die Inhaftierungspolitik des Militärs auf den Prüfstand zu stellen.
Bis zu 1,8 Millionen illegal ins Land gekommenen jungen Einwanderern will Trump eine Einbürgerung ermöglichen. Migranten, die bestimmte Anforderungen erfüllten und einen „guten moralischen Charakter“ hätten, sollten die Möglichkeit haben, die US-Staatsbürgerschaft zu erlangen, sagte Trump. Der Republikaner machte aber zugleich klar, dass er im Gegenzug Geld für den geplanten Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko wolle.
Das Weiße Haus hatte die Pläne für die Reform der Einwanderungspolitik in der vergangenen Woche vorgelegt. Sie sind höchst umstritten, weil sie die Abschaffung mehrerer Bestandteile des bisherigen Systems vorsehen. So will Trump etwa die sogenannte Greencard-Lotterie beenden, die Menschen aus vielen verschiedenen Ländern eine Chance auf eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in den USA gibt. In den nächsten Wochen muss er eine Einigung mit den Demokraten finden.
Im Publikum bei Trumps erster Rede zur Lage der Nation nach einem Jahr Amtszeit saßen die meisten Parlamentarier aus Abgeordnetenhaus und Senat sowie zahlreiche hochrangige Gäste. Auch Trumps Ehefrau Melania gehörte zu den Zuhörern. Die 47-Jährige, in den Umfragewerten zuletzt deutlich geklettert, bekam freundlichen Applaus. Seit den Enthüllungen einer Pornodarstellerin über ein Verhältnis mit Trump hatte sie sich nicht mehr zusammen mit ihrem Mann in der Öffentlichkeit gezeigt. Als er am Dienstagabend über Familienwerte sprach und die republikanischen Abgeordneten stehend applaudierten, blieb die First Lady sitzen.
Schwarz als Statement
Einige Abgeordnete der oppositionellen Demokraten – insbesondere Frauen und Afroamerikaner – waren aus Protest gegen Trumps Politik und gegen sein Auftreten der Rede ferngeblieben. Andere trugen Schwarz. Es war eine farbliche Sympathieerklärung an die „MeToo“-Bewegung und eine demonstrative Abkehr von dem Präsidenten. Als Gäste hatten einige Demokraten „Dreamer“ mitgebracht – junge Einwanderer, deren Aufenthaltsgenehmigungen in den USA im März ablaufen.
Trump betonte, es sei nicht genug, nur in Zeiten der Krise zusammenzustehen. „Heute Abend rufe ich alle von uns auf, unsere Differenzen beiseite zu legen, nach Gemeinsamkeiten zu suchen, und die Einigkeit zu erzielen, die wir brauchen, um den Menschen, die uns gewählt haben, zu dienen“, sagte der US-Präsident. Zuvor hatte er verdiente Amerikaner im Saal, darunter Polizisten und Militärs, für ihre Leistungen geehrt.
Der demokratische Kongressabgeordnete Joseph Kennedy, Enkel des früheren Senators Robert Kennedy, hielt vom Bundesstaat Massachusetts aus die offizielle Gegenrede der Demokraten. Die Präsidentschaft Donald Trumps sei ein Angriff auf das größte Ideal der Amerikaner: „Auf den Glauben daran, dass wir alle etwas wert sind, dass wir alle gleich sind und wir alle zählen“, betonte der 37-Jährige.
Trump machte erneut deutlich, dass er beim internationalen Handel keine Regelverletzungen dulden wolle. „Wir werden die amerikanischen Arbeiter und geistiges Eigentum der Amerikaner schützen, indem wir unsere Gesetze mit Stärke durchsetzen“, sagte Trump. Er kündigte zudem seine bereits erwartete Infrastrukturinitiative an und forderte den Kongress auf, mindestens 1,5 Billionen Dollar zur Verfügung zu stellen. Arzneimittelpreise müssten gesenkt werden, neue Medikamente müssten noch für der Einführung Schwerstkranken auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden dürfen.
Die US-Öffentlichkeit nahm Trumps Worte gespalten wahr. Während er sprach, fand vor dem Kongress eine linke Protestdemonstration statt. An zahlreichen Orten des Landes organisierten Frauengruppen, Gewerkschaften und Demokraten ihre eigenen Diskussionen zur Lage der Nation.
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