Rede von US-Präsident Obama: We will overcome

Barack Obama versucht seinen Landsleuten Mut zu machen. Er versichert, dass es keine US-Bodentruppen in Syrien geben wird.

Obama im Oval Office

Barack Obama bei seiner Ansprache im Oval Office. Foto: reuters

NEW YORK taz | In einer Mischung aus Kriegsrede und politischer Mahnung hat Barack Obama versucht, seinen Landsleuten Mut zuzusprechen. Vier Tage nach dem Massaker auf einem Weihnachtsfest in San Bernardino sagte er, auch mit Verweis auf andere Anschläge in den USA, darunter einen in einer Kaserne in Fort Hood und einen in einer Rekrutierungsstation in Chattanooga: „Der Terrorismus entwickelt sich in eine neue Phase“. Zugleich erinnerte er an Erfolge im „Krieg gegen den Terror“ – an die Tötung von Osama bin Laden sowie den Drohnenkrieg. Er mahnte vor Angst und anti-muslimischen Reaktionen und kündigte zusätzliche Reisekontrollen an. „Die terroristische Bedrohung ist real“, so Obama, „aber wir werden sie überwinden“. Der Anschlag von San Bernardino, bei dem 14 Menschen erschossen und 21 weitere verletzt wurden, hatte einige der schlimmsten Befürchtungen von Terrorismusexperten bestätigt. Die mutmaßlichen Täter hatten zuvor eine legale Existenz in den USA geführt: ein verheiratetes Pärchen mit einem sechsmonatigen Baby; er ein gebürtiger US-Amerikaner aus einer pakistanischen Familie, sie eine gebürtige Pakistanerin, die in Saudi-Arabien aufgewachsen und zum Heiraten vor wenigen Monaten eingereist war. Sie waren keiner Sicherheitsbehörde aufgefallen. Am Mittwoch kamen Syed F. und Tashleen M. bei einer Schießerei mit der Polizei, wenige Stunden nach dem Massaker, selbst ums Leben.

Seither ist in den USA die Angst vor weiteren Anschlägen gestiegen. Bei Umfragen befürchten über 80 Prozent weitere Attentate. Die Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidaten, allen voran der derzeitige Spitzenreiter Donald Trump und Nummer zwei Ted Cruz, schüren diese Ängste und verlangen eine Verstärkung der US-Militäreinsätze in Syrien und im Irak sowie eine Sonderbehandlung von muslimischen Einwanderern in den USA. Obama hat den Mördern von San Bernardino nicht den Gefallen getan, nach ihrer Aktion seine militärische Strategie zu verändern. Im Gegenteil: In seiner Rede vom Sonntag kündigte er die Fortsetzung dessen an, was die USA ohnehin tun: Einsätze von Spezialtruppen am Boden, Drohnen, die Zusammenarbeit mit den „engsten Alliierten – Frankreich, Deutschland und Großbritannien“ und auch die Führung einer Koalition von 65 Ländern. Allerdings beschrieb der Präsident das Vorgehen der USA mit martialischeren Worten als gewöhnlich. Er sagte: „Wir werden terroristische Verschwörer erjagen“. Und: „Wir werden IS-Führer herausnehmen“. Letzteres bedeutet: töten.

Sicherheit und Verantwortung

Es war Obamas dritte direkte Ansprache aus dem Oval Office. Zuvor hatte er das Büro nur für eine Rede anlässlich der größten Ölkatastrophe im Golf von Mexiko (die Explosion der BP-Bohrinsel Deepwater Horizon im Frühjahr 2010) und für eine weitere über den Abzug der US-Kampftruppen aus dem Irak benutzt. An diesem Sonntag sah er um Jahre älter aus und hatte tiefe Ränder unter den Augen.

Zu keinem Zeitpunkt zog der Präsident Parallelen zwischen San Bernardino und Attentaten im Ausland – wie jenen gegen Charlie Hebdo im Januar und jene vom 13. November in Paris. Er erwähnte auch nicht die beiden – offiziell mit den USA verbündeten – Länder Pakistan und Saudi-Arabien, aus denen die weibliche Attentäterin von San Bernardino kam, die am Tag des Massenmordes dem IS-Chef per Facebook ihre Treue schwor. Stattdessen sprach Obama von seiner eigenen Rolle im Anti-Terror-Kampf und über die Ängste seiner Landsleute. „In den zurückliegenden sieben Jahren war ich jeden Morgen mit der Entwicklung dieser Bedrohung konfrontiert“, sagte er. „Ihre Sicherheit ist meine größte Verantwortung. Und ich weiß, dass nach so viel Krieg viele Amerikaner fragen, ob dies ein Krebs ist, für den es keine unmittelbare Heilung gibt“. Zugleich lehnte der Präsident es ab, sich „erneut in einen langen und teuren Bodenkrieg im Irak oder in Syrien ziehen zu lassen“. Er warnte davor, den Antiterror-Kampf zu einem „Krieg zwischen Amerika und dem Islam“ werden zu lassen. Beides sei „das, was der IS will“. Er beschreib den IS als „Verbrecher und Killer. Als eine kleine Minderheit unter einer Milliarde Muslime weltweit“. In einer direkten Reaktion auf die anti-muslimischen Erklärungen von republikanischen Politikern in den vergangenen Tagen sagte Obama, dass die muslimische Gemeinschaft in den Anti-Terrorkampf einbezogen werden müsse, statt sie zu isolieren. Religiöse Tests für Muslime, misstrauische und hasserfüllte Sprache gegen Muslime und Diskriminierungen von Muslimen müssten vermieden werden, mahnte Obama. „Wir sind auf der richtigen Seite der Geschichte“, sagte der US-Präsident und erinnerte an ein paar Basics der US-Geschichte – allen voran die Religionsfreiheit: „Wir dürfen nie vergessen, was uns besonders macht. Der Glaube an die menschliche Würde. Ganz egal, wie jemand aussieht oder welche Religion er praktiziert, alle sind vor Gott und im Angesicht des Gesetzes gleich“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.