Rechtsstreits um Mietendeckel: Ein Deckel – viele Richter
Eine weitere Kammer des Berliner Landgerichts hält den Mietendeckel für verfassungsgemäß. Der Berliner Mieterverein fühlt sich bestätigt.
Zuvor hatte schon eine weitere Kammer das Gesetz für verfassungsgemäß erachtet. Eine gegenteilige Auffassung vertrat die 67. Kammer: allerdings in einem Fall, in dem eine Mieterhöhung noch vor dem Stichtag gefordert wurde. Die Entscheidung wurde dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
In Karlsruhe beschäftigen sich beide Senate mit dem Mietendeckel und prüfen, ob Berlin die Kompetenz besitzt, Mietpreise zu regulieren – oder ob dies einzig dem Bundesgesetzgeber über das Bürgerliche Recht obliegt, zu dem auch das Mietrecht gehört. Darüber hinaus wird geprüft, ob die Eingriffe in das Eigentum verhältnismäßig sind. Mit einer Entscheidung ist voraussichtlich im kommenden Jahr zu rechnen.
Der Berliner Mieterverein, der am Dienstag über den Stand der Verfahren informierte, hat auf Anfrage der Verfassungsrichter seine Stellungnahme zu dem Gesetz eingereicht. Er argumentiert darin, warum das Gesetz aufgrund der Lage am Wohnungsmarkt notwendig sowie zulässig ist.
Der Vereinsvorsitzende Rainer Tietzsch betonte Berlins Recht, Mietpreise öffentlich-rechtlich zu regulieren – dies sei über viele Jahrzehnte bis zum Beginn der 2000er Jahre normal gewesen. Mit der Föderalismusreform von 2006 sicherte sich der Bund nur in wenigen Punkten die Zuständigkeit im Bereich des Wohnungswesens, in allen anderen gebe es eine Länderhoheit.
Bayern bleibt Bayern
Dass das Bayerische Verfassungsgericht zuletzt ein Volksbegehren für einen Mietenstopp zurückwies, habe laut Tietzsch keine Auswirkung auf die Entscheidung über den Mietendeckel, gerade weil dieser mit der Einbindung von Bezirksämtern und der Senatsverwaltung klar öffentlich-rechtlich strukturiert sei. In Bayern sollten dagegen die Mieten eingefroren werden, was auch als – unzulässiges – „Scharfstellen der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches“ ausgelegt werden könnte.
Am „meisten Schwierigkeiten“ bei der Überprüfung des Mietendeckels wird laut Rainer Tietzsch die Möglichkeit der Mietabsenkung in bestehenden Verträgen machen, die ab November dieses Jahres möglich sein wird. Die Beanstandung einzelner Punkte müsse aber nicht dazu führen, dass das gesamte Gesetz für verfassungswidrig erachtet wird.
Laut Mieterverein-Geschäftsführer Reiner Wild ist es zudem unwahrscheinlich, dass Vermieter damit durchkommen, jetzt vereinbarte höhere Schattenmieten später nachzufordern. Doch die Praxis, neben der erlaubten Miete eine Zweitmiete in die Verträge zu schreiben, führe zu einer „massiven Verunsicherung“ der Mieter und Wohnungssuchenden. Der Mieterverein betreibe zurzeit zwei Klagen gegen Schattenmieten vor dem Amtsgericht und rechne mit einer ersten Entscheidung im Herbst.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart