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Rechtsstreit um US-AbschiebungenRückendeckung vom konservativen Gericht

Die konservative Mehrheit des Obersten Gerichtshofes urteilt ganz im Sinne von US-Präsident Donald Trump. Sie stoppt die Abschiebungen nach El Salvador nicht.

Gefängnis in El Salvador: „Erhebliches Risiko“ für die Betroffenen Foto: Salvador Melendez/ap

Berlin taz | US-Präsident Donald Trump hat vom konservativ besetzten Obersten Gerichtshof der USA einen juristischen Sieg beschert bekommen. Auf Antrag der Regierung hat das Gericht mit 5:4 Richterstimmen am Montag die Anordnungen eines Bezirksrichters aufgehoben, der Abschiebungen von Venezolanern nach El Salvador unter dem „Alien Enemies Act“ von 1798 vorläufig gestoppt hatte.

Dabei konstatiert das Gericht zwar, dass die Betroffenen selbstverständlich das Recht hätten, über ihre bevorstehende Abschiebung so rechtzeitig informiert zu werden, dass sie Rechtsmittel dagegen einlegen können. Das war aber bei den im März unter dem unbewiesenen Vorwurf der Bandenmitgliedschaft in das berüchtigte Cecot-Gefängnis ausgeflogenen über 200 Venezolanern nicht der Fall.

Um dieses Recht durchzusetzen, hätten die Betroffenen sich aber, befinden die Richter, nicht an das Bezirksgericht in Washington DC wenden dürfen, sondern an das Gericht am Ort ihrer Verhaftung, in diesem Fall Texas, wohin die Venezolaner aus allen Landesteilen zusammengezogen worden waren.

Damit nimmt der Supreme Court den Bezirksrichter James Boasberg, der seit über drei Wochen versucht, den Ausgeflogenen zu ihrem Recht zu verhelfen, endgültig aus dem Spiel – nur einen Tag vor einer weiteren, von ihm angesetzten Anhörung.

Die USA unter Trump

Im November 2024 gewann Donald J. Trump zum zweiten Mal eine Präsidentschaftswahl in den USA und amtiert seit Januar 2025 als 47. Präsident. Er treibt den Umbau öffentlicher Einrichtungen und einen Kurswechsel in der Außenpolitik voran.

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Minderheitenvotum nimmt die Entscheidung auseinander

Allerdings bezweifelte das Gericht nicht, dass der Alien Enemies Act (AEA), nach dem in Kriegszeiten Staatsangehörige der verfeindeten Nation auf US-Boden inhaftiert oder ausgewiesen werden können, überhaupt angewandt werden darf. Das hatte Trump mit einem Dekret vom 15. März so angeordnet, als er erklärte, die Gang Tren de Aragua stelle eine kriegerische Organisation dar und ihre Anwesenheit auf US-amerikanischem Boden eine Invasion von Seiten Venezuelas. Warum das richtig sein sollte, erklärt die Richtermehrheit in ihrer kurzen Stellungnahme nicht.

Sie verweisen im Gegenteil darauf, dass gerade angesichts der Tatsache, dass Entscheidungen, die unter Anwendung des AEA getroffen werden, nur sehr beschränkt angefochten werden dürfen, und eben lediglich die Möglichkeit zur Haftprüfung verpflichtend sei.

Wesentlich länger als die Entscheidung der Mehrheit fällt die abweichende Meinung der liberalen Richterin Sonia Sotomayor aus. Sie beschreibt detailliert, wie die Regierung offenbar bewusst so vorgegangen war, dass die Venezolaner sich bereits Richtung El Salvador unterwegs befunden hätten, bevor irgendein Gericht die Chance hatte, über die Rechtmäßigkeit zu entscheiden.

Trump feiert Urteil als Sieg

Dabei sei deutlich, dass die Deportation in das Cecot-Hochsicherheitsmassengefängnis das außerordentlich hohe Risiko berge, dass die Betroffenen ernsthaften Schaden nehmen. Die Entscheidung der Mehrheit, in den an Richter Boasbergs Kammer laufenden Prozess einzugreifen, sei ebenso unverständlich wie gefährlich.

Neben ihren beiden liberalen Richterkollegen schloss sich auch die konservative Richterin Amy Cony Barrett großen Teilen von Sotomayors Minderheitenmeinung an.

Donald Trump und seine Justizministerin Pam Bondi feierten das Urteil als großen Sieg. Trump schrieb auf seiner Plattform Truth Social, es sei „ein großer Tag für die Gerechtigkeit in Amerika“. Bondi schrieb: „Ein aktivistischer Richter in Washington hat nicht das Recht, Präsident Trumps Außenpolitik zu kontrollieren.“

Heimatschutzministerin Kristi Noem schrieb: „Präsident Trump hat erneut RECHT bekommen.“ Offenbar an Mi­gran­t*in­nen gerichtet fügte sie hinzu: „GEHEN SIE JETZT WEG oder wir werden Sie verhaften, wegsperren und abschieben.“

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9 Kommentare

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  • Die Entscheidung ist eine echte Karastrophe. Seit heute existieren die USA damit nicht mehr als Rechtsstaat. Denn der Supreme Court hat mitten im Frieden das Kriegsrecht von 1798 für anwendbar erklärt und damit willkürliche Verhaftungen erlaubt. Wer Staatsfeind ist, bestimmt der Staat. Trump darf sich dabei den Richter aussuchen, vor dem verhandelt wird, indem er einfach das Lager in dessen Bezirk legt. Ich kann mir vorstellen, dass es bei Texas bleibt und dass die Lager rasch größer werden.

    • @hedele:

      Die in Boston in Massachussets von ICE-Beamten vor einigen Wochen verhaftete türkische Studentin wurde auch noch am selben Abend über 2000 km entfernt nach Louisiana in ein Abschiebelager gebracht, und zwar entgegen der sofort ergangenen Gerichtsentscheidung, sie dürfe nicht aus Massachussets herausgebracht werden. Das haben viele nicht mitbekommen, weil die allererste Meldung nach der Verhaftung war, man wisse nicht, wo sie sich aufhält. Das wurde dann tagelang so weiterberichtet, obwohl in den amerikanischen Medien noch am selben Abend die Meldung kam, sie sei den Behörden zufolge in das Lager in die Südstaaten gebracht worden. Die müssen sofort nach der Verhaftung mit ihr losgefahren sein, ohne die Gerichtsentscheidung in Boston überhaupt abzuwarten. Wie in Sachsen.

  • Das ist eine tolle Entwicklung, Amy Cony Barrett folgt der katholischen Soziallehre eher als der MAGA-Doktrin und stellt sich jetzt schon zum zweiten Mal gegen Trump, der sie im Rosengarten ernannt hatte.

  • "Die konservative Mehrheit des Obersten Gerichtshofes urteilt ganz im Sinne von US-Präsident Donald Trump. Sie stoppt die Abschiebungen nach El Salvador nicht."



    Das was ich befürchtet aber nicht wirklich angenommen habe, ist passiert. Der Donald hat mit seiner Richterauswahl ausgezeichnete Vorarbeit für die Autokratie geleistet.

  • Liebe Amis,



    Was habt ihr euch selbst und der Welt angetan, den gemeinsten und widerwärtigsten von euch zum Staatsoberhaupt zu wählen?

  • Angesichts dessen, möchte ich nur jedem Menschen davon abraten, in die USA zu reisen.



    Es waren ja schon mehrfach EU-Bürger, auch Deutsche, wochenlang in diesen Lagern eingesperrt.



    Wenn es "dumm läuft", findet sich der EU-Bürger am Ende in irgendeinem ausländischen Gefängnis irgendwo auf der Welt wieder - ohne Rechtsweg, ohne Hoffnung, jemals wieder frei zu kommen.

    • @Dr Regina:

      So ein Quatsch.



      Auch wenn man es aus Dtl. anders gewöhnt ist, werden Visavergehen in den USA schon immer hart geahndet.

      • @OldFrank:

        Die Leute hatten ja Visa und waren völlig legal in den USA. Das ist ja gerade der Clou bei dem Alien Act. Auf Visa kommt es nicht an, wer zum Feind erklärt wird, kann deportiert werden.

        • @Günter Picart:

          Mein Post bezog sich auf Deutsche, die zuvor erwähnt wurden. Diese hatten sich massiver Visavergehen schuldig gemacht wie z.B. mit Touristenvisum bzw. EsTA in den USA gearbeitet.