Rechtsstreit um US-Abschiebungen: Rückendeckung vom konservativen Gericht
Die konservative Mehrheit des Obersten Gerichtshofes urteilt ganz im Sinne von US-Präsident Donald Trump. Sie stoppt die Abschiebungen nach El Salvador nicht.
Dabei konstatiert das Gericht zwar, dass die Betroffenen selbstverständlich das Recht hätten, über ihre bevorstehende Abschiebung so rechtzeitig informiert zu werden, dass sie Rechtsmittel dagegen einlegen können. Das war aber bei den im März unter dem unbewiesenen Vorwurf der Bandenmitgliedschaft in das berüchtigte Cecot-Gefängnis ausgeflogenen über 200 Venezolanern nicht der Fall.
Um dieses Recht durchzusetzen, hätten die Betroffenen sich aber, befinden die Richter, nicht an das Bezirksgericht in Washington DC wenden dürfen, sondern an das Gericht am Ort ihrer Verhaftung, in diesem Fall Texas, wohin die Venezolaner aus allen Landesteilen zusammengezogen worden waren.
Damit nimmt der Supreme Court den Bezirksrichter James Boasberg, der seit über drei Wochen versucht, den Ausgeflogenen zu ihrem Recht zu verhelfen, endgültig aus dem Spiel – nur einen Tag vor einer weiteren, von ihm angesetzten Anhörung.
Im November 2024 gewann Donald J. Trump zum zweiten Mal eine Präsidentschaftswahl in den USA und amtiert seit Januar 2025 als 47. Präsident. Er treibt den Umbau öffentlicher Einrichtungen und einen Kurswechsel in der Außenpolitik voran.
Minderheitenvotum nimmt die Entscheidung auseinander
Allerdings bezweifelte das Gericht nicht, dass der Alien Enemies Act (AEA), nach dem in Kriegszeiten Staatsangehörige der verfeindeten Nation auf US-Boden inhaftiert oder ausgewiesen werden können, überhaupt angewandt werden darf. Das hatte Trump mit einem Dekret vom 15. März so angeordnet, als er erklärte, die Gang Tren de Aragua stelle eine kriegerische Organisation dar und ihre Anwesenheit auf US-amerikanischem Boden eine Invasion von Seiten Venezuelas. Warum das richtig sein sollte, erklärt die Richtermehrheit in ihrer kurzen Stellungnahme nicht.
Sie verweisen im Gegenteil darauf, dass gerade angesichts der Tatsache, dass Entscheidungen, die unter Anwendung des AEA getroffen werden, nur sehr beschränkt angefochten werden dürfen, und eben lediglich die Möglichkeit zur Haftprüfung verpflichtend sei.
Wesentlich länger als die Entscheidung der Mehrheit fällt die abweichende Meinung der liberalen Richterin Sonia Sotomayor aus. Sie beschreibt detailliert, wie die Regierung offenbar bewusst so vorgegangen war, dass die Venezolaner sich bereits Richtung El Salvador unterwegs befunden hätten, bevor irgendein Gericht die Chance hatte, über die Rechtmäßigkeit zu entscheiden.
Trump feiert Urteil als Sieg
Dabei sei deutlich, dass die Deportation in das Cecot-Hochsicherheitsmassengefängnis das außerordentlich hohe Risiko berge, dass die Betroffenen ernsthaften Schaden nehmen. Die Entscheidung der Mehrheit, in den an Richter Boasbergs Kammer laufenden Prozess einzugreifen, sei ebenso unverständlich wie gefährlich.
Neben ihren beiden liberalen Richterkollegen schloss sich auch die konservative Richterin Amy Cony Barrett großen Teilen von Sotomayors Minderheitenmeinung an.
Donald Trump und seine Justizministerin Pam Bondi feierten das Urteil als großen Sieg. Trump schrieb auf seiner Plattform Truth Social, es sei „ein großer Tag für die Gerechtigkeit in Amerika“. Bondi schrieb: „Ein aktivistischer Richter in Washington hat nicht das Recht, Präsident Trumps Außenpolitik zu kontrollieren.“
Heimatschutzministerin Kristi Noem schrieb: „Präsident Trump hat erneut RECHT bekommen.“ Offenbar an Migrant*innen gerichtet fügte sie hinzu: „GEHEN SIE JETZT WEG oder wir werden Sie verhaften, wegsperren und abschieben.“
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