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Rechtsruck in RumänienParlamentswahl stärkt Rumäniens Ultrarechte

Die Rechtsradikalen gewinnen bei den rumänischen Parlamentswahlen an Zustimmung. Die Sozialdemokratische Partei ist die Kraft mit den meisten Stimmen.

Die Wahlbeteiligung in Rumänien war höher als noch vor vier Jahren Foto: Andreea Alexandru/AP/dpa

Berlin taz | Bei den am Sonntag stattgefundenen Parlamentswahlen in Rumänien führt die regierende Sozialdemokratische Partei (PSD). Laut vorläufigem amtlichen Endergebnis stimmten für die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu rund 23 Prozent der über neun Millionen Wählern und Wählerinnen.

Auf Platz zwei steht die rechtsradikale Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR). Für die AUR des ultrarechten George Simion haben 18 Prozent gestimmt. Hinzukommen zwei weitere rechtsradikale Parteien, die in das Parlament einziehen werden: die Gruppierung SOS-Rumänien mit fast acht Prozent und die Partei der Jungwähler (POT) mit etwa sieben Prozent. Die Rechtsradikalen verfügen demnach in den beiden Parlamentskammern, dem Abgeordnetenhaus und dem Senat, über 30 Prozent der 446 Sitze.

Die in die derzeitige Regierungskoalition eingebundene National-Liberale Partei (PNL) bekam 14 Prozent der Stimmen. Für die neoliberale Technokratenpartei Union Rettet Rumänien (USR), der Präsidentschaftskandidatin Elena Lasconi, stimmten nur 12 Prozent und die Abgeordneten des Demokratischen Verbandes der Rumänienungarn (UDMR) erhielten sechs Prozent der Stimmen.

Von den über 30 Parteien, die sich am Urnengang beteiligt hatten, werden die Abgeordneten von sechs Parteien in das Parlament ziehen. Die Vertreter der traditionellen Parteien versuchten am Wahlabend die Koalitionsfrage mit rhetorischen Spitzfindigkeiten zu umgehen.

Lasconi hofft auf Präsidentschaft

Ein Zusammengehen mit den Rechtsradikalen schlossen diese zum Teil zerstrittenen Parteien aus. Die Neoliberale Elena Lasconi von der USR, die darauf hofft, in der Stichwahl am nächsten Sonntag zur neuen Staatspräsidentin gewählt zu werden, versprach, „die Rumänen zu einigen“.

Ähnliche Versprechungen machte auch der ultrarechte George Simion. Er versicherte, „die Rumänen, die gegen das Niederreißen der christlichen Fahne“ gestimmt haben, nicht zu enttäuschen. Dass im öffentlichen Diskurs nur von Rumänen die Rede ist, und nie von Rumäninnen, gehört zur offiziellen Standardsprache.

Auch der noch amtierende Staatspräsidenten Klaus Johannis sprach am Freitag von „Rumänen“, an deren Vernunft er appellierte, demokratisch zu wählen. Dies auch im Hinblick auf die Stichwahl am nächsten Sonntag, in der sich Elena Lasconi (19,18 Prozent im ersten Wahlgang) und der rechtsgerichtete, parteiunabhängige Călin Georgescu (22,94 Prozent) gegenüberstehen.

Rechte mobilisieren für Georgescu

Das oberste Gericht des Landes hatte eine Neuauszählung der Stimmen angeordnet. Das Ergebnis der Neuauszählung der über neun Millionen Stimmen wurde am Montag nach Redaktionsschluss bekanntgegeben. Es ist anzunehmen, dass die erste Runde der Präsidentschaftswahl nicht annulliert wird und somit am nächsten Sonntag die Stichwahl termingerecht stattfindet.

George Simion kündigte inzwischen an, am Dienstag eine Zusammenkunft der „Souveränisten“ einzuberufen, um die Strategie der rechten Parteien festzulegen. Alle rechtsradikalen Parteien riefen ihre Anhängerschaft auf, im zweiten Wahlgang für Georgescu zu stimmen.

Einen ähnlichen Aufruf veröffentlichten auch über 40 nationalistische und christlich-fundamentalistische Gruppen. Laut rumänischer Verfassung ernennt der Präsident den zukünftigen Premier. Ob Georgescu als eventueller neuer Staatschef der Ernennung eines Sozialdemokraten zum Ministerpräsidenten zustimmen wird, ist unklar.

Probleme mit den Sozialdemokraten hätte allerdings auch eine neoliberale Präsidentin Lasconi. Deren Partei hat in den vergangenen Jahren die Sozialdemokraten als „rote Pest“ dämonisiert.

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