Rechtsradikales Buch in Bestsellerliste: „Spiegel“ streicht „Finis Germania“
Die Zeitschrift hat das Buch von ihrer Bestsellerliste genommen. Die Empfehlung eines Spiegel-Redakteurs hat es erst so bekannt gemacht.
Die Chefredaktion des Spiegels hat entschieden, das Werk von Rolf Peter Sieferle „Finis Germania“ nicht mehr auf ihrer Sachbuchbestsellerliste anzuführen. Auf Platz 6 war der Band aus dem neurechten Verlag Antaios um Götz Kubitschek zuletzt geführt. Das Buch sei „rechtsradikal, antisemitisch und geschichtsrevisionistisch“, erklärt Susanne Beyer, stellvertretende Chefredakteurin. Man hätte deswegen das Buch ab Heft 30 von der Liste heruntergenommen, schreibt sie in einer Erklärung.
Der Erfolg des Buches begann im Juni mit der Platzierung auf der Sachbuchliste des Monats von NDR und Süddeutscher Zeitung. Auf den knapp 100 Seiten führt Sieferle aus, dass Auschwitz der „letzte Mythos einer durch und durch rationalisierten Welt“ sei, der jenseits einer Diskussion stehen würde. Er wandte sich gegen „Kollektivschuld“ und den „Aufruf zur permanenten Buße“. Sieferle selbst nahm sich 2016 das Leben.
„Vom Schandfleck des ewigen Nazis“ wäre die Welt erst dann gereinigt, „wenn die Deutschen vollständig verschwunden“ seien, meinte Sieferle und polemisierte im Geiste des Vorwurfs der „Holocaust-Religion“, ohne den Begriff selbst zu verwenden. Der Historiker Volker Weiß resümierte unlängst, dass das „Traktat“ den „Jargon klassischer Antisemiten“ bediene, indem es einen „Antigermanismus“ ausmacht, der von „den Juden“ mit betrieben würde.
Auf die Empfehlungsliste von NDR und SZ war das Buch auf Betreiben des damaligen Jurymitgliedes und Spiegel-Redakteurs Johannes Saltzwedel gelangt. Der Spiegel verschweigt in der Stellungnahme die Rolle seines Redakteurs nicht. Weist aber auch darauf hin, dass Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer erklärte: „Ich habe nach der Lektüre der wesentlichen Kapitel kein Verständnis dafür, dass der Kollege Saltzwedel dieses Buch empfohlen hat“. Er begrüßte, dass der Redakteur aus der Jury austrat.
Durch die Debatte schoss das Buch auf Platz 1 der Bestsellerliste bei Amazon. Danach rückte es in die Spiegel-Bestsellerliste. Hier entscheiden die Verkaufszahlen. Der Spiegel will nun den „Verkauf eines solchen Buches nicht befördern“, so Beyer.
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