Rechtspopulismus in Schweiz: Kampagne gegen "deutschen Filz"
Die Schweizer Volkspartei schreckt bei ihrer Kampagne vor veralteten und manipulierten Zahlen nicht zurück. Vertreter der Bildungseinrichtungen setzen sich zur Wehr.
Die von der rechtspopulistischen "Schweizer Volkspartei" (SVP) lancierte ausländerfeindliche Hetzkampagne gegen einen angeblichen "deutschen Filz" an der Universität Zürich schlägt zumindest in der Deutschschweiz weiterhin hohe Wellen. Aktiv betrieben wird die antideutsche Propaganda von der SVP-nahen Zeitschrift Weltwoche und ihrem Chefredakteur Roger Köppel, der diese Funktion bis vor einiger Zeit bei Springers Welt innehatte.
Laut Köppel ist der Zürcher Medizinhistoriker und SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli "einer der Drahtzieher der Kampagne" gegen den "deutschen Filz". Mörgeli bewirbt sich derzeit in Konkurrenz zu mehreren deutschen KandidatInnen um die Leitung des Medizinwissenschaftlichen Instituts der Universität.
In einem Zeitungsinserat zur Zürcher Kommunalwahlen am 7. März hatte die SVP Mitte Dezember "ausländische Ellbögler" an den Universitäten attackiert, die angeblich Schweizer verdrängten. "Deutsche stellen vor allem Deutsche ein - an der Uni und in den Spitälern", hieß es in dem Inserat.
Regine Aeppli, Präsidentin des für die Besetzung sämtlicher Lehr- und Forschungspositionen zuständigen Universitätsrats und zugleich Bildungsdirektorin der Stadt Zürich, wies die SVP-Behauptung inzwischen als " ziemlich übel" zurück. Die SVP betreibe "reine Wahlkampfrhetorik, die fremdenfeindliche Gefühle und Ressentiments gegen Intellektuelle schüren soll".
Die Bildungspolitikerin Kathy Riklin, Nationalrätin der bürgerlichen "Christlichen Volkspartei" (CVP) und ebenfalls Mitglied des Universitätsrats, wies darauf hin, dass sämtliche Stellen "international ausgeschrieben werden". Allein entscheidend sei die wissenschaftliche Qualifikation der BewerberInnen. Bei gleicher Qualifikation würden SchweizerInnen "vorgezogen". Riklin kritisierte, die SVP habe "ihre Behauptung ohne konkreten Beweis in die Welt gesetzt".
Darüberhinaus hat die SVP, wie jetzt bekannt wurde, die in ihrem Wahlkampfinserat benutzte Statistik über die Gesamtzahl und den prozentualen Anteil der Deutschen auf Zürcher Uni-Stellen sogar manipuliert und veraltete Zahlen benutzt. Vor der öffentlichen Stellungnahme der beiden Mitglieder des Universitätsrats hatten bereits 207 ProfessorInnen der Universität sowie der Eidgenössischen Hochschule (ETH) Zürich in einer gemeinsamen Zeitungsanzeige erklärt: "Die rassistische und fremdenfeindliche Rhetorik, Ideologie und Politik der SVP torpediert die Ausbildung unserer Jugend und setzt unsere Zukunft aufs Spiel."
Unbeeindruckt von allen Fakten und sachlichen Richtigstellungen stellte sich Weltwoche-Chef Köppel in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift hinter die antideutsche Heimatschutz-Kampagne der SVP und verklärte sie zu einem "Ruf nach mehr Weltoffenheit".
Rechtspopulistische Intellektuelle in der Schweiz haben bei Bedarf immer schon deutschfeindliche Stimmungen geschürt und bedient - auch vor dem deutlichen Anstieg der Zahl der Deutschen in der Schweiz seit Inkrafttreten des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU vor drei Jahren. Schon vor zehn Jahren beschimpften Mörgeli und sein damaliger Mentor, Weltwoche-Redakteur Hans-Peter Born zum Beispiel, deutsche Journalisten, die in Schweizer Medien auftraten, als "unerwünschte Oberlehrer aus Deutschland". Mörgeli attackierte einen deutschen Auslandskorrespondenten auf der offiziellen Homepage der SVP mit zahlreichen falschen Behauptungen - und weil er mit einem angeblichen hässlichen kölschen Akzent das schöne Schweizerdeutsch versaue.
Leser*innenkommentare
clementine
Gast
Ich finde das hat was: Deutsche als Opfer von Ausländerfeindlichkeit. Man müsste den Schweizern fast dankbar sein, dass Bundesbürger diese Erfahrung auch einmal machen dürfen.
Jürgen Gojny
Gast
Deutschland hat das Copyright auf Faschismus. Das nun die Nachfahren der braunen Originale die gleiche Medizin zu schmecken bekommen "ist gut so"! (Anm. Wowi-Zitat).
aso (für den Dau: Akronym=achso)
Gast
@ Fawkrin:
„...Islamfeindlichkeit und Ausländerhass...?“:
Artikel nicht gelesen?
Weder geht es um den Islam, noch um Ausländerhaß.
Vielmehr um antideutsche Propaganda, die deutschfeindliche Stimmungen schüren soll.
Bitte erläutern Sie, an welcher Stelle Sie da einen Faschismus sehen?
Andre
Gast
Die größte Ironie an dem ganze ist, dass seit Jahren die meisten Plakate der SVP durch den deutschen Alexander Segert, Chef der Werbe- und PR-Agentur Goal, entworfen werden.
Antibalkanitis
Gast
Man spricht mittlerweile von Alpenrassismus (oder Alpenfaschismus?)
Der Balkan kommt uns immer näher ;-)
Italien war eh schon immer dabei, Ungarn und die Slowakei waren leicht einzuholen, Slowenien stellt sich in letzter Zeit eh recht balkanisch an, Kärnten ist eines der Urländer des Balkan und hat mittlerweile ganz Österreich verpestet. Ja, und die Schweizer scheint das Virus auch angesteckt zu haben.
Hilfe, wir brauchen eine Impfung, so schnell wie möglich!
eZe
Gast
Rassismus ist keine Meinung, sondern eine Krankheit.
Karl Kraus
Gast
Österreich: Versuch, Asylsuchende ohne Recht auf Verlassen des Lagers zu internieren.
Italien: Pogrome gegen Afrikaner.
Schweiz: Minarettbauverbot von der Landbevölkerung, die keine Minarette hat und weitere Hetze.
Niederlande: Seit Jahren hoch gespannte Atmosphäre gegenüber islamischen Mitbürgern.
Deutschland: Dauerhetze gegen alles und jeden, der Hilfe braucht (faschistoide Parasitenmetapher); Dauerthematisierung und damit psychologische Überbewertung krimineller Ausländer.
Na, hammwer wieder Langeweile? Angst? Zu schwaches Ego?
Schlechterjournalismus
Gast
immer wieder diesen schlechten journalismus... von wo haben sie denn die info, dass die zahlen veraltet und manipuliert sind? was fakt ist; ist dass das jahr 09 nicht berucksichtigt wurde, doch da schon von manipulation sprechen zu wollen?! ich finde es viel beschaemender als medium solchen unfug in die welt zu versetztn!!
Fawkrin
Gast
Per Islamfeindlichkeit und Ausländerhass wird der Faschismus wieder salonfähig gemacht. Funktioniert schon in der Schweiz und Italien.
Gut ist: die TAZ wirft ein ein kritisches Auge drauf!
iBot
Gast
Die SPD hat also anno 2003 den Kniff erfunden, veraltete oder manipulierte Zahlen/Fakten zur Berechnungsgrundlage eines Gesetzes zu machen...die sind ja politische Genies!
fidel
Gast
da hat die svp ja prima von der spd gelernt. die haben auch überholte daten für die grundlagen der
harz4-berechnungen genommen. hier wie da muß halt
das richtige rauskommen. tja, und hie und da sind die bertelsmänner dabei.
Irma
Gast
perle, das ist toll: mörgeli = nörgeli.
sollten wir zum schweizer wortspiel des jahres wählen.
Perle
Gast
Nörgeli
Jan
Gast
Das Plakat in dem Titelfoto hätte sich Goebbels nicht besser ausdenken können!