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Rechtspolitiker zu Polizei-Kinderpornos„Kein einziges Kind missbraucht“

Die Polizei soll am Computer Kinderpornografie produzieren dürfen. SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner erläutert, wie.

Screenshot der Login-Seite einer Kinderpornografie-Plattform am Rande einer BKA-Pressekonferenz Foto: Arne Dedert/dpa
Christian Rath
Interview von Christian Rath

taz: Herr Fechner, am Freitag will der Bundestag der Polizei erlauben, selbst Kinderpornografie herzustellen. Sollte die Polizei nicht besser gegen die kriminellen Hersteller von Kinderpornografie ermitteln?

Johannes Fechner: Darum geht es doch! Kinderpornografie wird in streng abgeschlossenen Zirkeln im Darknet getauscht. Zugang bekommt nur, wer selbst etwas anbietet. Man nennt das üblicherweise „Keuschheitsprobe“. Damit speziell geschulte Polizisten Zugang zu diesen Internetforen bekommen, wollen wir ihnen erlauben, Kinderpornografie am Computer zu erzeugen und an andere weiterzugeben. Dabei wird natürlich kein einziges Kind missbraucht.

Klingt nach Science Fiction. In wie vielen Jahren soll die Technik denn einsatzbereit sein?

Bei Fotos ist die Technik schon ziemlich weit. Ich rechne damit, dass die Polizei die neuen Möglichkeiten schon dieses Jahr nutzen kann. Die Produktion von Videos, die nicht jeder sofort als Trickfilm erkennt, ist natürlich schwieriger. Das wird wohl noch einige Jahre dauern.

Susie Knoll
Im Interview: Johannes Fechner

ist rechtspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag. Beruflich ist er als Rechtsanwalt tätig.

Dann werden die Darknetforen doch künftig einfach Videos als Keuschheitsprobe verlangen. Was ist dann gewonnen?

Die Polizei sagt uns, dass solche Foren auch künftig überwiegend Fotos verlangen werden und keine Videos. Das zeige die Entwicklung in Ländern wie den USA, Australien und Belgien, wo die Polizei heute schon computergenerierte Kinderpornografie einsetzen darf.

Warum muss die Polizei neue Kinderpornografie herstellen, sie hat doch Unmengen beschlagnahmter Fotos und Videos?

Es ist den betroffenen Kindern und Jugendlichen nicht zuzumuten, dass Bilder ihres Missbrauchs weiter kursieren und auch noch von der Polizei in Umlauf gebracht werden.

Darf die Polizei bei der Herstellung der computergenerierten Kinderpornografie Bilder real missbrauchter Kinder verwenden?

Nein, das wird im Gesetz so festgeschrieben.

Die künstliche Intelligenz, die solche fiktive Kinderpornografie erzeugt, muss doch aber trainiert werden. Wollen Sie auch dabei keine realen Bilder missbrauchter Kinder benutzen?

Doch, aber es ist ja nur das Training der Systeme, nicht die Herstellung von Kinderpornografie. Aus den so erzeugten Bildern werden keinerlei Rückschlüsse auf irgendeine reale Person möglich sein.

Ist das alles ein Zugeständnis der SPD an die CDU/CSU?

Nein, das ist auch die Position der SPD. Hier gibt es keinen Dissens.

Aber muss das wirklich sein, dass die Polizei solche Bilder verbreitet? Bisher sind Ermittler doch auch immer wieder in solche Foren hineingekommen, meist indem ihnen ein erwischter Täter seine Passwörter gegeben hat, um Strafmilderung zu erlangen.

Solche Möglichkeiten hat man aber nicht immer.

Geht es vielleicht auch darum, einen Präzedenzfall zu schaffen, dass verdeckte Ermittler Straftaten begehen dürfen?

Das ist kein Präzedenzfall. Die Regelung, die wir jetzt beschließen, ist strikt auf die Bekämpfung von Kinderpornografie beschränkt.

Mag sein, aber die Polizei wird bald argumentieren, dass verdeckten Ermittlern auch bei der Terrorabwehr kleinere Straftaten erlaubt werden sollten, damit sie nicht auffallen.

Das ist reine Spekulation.

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6 Kommentare

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  • Wäre es nicht sinnvoller, Menschen mut pädosexuellen Neigungen künstlich erzeugte Kinderpornos gezielt und legal als Möglichkeit anzubieten, ihre Neigung auszuleben, ohne dass dafür ein Kind zu Schaden kommt?

  • 9G
    90564 (Profil gelöscht)

    wenn bei der produktion von KiPo kein kind mehr zu schaden kommen muss, wieso ist diese KiPo, bei deren produktion kein kind zu schaden kommt dann strafbar?

  • ist mir grundsätzlich unnötig zu streng. Egal woher die Bilder kommen, hier heiligt der Zweck die Mittel . Punkt nochmal.

  • Naheliegende Frage wäre außerdem gewesen: Wenn bei jemandem außerhalb des Polizeidienstes das künstlich erzeugte Material gefunden wird - hat diese Person dann mit Strafverfolgung zu rechnen ... ?

    • @Hannes Hegel:

      Eine interessante Frage, die in dieser Form ("gemorphte" Bilder) wohl noch nicht entschieden ist.

      Bislang wurde bei computergenerierten Abbildungen, die deutlich als solche zu erkennen sind, eine eher ablehnende Haltung eingenommen.

      Nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist das Herstellen und/oder Verbreiten solcher Abbildungen immer strafbar.



      Beim ausschließlichen Besitz hingegen wird eine Anwendung dieses Paragrafenabschnitts abgelehnt und auf § 184b Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 184b Abs. 3 verwiesen. Demnach muss ein "tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen" wiedergegeben werden.

      "Tatsächlich" ist ein gemorphtes Bild definitiv nicht, aber als "wirklichkeitsnah" wird man es sicherlich bezeichnen können - zumal es hier nach der Rechtsprechung ausreicht, wenn der Besitzer auch nur subjektiv annimmt, es handle sich um ein "echtes" Bild.

      Deshalb denke ich, eine Strafverfolgung wäre nicht nur denkbar, sondern überaus wahrscheinlich.

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @Cerberus:

        Jeder der clever ist wird bei der Vernehmung angeben, dass er die Bilder für computergeneriert, also nicht "Tatsächlich" hält. Außerdem stellt sich die Frage wo die Grenzlinie für "wirklichkeitsnah" gezogen wird. Ein paar mögliche Hickups im Detail quasi.

        Die neue Polizeistrategie finde ich i.O. .. Wenn man diese Methoden benötigt um diese Probleme in den Griff zu kriegen, dann sollte man sie nicht ablehnen, weil Sie anders verwendet werden könnten wenn man entscheidende Worte im Gesetzestext austauscht. Weil das klappt mit jedem Gesetz ;-)