Rechtsextremismus in der Slowakei: Haftstrafe für Kotleba
Der Abgeordnete Marián Kotleba wird wegen Nazipropaganda zu vier Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Er will in Berufung gehen.

Seinen Platz auf der Hinterbank im Parlament an der Donau wird Kotleba nun womöglich gegen eine Gefängnispritsche hinter den Bergen eintauschen müssen: Am Montag dieser Woche verurteilte das Spezialgericht in Pezinok den Abgeordneten Kotleba zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren und vier Monaten.
Richterin Růžena Szabová, die Anfang September mit einem Freispruch im Prozess um den Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Verlobter für Aufsehen gesorgt hatte, befand Kotleba der Nazipropaganda für schuldig.
Zur Feier des Jahrestages der „Vereinigung“ der Slowakei mit Nazideutschland, wie die „Kotlebianer die endgültige Zerschlagung der Tschechoslowakei 1939 nennen, hatte Kotleba am 14. März 2017 öffentlich und mit breitem Grinsen, jeweils Schecks in Höhe von 1.488 Euro an drei bedürftige Familien verteilt.
Verborgene Nachricht
Hinter dieser Zahl, so fand das Gericht, verberge sich die Nachricht: „Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für die weißen Kinder sichern. Heil Hitler.“ Die 88 ist klar, die 14 steht als Code für die zitierten 14 Wörter des US-Neonazis David Lane, die als Glaubensbekenntnis von Nazis und Rassisten weltweit gelten.
„Das ist ein politisches Urteil“, ereiferte sich Kotleba und kündigte sofort nach Urteilsverkündung an, in Berufung zu gehen. Das Gericht habe alle seine Argumente ignoriert.
In seiner fast achtstündigen Rede vor Gericht wusch Kotleba seine Hände in Unschuld. Eine Summe von 1.488 Euro sei völlig geläufig, außerdem habe das Gericht diese Summe in zwei verschiedene Zahlen aufgeteilt und überhaupt sei das alles Zufall. Die ganze Klage sei konstruiert, schimpfte Kotleba. Mit einer Gefängnisstrafe habe er nicht gerechnet, eher mit einem Freispruch, gab Kotleba nach dem Prozess zu.
Ob das Urteil demnächst rechtskräftig wird, muss erst noch das höchste Gericht entscheiden. Falls ja, dann könnten drei Mal 1.488 Euro Kotleba 52 Monate seines Lebens und sein Mandat im Nationalrat kosten.
Für die Slowakei sei das Urteil unbezahlbar, meint Staatsanwalt Tomáš Honz: „Der Schuldspruch zeigt, dass die slowakische Justiz auf der Seite der Opfer von Extremismus, Gewalt, Rassenhass, Faschismus und Neonazismus steht.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?