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Rechtsextremismus in ThüringenTeilerfolg für Höcke-AfD vor Gericht

Ein Gericht untersagt Thüringens Verfassungsschutzchef mehrere Äußerungen zur AfD. Dass die Höckes die Demokratie verunglimpfen, darf er weiter sagen.

Schlechtgelaunter Rechtsextremist: AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke im Thüringer Landtag Foto: Martin Schutt/dpa

dpa/epd/taz | Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke will jetzt Köpfe rollen sehen. Der Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, gehöre umgehend entlassen, tönte der völkisch-nationalistische Rechtsaußen am Donnerstag. Gleiches gelte für Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), „der diesen politischen Irrläufer seit Jahren gewähren lässt“.

Dem aktuellen Säuberungsaufruf vorausgegangen war ein Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar gegen Kramer. Das hatte bereits am Dienstag dem erwiesen rechtsextremistischen AfD-Landesverband in einer Klage gegen Kramer wegen dessen Äußerungen aus dem Sommer 2023 in einem Punkt recht gegeben. In zwei weiteren Punkten wurde die Klage abgewiesen.

Verfassungsschutzchef Kramer hatte damals in einem Pressegespräch mit der in Suhl erscheinenden Zeitung Freies Wort die AfD als Partei beschrieben, „die eigentlich gar keine politischen Alternativen und Lösungen zu bieten hat“. Weiter sprach er über „die inhaltlich sowieso kaum vorhandene Programmatik dieser Partei“. Und erklärte: „Das Thema selbst ist dabei völlig egal.“ Alles nicht rechtmäßig, befanden nun die Verwaltungsrichter:innen.

Wie das Gericht mitteilte, mache es „die chancengleiche Beteiligung aller Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes“ erforderlich, „dass Staatsorgane im politischen Wettbewerb der Parteien Neutralität wahren“. Mit seiner Kommentierung der inhaltlich-programmatischen Ausrichtung der Thüringer AfD habe Kramer gegen das Neutralitätsgebot verstoßen.

Gegen das Demokratieprinzip gerichtet

Keinen Erfolg hatte die Höcke-AfD dagegen bei der beklagten Aussage Kramers, wonach Bür­ge­r:in­nen „idealerweise“ bei Wahlen gegen „Verfassungsfeinde“ stimmen sollten. Diese Äußerung sei allgemein gehalten gewesen und habe keinen konkreten Bezug zur AfD, urteilte das Gericht.

Auch eine zweite Aussage hielten die Rich­te­r:in­nen für zulässig. Kramer hatte gesagt: „Sie verunglimpfen unsere Demokratie, stets und ständig, nicht nur immer montags auf unseren Straßen, sondern auch in so ziemlich jeder Äußerung eines AfD-Vertreters in einem Parlament, die ich mitbekommen habe.“

Das Gericht sah in dem Satz eine zulässige Erläuterung von Feststellungen aus den Verfassungsschutzberichten. Hier würden Belege genannt, warum das öffentliche Auftreten der Thüringer AfD gegen das Demokratieprinzip gerichtet sei. Die Aussage bewege sich damit im Rahmen des Sachlichkeitsgebots.

Für führende Kader der Rechts-außen-Partei – ebenso wie neuerdings für Teile des Bündnisses Sahra Wagenknecht – sind Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer, aber auch Innenminister Georg Maier die Hassobjekte schlechthin. AfD-Bundeschefin Alice Weidel hetzte jüngst öffentlich gegen Kramer und bezeichnete ihn als „schmierigen Stasi-Spitzel“.

Kramer wie Maier stellen sich ihrerseits konsequent gegen die radikale Rechte. Maier hatte jüngst erst bekräftigt, dass die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen den thüringischen Landesverband der AfD dringend geboten sei. „Für mich ist klar: Wenn unsere Demokratie nicht ihre Waffen zeigt, wird die AfD sie zerstören“, sagte der SPD-Politiker zur Süddeutschen Zeitung. Das aktuelle AfD-freundliche Urteil aus Weimar ist noch nicht rechtskräftig.

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