Rechtsextremismus bei der Bundeswehr: Ein Prepper auf Reserve
Machtkampf bei den Reservisten: Der Verband will rechte Mitglieder loswerden. Doch die drängen stattdessen in den Vorstand.
Für die einen ist es nur eine Vorstandswahl, für die anderen geht es um alles. Herzlich willkommen im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, Mecklenburg-Vorpommern: Was soll nur aus Jörg S. werden? Das ist der Versicherungsvertreter aus Rostock, ein Prepper, der sich auf den Untergang der Zivilisation vorbereitet und einst dem Militärischen Abschirmdienst der Bundeswehr auffiel, weil er beim rechtsextremen Thule-Netzwerk zu Besuch war. Wäre das nicht vielleicht ein guter Mann für den Landesvorstand in Mecklenburg-Vorpommern? Sollte der Jörg nicht zur Wahl antreten? Oder soll man ihn rausschmeißen?
Der Machtkampf im Reservistenverband ist voll entbrannt.
Wenn am Samstag die Landesdelegierten der Soldatenvereinigung zur Vorstandswahl anreisen, geht es auch um die Frage, wie der Verband mit rechtsextremen Verdachtsfällen umgeht. Die Führung will die Leute zwar loswerden – aber die Basis gibt ihnen Rückendeckung.
Im August hatte die Bundesanwaltschaft Wohnungen in Mecklenburg-Vorpommern wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durchsuchen lassen. Es ging um die sogenannte „Nordkreuz“-Gruppe. Der Vorwurf: Zwei Männer sollen geplant haben, an einem „Tag X“ linke Personen und Politiker zu töten. Recherchen der taz ergaben: Sowohl die Beschuldigten wie auch die meisten anderen Durchsuchten waren Mitglieder im Reservistenverband – auch der in dem Verfahren als Zeuge geführte Jörg S.
Im Vorstand tobt seit Jahren ein offener Krieg
Dort fürchtete nun der Landesvorsitzende: S. und seine Leute wollten den Verband unterwandern. Also warf der Verband sie raus. S. und zwei weitere gingen dagegen vor. Ein Gericht entschied: Formfehler, Ausschluss ungültig. Und plötzlich ernannten dann andere Reservisten ausgerechnet Jörg S. zum Landesdelegierten. Der kündigte an, als Vorstandsmitglied zu kandidieren.
Denn in dem gespaltenen Verband tobt seit Jahren ein offener Krieg. Der Landesvorsitzende Helge Stahn war auch in einem anderen Fall mit harter Hand vorgegangen. Er versucht seit Jahren, einen hauptamtlichen Mitarbeiter loszuwerden, dem vorgeworfen wird, Tausende rechtsextremistische Musikdateien auf einer dienstlichen Festplatte gespeichert zu haben. Der Mitarbeiter, der bis heute für den Verband arbeitet, kontert dagegen: Er werde vom Vorsitzenden gemobbt. Auch über diese „Festplattenaffäre“ hatte die taz ausführlich berichtet.
Das ist auch der Hintergrund, vor dem bereits die letzte Landesvorstandswahl juristisch angegriffen wurde. Am Samstag soll die Wahl, so hatte es ein Schiedsgericht empfohlen, nun also wiederholt werden. Der Ausgang ist wieder mal offen: Nach Informationen der taz sind derzeit neue Ausschlussschreiben unterwegs. Sie sollen auch verhindern, dass Jörg S. sich am Samstag zur Wahl stellen kann.
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