Rechtsextremismus auf YouTube: Der größte Troll der Welt
Der YouTuber PewDiePie hat den ersten Kanal mit über hundert Millionen Abos. Der rechte Terrorist Brenton Tarrant warb für ihn. Nicht ohne Grund.
Felix Kjellberg betreibt den erfolgreichsten YouTube-Kanal der Welt: Als „PewDiePie“ erreichte der Schwede am 25. August als erster YouTuber über hundert Millionen Abonnenten. Seine englischsprachigen Videos wurden bisher über 23.000.000.000 Mal gesehen – im Schnitt hat also jeder einzelne Mensch auf der Welt gleich mehrere Videos gesehen. Diese ungeheuerlichen Zahlen zeigen die enorme Reichweite, die digitale Angebote mittlerweile haben. Zum Vergleich: Alle Formate des Senders BBCkommen zusammengerechnet weltweit auf 426 Millionen Nutzer pro Woche.
Der enorme Erfolg von PewDiePie ist nicht das Einzige, was ungeheuerlich ist. Kjellberg kommt aus der Gaming-Szene, gerade erst lud er mehrere Videos hoch, in denen er das Open-World-Spiel „Minecraft“ zockte. Doch immer wieder fällt der auf Unterhaltung spezialisierte YouTuber auch durch politische Äußerungen auf. Dass PewDiePie auch bei Rechtsextremen beliebt ist, wurde im März einer breiteren Öffentlichkeit bekannt: Brenton Tarrant, der Attentäter, der bei einem Terroranschlag im neuseeländischen Christchurch 51 Menschen in zwei Moscheen ermordete, schrie während seiner Tat, die er per Livestream im Internet übertrug: „Remember lads, Subscribe to PewDiePie“. Abonniert PewDiePie.
Wie gefährlich ist der junge Mann mit der enormen Reichweite? Der Kanal von Felix Kjellberg funktioniert so: Er verbreitet Memes und Witze, spielt mit Grenzen. Mal benutzt er ein rassistisches Schimpfwort, mal macht er sich über Feminismus lustig, mal bezahlt er Männer dafür, dass sie ein Schild mit der Aufschrift „Death to all Jews“ in die Kamera halten. Um zu zeigen, dass Menschen für Geld alles machen. Mal empfiehlt er rechtsextreme Kanäle oder teilt deren Videos, etwa wenn die sich über Opfer von rechter Gewalt lustig machen. Bei Kritik behauptet er gerne, er sei falsch verstanden worden. PewDiePie ist der größte Troll der Welt.
Miro Dittrich, ein Experte der Amadeu Antonio Stiftung für Strategien von Rechtsextremisten im Internet, warnt gegenüber der taz: „PewDiePie ist kein Rechtsextremist, aber bietet seinem jungen Publikum durch Tabubrüche und die Wiederholung rechter Narrative einen Einstieg in die rechtsextreme Gedankenwelt.“ Das sehen auch Rechtsextremisten so. Auf dem amerikanischen Neonazi-Blog „The Daily Stormer“ hieß es über Kjellberg, er bringe „den Massen unsere Ideen näher“. Im Juni hatte YouTube angekündigt, stärker gegen „Hate Speech“ vorzugehen. PewDiePie darf weitermachen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich