Rechtsextremer Jean-Marie Le Pen ist tot: Frankreichs Hassprediger hochbetagt gestorben
Jahrzehntelang vergiftete er die französische Politik mit faschistischen Reden. Dabei ebnete er dem Rechtspopulismus seiner Tochter Marine den Weg.
Aber gilt nicht selbst für einen Hassprediger wie ihn die Maxime „De mortuis nil nisi bene“, über die Toten nur Gutes? Doch was soll Positives in einem Nachruf über einen Ideologen stehen, der mit seiner ultranationalistischen Hasspropaganda seit Jahrzehnten das politische Klima mit den reaktionärsten Inhalten vergiftet hat und über Frankreich hinaus einen Grundstein für das Wiedererstarken der extremen Rechten unter der Maske eines Populismus gelegt hat. Le Pens ganze Karriere belegt, dass der Faschismus weiterhin auf dem Nährboden des Rassismus keimen kann.
Der im Juni 1928 geborene Sohn eines bretonischen Fischers näherte sich schon während des Jurastudiums in Paris der nationalistischen und royalistischen Rechten der „Action française“ an. Bereits 1956 wurde er als Kandidat der Bewegung des Rechtspopulisten Pierre Poujade mit erst 27 Jahren Abgeordneter. Seine Priorität in diesen ersten Jahren war aber die Verteidigung der französischen Ansprüche auf Algerien gegen die Unabhängigkeitsbewegungen in Nordafrika.
Seine anschließenden Kandidaturen unter verschiedenen Etiketten der untereinander zerstrittenen rechtsradikalen Splittergruppen oder als „Unabhängiger“ blieben zunächst wenig erfolgreich. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich unter anderem mit dem Verkauf von militärischen Marschliedern – unter anderem aus der Zeit des Dritten Reichs – mittels einer Gesellschaft, die er 1963 mit Léon Gaultier, einem ehemaligen Untersturmführer der Waffen-SS, gründete. Gaultier gehörte dann 1972 auch zu den Mitbegründern des Front National.
Verharmlosungskur für den FN
Zuvor war die rechtsextreme Organisation Ordre Nouveau verboten und aufgelöst worden, die rivalisierende Tendenzen der extremen Rechten unter Le Pens Führung in einer Kampfpartei versammelte und auch einen schlagkräftigen Ordnungsdienst (DPS) unterhielt. Die speziell gegen die nordafrikanische Immigration gerichtete Xenophobie und die Ablehnung der humanistischen Ideen der Republik waren von Beginn an der gemeinsame Nenner des FN.
Mit der zunehmenden Massenarbeitslosigkeit wuchs das Echo des mitreißenden Rhetorikers Le Pen. 2002 schaffte Le Pen einen sensationellen Durchbruch, als er sich auf Kosten der gespaltenen Linken für die Stichrunde der Präsidentenwahl gegen Jacques Chirac qualifizieren konnte.
Seine Tochter Marine dagegen hatte mit einer neuen Strategie, die auf eine Verharmlosung der rechtsextremen Bewegung abzielt, noch mehr Erfolg. Nach der Übernahme der Parteiführung ging sie dazu auf Distanz zu den Provokationen ihres Vaters, der in der Vergangenheit unter anderem den Holocaust als „Detail der Geschichte“ abtun wollte und der 2023 schließlich wegen Verherrlichung des Chef der französischen Kollaboration, Marschall Pétain, definitiv ausgeschlossen wurde.
Seither wurde es still um Le Pen in seiner Villa Montretout in Saint-Cloud, doch bis heute hat er in seiner Partei viele Getreue, die in Marine Le Pens Soft-Version nur eine nützliche Fassade sehen. Rudolf Balmer, Paris
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