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Rechtsextreme Vox nach RegionalwahlenSpanien driftet nach rechts

Erstmals seit dem Ende der Franco-Diktatur gehen die Konservativen mit der Partei Vox eine Koalition ein. Erste Schritte lassen nichts Gutes erahnen.

Alfonso Fernández Mañueco bei einer Wahlkampfveranstaltung in Leon, Februar 2022 Foto: Manuel Ángel Laya/ EUROPA PRESS/ dpa

Madrid taz | Spaniens Konservative hat endgültig alle Berührungsängste mit den Rechten verloren. Nach vorgezogenen Neuwahlen im Februar in Castilla und León, der flächenmäßig größten Region Spaniens, geht jetzt die Partido Popular (PP) unter dem alten und neuen Regionalpräsidenten Alfonso Fernández Mañueco mit der neo-frankistischen Partei Vox zusammen. Erstmals seit dem Ende der Diktatur 1975 übernimmt damit wieder eine rechtsextreme Formation Regierungsverantwortung.

Als „eine sehr schlechte Nachricht für die Demokratie“, bewertet Spaniens Ministerpräsident, der Sozialist Pedro Sánchez, die Koalition. Und Donald Tusk, der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, der die spanische PP angehört, spricht gar von „Kapitulation“.

Mañueco, der bisher mit den Rechtsliberalen von Ciudadanos regierte, macht der Vox dabei weitgehende Zugeständnisse. Deren regionaler Parteichef, Juan García-Gallardo, wird stellvertretender Ministerpräsident der Regionalregierung. Außerdem gehen drei Ministerien an die Rechts-Außen-Partei. Welche Fachbereiche diese umfassen, ist noch nicht bekannt. Außerdem geht das Amt des Präsidenten des Regionalparlaments von Castilla und León an Vox.

Inhaltlich lässt die Koalition nichts Gutes erwarten, denn Mañueco eignet sich bereits die Sprache von Vox-Politikern an. Statt von Gewalt gegen Frauen oder sexualisierter Gewalt spricht er nun von „jedweder Form von Gewalt“. Für Vox gibt es keine geschlechterspezifischen Übergriffe, und deshalb darf es auch keine zielgerichtete Politik dagegen geben. Das gilt bei Vox als „Gender-Diktatur“. Mañueco verpflichtet sich, statt der bisherigen Regelungen ein „Gesetz über Gewalt innerhalb der Familie“ zu erlassen.

Gegen Aufarbeitung und Aufklärung

Wenn die neue Regierungskoalition von „Freiheit der Eltern bei der Wahl der Bildung“ redet, ist auch das ein Zugeständnis an die Rechtsextremen. Vox fordert seit Jahren, dass Eltern ihre Kinder aus dem Unterricht nehmen können, wenn es dort etwa um Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten oder Vergangenheitsbewältigung geht.

Gerade die Aufarbeitung der Franco-Diktatur ist Vox ein Dorn im Auge. Das regionale „Gesetz zum historischen Erinnern“, das etwa die Suche nach den in Massengräbern überall im Land verscharrten Opfern der Franco-Truppen unterstützt, soll jetzt abgeschafft werden.

In der Koalitionsvereinbarung ist außerdem von der „Förderung einer geregelten Immigration“ die Rede. Da Zuwanderung Sache der Zentralregierung ist, geht es hierbei wohl um die Verfolgung derer, die irregulär in Castilla und León leben.

Künftig kein Weg vorbei an Vox

„Ich hoffe, dass dies nur ein Zwischenfall oder ein Unfall und keine Tendenz in der spanischen Politik ist“, erklärte Tusk, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, als er am Donnertag im Rahmen einer Sitzung der europäischen Konservativen zum Ukraine-Krieg in Paris von der Koalition mit Vox erfuhr.

Auch in Spanien blickt man besorgt auf diese Entwicklung, denn die rechtsliberale Ciudadanos, mit der die PP in Regionen wie Murcia und Andalusien regiert, befindet sich im freien Fall. Bei den Regional- und Kommunalwahlen im kommenden Jahr wird Vox wohl einen Großteil der Stimmen der Rechtsliberalen erben. Dann kann die PP nicht mehr ohne Vox regieren.

Nach einer schweren innerparteilichen Krise wird die PP im April Alberto Núñez Feijóo zum neuen Vorsitzenden machen. Der bisherige Ministerpräsident aus dem nordwest-spanischen Galicien galt eigentlich als gemäßigt. Zumindest bis zum Donnerstag, als er der Koalition in Castilla und León seinen Segen erteilte. Die Koalitionsvereinbarung gebe der Region „Stabilität“, erklärte er.

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13 Kommentare

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  • @BARTHELMS PETER

    Akzeptiert, ja. Ich sehe auch niemanden hier die/der es nicht tut.

    Kritisieren, allerdings... auch das ist ein wesentlicher Teil der Demokratie. Und deren schmutzigen Methoden anprangern. Und die outen, die es sich in der muffigen, stinkenden Grauzone zwischen erzkonservativ und faschistisch einrichten. Und...

    Auch all das ist Teil der Demokratie.

    Manchmal habe ich den Eindruck, dass wenn die Rechten krakeelen, sie würden zensiert (Kanzelkulture, Sie wissen schon) damit nur meinen, sie hätten ein Anrecht darauf, nicht kritisiert zu werden.

    Haben sie nicht.

  • WArum konnten die Rechten so groß werden? In Spanien hat eine große Mehrheit Grundbesitz und Immobilien. Es sind ehemalige oder immer noch Bauern. Sie schuften, ernten tonnenweise Oliven, haben kaum Erntehelfer und bekommen oft nicht viel dafür. Aber deren Welt wird von den Sozen nicht immer mit gedacht. Die denken und argumentieren aus ihren Büros heraus, sind städtisch sozialisiert. Ein bekannter Konflikt. Sie haben das eine oder andere erlassen, was bei der breiten Klientel auf dem Land gar nicht gut an kam. Die Menschen fühlten sich alleine gelassen mit ihren Problemen. Stichwort Hausbesetzungen. Kriminalität, organisierte Banden. Umweltverschmutzung durch Tourismus. Verärgert wählten sie etwas anderes. Nicht zu Ende gedacht, vielleicht. Aber die Sozen haben es nicht geschafft, mehr Bewohner im ganzen Land zu überzeugen. Dazu kommt noch, dass das Land schon immer misstrauisch war, über das, was aus Madrid kommt. Madrid, ein ferner Planet für jemand, der in Galizien oder Valencia lebt und seinen täglichen Kampf kämpft. Gegen die Behörden, die Strukturen. Mit dem Gesundheitssystem, das nur für sehr Wohlhabende gut ist. Ich finde es schade - dennoch wundert es mich nicht.

    • @Maria Burger:

      Die Mitglieder und auch die Wähler der PP und von Vox rekrutieren sich aus dem gleichen Milieu, dem franquistischen. Sie wollen Abtreibungen und homosexuelle Ehen verbieten, afrikanische Migranten ausweisen und einen zentralistischen Staat herstellen, also Madrid erst recht Macht geben. Das sind keine Kleinbauern.



      Eigentlich hat die PP ihre bürgerliche Fassade aber schon länger aufgegeben. Die PP-Regionalpräsidentin von Madrid sagt von sich selbst: "Wenn sie dich als Faschistin bezeichnen, dann weisst du, dass du es richtig machst."

      • @Axolotl:

        Sowohl Maria als auch Axolotl haben sicher Recht.

        Zudem wage ich zu behaupten, dass die rechtskonservative Oberschicht die Medienlandschaft (v.a. das Fernsehen und Internet) zum ganz großen Teil dominiert.



        Das führt dann dazu, dass bei Themen wie "Hausbesetzungen. Kriminalität, organisierte Banden" eher über Immigranten berichtet wird als über korrupte Machenschaften der Parteien oder des Königshauses.

  • Immer diese schmutzigen Steigbügelhalter, die für den eigenen Machterhalt bereit sind die Demokratie verraten. Faschisten-Enabler sind keinen Deut besser als die Faschisten selbst. Zum Kotzen.

  • die sozialisten müssen sich jetzt zusammenreissen und alternativen vorlegen. besorgt sein reicht nicht.

  • Eine freie Wahl ist eine freie Wahl,ist eine freie Wahl und das Ergebnis muss



    akzeptiert werden , auch wenn es den Linken nicht passt. Eine Gefahr für die Demokratie ist eher die Forderung nach Wahlergebnissen, die den Linken passt.



    Außerdem wundert mich nach den vielen schwierigen Regierungsbildugen nach vorausgegangenen Neuwahlen nicht, dass viele Bürger Spaniens



    den Regierenden den Rücken kehren.

    • @Barthelmes Peter:

      Es geht nicht darum, dass die Vox überhaupt Stimmen bekommt, sondern dass die PP mit Rechtsextremen koaliert. Das ist das Problem, genau wie es in Österreich bedenklich ist, wenn mit der FPÖ koaliert wird.

  • 4G
    47491 (Profil gelöscht)

    „Auch in Spanien blickt man besorgt auf diese Entwicklung“

    Wer ist denn Spanien?

    Ich nehme an, dort gab es freue und geheime Wahlen. Also „Spanien“ schaut sicher nicht besorgt auf die Entwicklung. Ein nicht kleiner Teil muss sich diese Entwicklung gewünscht haben.

    • @47491 (Profil gelöscht):

      Satz zitiert, aber nicht gelesen?

      Da steht nicht "Spanien blickt besorgt ...", sondern "IN Spanien blickt MAN ..."

      "Man" bedeutet u.a. so viel wie "(irgend)jemand". Also, "in Spanien blickt (irgend)jemand ..."

      Jetzt klar?

    • @47491 (Profil gelöscht):

      'Ich nehme an, dort gab es freue und geheime Wahlen. Also „Spanien“ schaut sicher nicht besorgt auf die Entwicklung. Ein nicht kleiner Teil muss sich diese Entwicklung gewünscht haben.'

      Es geht um die Wahl in einer Region Spaniens und da kann (der Rest) Spaniens schon besorgt auf die Entwicklung blicken.

      Würde die CDU nach einer Wahl in Sachsen-Anhalt oder Sachsen eine Koalition mit der AfD eingehen, so wäre die die Aussage: „Auch in Deutschland blickt man besorgt auf diese Entwicklung“ zutreffend.

  • Die Zombies sind los. Zum Kotzen.

    • @tomás zerolo:

      'Die Zombies sind los.'

      Ja die Zombies gibt es nicht nur in Russland.