Rechtsextreme Partei Front National: Parteigründer Le Pen rausgeworfen
Wegen antisemitischer Parolen hat der Front National den Gründer Le Pen ausgeschlossen. Der Ausschluss könnte vor Gericht ein Nachspiel haben.
Das Exekutivbüro habe „mit der erforderlichen Mehrheit“ einen Ausschluss des Parteigründers beschlossen, erklärte der Front National in einer nur zwei Sätze langen Mitteilung. „Die vollständige und begründete Entscheidung wird Herrn Le Pen in Kürze übermittelt.“
Zuvor hatte sich der Parteipatriarch drei Stunden lang vor der Parteiführung wegen seiner antisemitischen Äußerungen verantworten müssen. Der Europaabgeordnete hatte zuletzt Anfang April die NS-Gaskammern als „Detail“ der Geschichte des Zweiten Weltkriegs bezeichnet. Im folgenden Familien- und Führungsstreit attackierte er wiederholt seine Tochter – „Ich schäme mich, dass die Vorsitzende der FN meinen Namen trägt“ – und fuhr schwere Angriffe gegen ihre rechte Hand Florian Philippot.
Marine Le Pen machte ihren Vater deswegen am Donnerstagabend selbst für den Parteiausschluss verantwortlich. „Jean-Marie Le Pen hat einen Prozess losgetreten, dessen Ausgang er kannte“, sagte sie. Der Parteigründer habe „seit Wochen Fehler“ aneinandergereiht „die nur eine solche Entscheidung nach sich ziehen konnten“.
Streit vor Gericht
Der 87-Jährige, der den Front National 1972 gegründet und vier Jahrzehnte lang angeführt hatte, bezeichnete sich dagegen als „Opfer eines Hinterhalts“. Dem Sender i-Télé sagte Le Pen, er werde „selbstverständlich“ gegen seinen Parteiausschluss vor Gericht ziehen.
Im erbitterten Streit mit seiner Tochter hat Jean-Marie Le Pen sich schon mehrfach vor Gericht durchsetzen können: So hob ein Gericht eine bereits Anfang Mai verhängte Suspendierung seiner Parteimitgliedschaft aus formellen Gründen auf.
Auch Marine Le Pens Versuch, ihrem Vater den Ehrenvorsitz des Front National zu entziehen, schlug fehl: Zwar sprachen sich 94 Prozent der FN-Mitglieder bei einer schriftlichen Befragung dafür aus, den Titel des Ehrenvorsitzenden aus den Parteistatuten zu streichen. Ein Gericht hatte diese Briefwahl aber schon vor ihrem Ende für ungültig erklärt. Die Richter argumentierten, für eine Änderung der Parteistatuten sei ein außerordentlicher Parteitag nötig.
Besseres Image angestrebt
Die Parteichefin und Partei-Vize Philippot nahmen am Donnerstag nicht an der Sitzung des Exekutivbüros teil – sie wollten nicht zugleich „Richter und Konfliktpartei“ sein. Beide befürchten, ansonsten könnte eine Entscheidung des Gremiums wieder von der Justiz rückgängig gemacht werden.
Marine Le Pen hatte Anfang 2011 die Führung des Front National von ihrem Vater übernommen. Mit einer Abkehr von den offen antisemitischen und rassistischen Parolen des Parteigründers will sie der rechtsextremen Partei ein besseres Image verschaffen. Die Strategie scheint sich auszuzahlen: Bei der Europawahl im Mai 2014 wurde die FN erstmals stärkste Kraft in Frankreich. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 könnte Marine Le Pen Umfragen zufolge in die Stichwahl einziehen.
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