Kommentar: Rechts von der Mitte
■ Warum Verfassungsschützer mit zweierlei Maß gefährliche Gleichmacherei betreiben
Innensenator Hartmuth Wrock-lage nennt links und rechts in einem Atemzug – absurderweise, da die einen politisch für eine solidarische Gesellschaft eintreten, die anderen für das exakte Gegenteil. Und dann mißt er doch mit zweierlei Maß. Neonazis gelten ihm und seinem Verfassungsschutz nur als solche, wenn sie organisiert sind und ein Parteiabzeichen am Revers tragen – selbst wenn sie Ausländer überfallen und halb zu Tode prügeln. Oder auch ganz.
Gnadenlos wird der Rechtsradikalismus entpolitisiert. Gut erprobt ist dieser Mechanismus vor allem im Umgang mit rassistischen Brandanschlägen. Kann den ausländischen BewohnerInnen nicht unterstellt werden, daß sie zu blöd seien, einen Elektroherd zu bedienen, war es eben ein „orientierungsloser Jugendlicher“, der seinen Frust über die Arbeitslosigkeit in „Randale“entladen mußte.
Linksradikale hingegen gelten schon dann als Gefahr, wenn sie in einem Plenum über Aktionen reden. Oder glaubt Wrocklage ernsthaft, daß die läppischen 19 „linksmotivierten Gewalttaten“von 700 Menschen begangen wurden, gut organisiert und getarnt?
Das zweierlei Maß ist nötig, um das Beschwören einer gleichermaßen linken wie rechten Gefahr aufrechterhalten zu können. Die Gleichmacherei suggeriert ein Gleichgewicht, in deren Mitte sich die Gesellschaft befinde. Würde der Innensenator die Zahlen hingegen mal so interpretieren, wie es eigentlich anders nicht geht, wäre der Schluß eindeutig: Diese Gesellschaft befindet sich längst rechts von der Mitte – organisiert oder nicht. Elke Spanner
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