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Rechter Wahlkampf auf XIst der Weidel-Talk von Musk eine illegale Parteispende?

Lobbycontrol kritisiert Musks AfD-Talk als mögliche verbotene Wahlkampfspende aus dem Ausland. Die Parteienrechtlerin Schönberger ist skeptisch.

Dank Musk: AfD auf allen Kanälen Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Der Verein Lobbycontrol hat Elon Musks Einmischung in den Bundestagswahlkampf kritisiert: Bei dem für Donnerstagabend angekündigten Gespräch zwischen AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und dem Tech-Oligarchen Elon Musk könnte es sich um eine illegale Parteispende handeln, so Aurel Eschmann von der Nichtregierungsorganisation: „Musk kündigte klar das Ziel an, die AfD zu stärken. Dazu setzt er auch Ressourcen seiner Plattform ein.“ Das Gespräch werde auf der Plattform voraussichtlich deutlich breiter ausgespielt werden als Beiträge von regulären Usern – „insofern kann man hier durchaus von politischer Werbung sprechen, denn die Plattform X verkauft eine solche Reichweite normalerweise für sehr viel Geld“.

Nach dem Wahlgesetz könne auch Wahlwerbung durch Dritte eine Parteispende sein, so Eschmann. Das wiederum wäre vor allem deswegen problematisch, weil Musk und X in den USA säßen und Parteispenden aus dem Nicht-EU-Ausland verboten seien, so Lobbycontrol. Im Fall des Musk-Talks sei jedoch noch unklar, wie die Bundestagsverwaltung die noch relativ neue Drittkampagnen-Regelung anwenden werde.

Die Parteienrechtlerin Sophie Schönberger zeigte sich auf taz-Anfrage eher skeptisch, ob es sich tatsächlich um eine illegale Parteispende handeln könnte. Um den Fall abschließend zu beurteilen, müsste man Genaueres über das konkrete Format wissen, wie Schönberger sagte: „Grundsätzlich reicht ‚Reichweite‘ nicht aus, um etwas zur Parteispende zu machen. Sonst wäre auch das Interview, das die taz mit Friedrich Merz oder Robert Habeck führt, eine Parteispende.“

Entscheidend sei, ob die konkrete Leistung auch für Geld erworben werden könnte. Das erscheine ihr beim „Live-Talk“ auf X mehr als zweifelhaft. Nicht jede Wahlwerbung sei eine Parteispende, sondern nur die, die einen „geldwerten Vorteil“ gewähre, so Schönberger, „insofern schien mir der ‚Meinungsbeitrag‘ in der Welt problematischer, weil das letztlich sehr nahe an einer Werbeanzeige war. Das wäre dann aber keine Spende von Musk, sondern von der Welt“, so die Parteienrechtlerin.

Die zuständige Bundestagsverwaltung antwortete auf taz-Anfrage zum Thema am Donnerstag: „Die Bundestagsverwaltung führt im vorliegenden Fall derzeit eine Sachverhaltsklärung durch.“ Alice Weidel antwortete nicht auf taz-Anfrage.

Ataman fordert Rückzug der Bundesregierung von X

Eschmann von Lobbycontrol forderte darüber hinaus politische Konsequenzen: Die Interventionen Musks in die britische und deutsche Politik müssten ein Weckruf sein: „Wir brauchen Instrumente, um amerikanische Verhältnisse von Wahlkampfintervention hierzulande zu verhindern.“ Sie forderte einen „Deckel für Parteispenden“, um Umgehungen des Verbots von Spenden von außerhalb der EU zu unterbinden. In einer resilienten Demokratie dürfe nicht die Möglichkeit bestehen, sich über Geld in die Politik einzukaufen, so Eschmann.

Am Mittwoch hatte die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung Ferda Ataman gefordert, dass staatliche Stellen sich von dem rechtsradikal dominierten Netzwerk zurückziehen sollten. Regierungssprecher Hebestreit lehnte einen solchen Rückzug ab, der Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck, kehrte erst für den Bundestagswahlkampf auf die Plattform X zurück.

Musk als Autoritarismus-Verstärker

Der Multimilliardär Elon Musk, wohl bemerkt Vertrauter des baldigen US-Präsidenten Donald Trump, agiert mittlerweile weltweit mit seiner gekauften Social-Media-Plattform X als Verstärker autoritärer Bewegungen. Dort beschimpfte Musk zuletzt auch den Bundeskanzler als „Fool“ und den Bundespräsidenten Steinmeier als „antidemokratischen Tyrannen“ – zugleich schrieb er, nur die AfD könne Deutschland retten, was er in einem argumentativ eher dünnen Gastbeitrag im Springerblatt Welt unterstrich, der innerhalb der Redaktion für erheblichen Missmut sorgte.

Zuletzt schaltete sich Musk in die britische Politik ein: Er kündigte an, Millionen für die rechtsextreme „Reform UK“ spenden zu wollen und ließ in einem Posting seine Fol­lo­wer*­in­nen darüber abstimmen, ob Amerika die Bevölkerung von Großbritannien von ihrer „tyrannischen Regierung“ befreien sollte (58 Prozent auf X sind dafür – bei angeblich knapp 2 Millionen Stimmen). Nach von Musk verbreiteten Desinformationen im Sommer kam es in England in mehreren Städten zu rassistisch motivierten pogromartigen Krawallen.

Für Eschmann von Lobbycontrol ist klar: „Der Fall Musk zeigt überdeutlich, dass Demokratie nicht mit der Macht von Superreichen vereinbar ist, die unsere Gesellschaften nach ihren persönlichen Vorstellungen und Interessen beeinflussen und gestalten.“

Illegale AfD-Spenden wären nichts Neues

Mit illegalen Parteispenden hat die AfD in ihrer jungen Parteiengeschichte bereits vielfach zu tun. Nur in Auszügen: Im März 2023 etwa hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein Urteil bestätigt, wonach die Partei in der Spendenaffäre um die Spitzenkandidatin Alice Weidel ein Bußgeld von 396.000 Euro zahlen musste.

Auch im vergangenen Jahr prüfte die Bundestagsverwaltung den Verdacht auf mögliche illegale Parteispenden durch das rechtsextreme Verlagsnetzwerk Compact, weil sie indirekte Wahlwerbung für die AfD mit teurer Bühnentechnik unter dem Titel „Blaue Welle“ veranstaltet hatte. Die Partei mahnte Elsässer formal ab und verbot ihm, mit dem Namen AfD zu werben. Am Ende traten trotzdem AfD-Redner*innen auf der Compact-Bühne auf – unter anderem Petr Bystron, inzwischen EU-Abgeordneter.

Gegen Bystron wiederum gibt es selbst Vorwürfe wegen Bestechlichkeit, weil er im Zusammenhang mit russischer Einflussnahme Geld angenommen haben soll. Auch der Direktkandidat für die Bundestagswahl, Maximilian Krah, ebenfalls für russische Propaganda bekannt, war in den Komplex involviert. Das Geld sollte damals aus dem Umfeld des Putin-Freunds und Oligarchen Wiktor Medwedtschuk stammen. Womit man wieder bei Superreichen wäre, die autoritäre Formierungen finanzieren.

Hinweis, 9.1.2025, 11:40 Uhr: Der Text wurde um die Antwort der Bundestagsverwaltung aktualisiert.

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14 Kommentare

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  • "Illegale Parteispenden wären für die AFD nichts neues"

    《- Für andere Parteien auch nicht. Wenn schon den schon.



    Mir ist die AFD zu wieder und ja ich verstehe das es Hauptsächlich hier um diese geht.



    Dennoch ein wenig Neutralität im Bericht wäre nett gewesen.

  • Ich versteh es nicht ganz. Georgien wird sanktioniert, weil sie ausländische Einmischung sanktionieren wollen. Muss doch dann wohl was Gutes sein, wenn Ausländer sich für den deutschen Wahlkampf interessieren.

    • @testen:

      Stimmt beim Vorgehen gegen Journalisten und NGO's nach russischem Vorbild und dem Vorgehen gegen illegale Wahlbeeinflussung von Superreichen kann ich auch keinen Unterschied erkennen. Auch in Rumänien haben sie gerade eine Wahl annuliert, da der Wahlausgang belegbar durch illegale Mittel und Unterstützung aus dem Ausland beeinflusst wurde. Hä? Jetzt checke ich gar nichts mehr.

      • @Genosse Luzifer:

        Gute Ausländer - schlechte Ausländer....



        Wie bei RTL...ist doch ganz einfach

  • Unsere Freunde in den USA haben kürzlich wieder mal einen Russen wegen Wahleinmischung sanktioniert.

    Ist doch mal ne Idee für DE und/oder EU .

    • @jeggert:

      Die EVP-Spitze (=CDU/CSU) blockiert das.

  • america has fallen.

    In wenigen Tagen regieren mit Trump und Musk, zwei von Putins figuren die USA.

    Die Oligarchen des Ostens und des Westens vereinigen sich gegen alle freien Völker dieser Erde.

    Europa wehre dich!

    • @Berglandraupe:

      Europa ist doch keinen Deut besser. Nur passiert es hier häppchenweise.

      Merkels Personalpolitik (Oettinger, Weber, vdLeyen) hätte von der Presse kritisch durchleuchtet werden müssen.

      Hier hat sich die taz besonders schwere Schuld auf sich geladen: statt das zu tun, was eine "linke tageszeitung" in so einer Situation tun muss, wurde jahrelang versucht, eine schwarz-grüne Koalition herbeizuschreiben.

  • Die Bundestagsverwaltung wird sich wohl eher nicht auf‘s Verbotsglatteis begeben wollen. Könnte sonst schnell zum Bumerang für alle Parteien werden. Da hat schließlich so jede ihre spezifischen medialen Unterstützer.

  • Der Weckruf kommt ja ein bisschen spät. Konzerne kaufen sich Politik schon lange. Siehe CDU und ihre Großspender, für die ja dann auch fleißig Politik gemacht wird. Die FDP nicht zu vergessen, die das schon als ihr Markenzeichen sieht. Nennt sich Klientelpolitik. Dass Musk nun seine gierigen Griffel danach ausstreckt, war zu erwarten. Mein Vertrauen in die hiesige europäische Politik, diesem Gebaren einen Riegel vorzuschieben, ist praktisch nicht vorhanden. Sie alle werden nach dem Beispiel der USA einknicken, in vorauseilendem Gehorsam oder, weil sie sich ein Stück vom Machtkuchen erhoffen.

    • @Minelle:

      Bill Gates hat 50 Milionen Dollar für Kamela Harris Wahlkampf geschenkt. Die US Waffenindustrie an Hillary Clinton.

      Ein Bitcoin Millionär hat eine Milionen an die Grünen gespendet. Kurz bevor im EU Parlament über Bitcoin entschieden wurde.

      Die KPD ML hat schon 9 mal Spenden zwischen 100000 und 250000 € erhalten.

      Und die allermeisten Großspenden erhielt im letzten Jahr nicht die Union, sondern die BSW

      www.mdr.de/nachric...u-csu-spd-100.html



      Bundestagswahl BSW erhielt 2024 mehr Großspenden als CDU und CSU

  • Die alte Gesellschafts- und Rechtsordnung, und alles was wir für sittsam und statthaft hielten, wird gerade weltweit rabiat von rechts überholt. Empört sein und kleinlich klagen wird leider nichts nutzen.

    • @Konstantin Wosner:

      Alle Handhabe, um das abzustellen, ist vorhanden. Das Grundgesetz ist eine ziemlich gute Verfassung; unser Straf- und bürgerliches Recht ist ebenfalls so ziemlich das beste, was Deutschland jemals hatte.

      Man müsste es halt einfach mal anwenden...

      • @Ajuga:

        Genau, ich darf zitieren: Art 5



        (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.