Rechter Hass in Österreich: „Mutter der Flüchtlinge“ im Spital
Die 71-jährige Linzerin kümmert sich um Asylsuchende. Dafür wird sie von vielen Rechten in Österreich gehasst. Jetzt hatte Ute Bock einen Schlaganfall.
WIEN taz | „Mal a gute Nachricht“, postete jemand in den sozialen Netzwerken, als gemeldet wurde, dass Ute Bock in der Nacht auf Freitag einen Schlaganfall erlitten hatte. „Für die alte Bock ist’s ohnehin Zeit zu gehen“, kommentierte ein anderer. Die 71-jährige Linzerin gilt als Mutter der Asylsuchenden. Seit zwei Jahrzehnten kümmert sie sich um afrikanische Flüchtlinge, die in Wien stranden.
Der rechten FPÖ ist sie seit jeher verhasst. Ein Cartoon der Parteizeitung karikiert sie als bucklige Alte, die einem Joint rauchenden Asylwerber den roten Teppich ausrollt. Deswegen wunderte sich auch kaum jemand, als Robert Lizar, Herausgeber des FPÖ-Organs Neue Freie Zeitung, auf Facebook höhnte: „mein mitleid hält sich in grenzen.“
Auf empörte Proteste stellte die FPÖ klar, „dass die Formulierungen unglücklich und missverständlich“ gewesen seien. Diese – mittlerweile wieder zurückgezogene – private Meinung stehe in keinem Zusammenhang mit der FPÖ. Es ist noch gar nicht lange her, dass Bock als Leiterin eines Gesellenheims in Wien auch ins Visier der Behörden gekommen war. Immer wieder hatte sie neben jungen Handwerkern auch obdachlose Flüchtlinge untergebracht und ihnen bei Amtswegen geholfen.
Einer größeren Öffentlichkeit wurde die rührige Frau bekannt, als die Polizei 1999 das Heim stürmte und rund 30 junge Afrikaner unter dem Verdacht des Drogenhandels festnahm. Bock wurde wegen Bandenbildung und Drogenhandels angezeigt und zeitweise vom Dienst suspendiert. Der Vorwurf hielt nicht lange. Ein Jahr später ging Bock in Rente und konnte sich ganz der Betreuung von Flüchtlingen widmen. Ein Bauunternehmer stiftete ihr ein Haus für die Unterbringung ihrer Schützlinge.
2005 wurde sie für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Letztes Jahr anerkannte schließlich auch die Republik ihre Verdienste mit der Verleihung des Goldenen Verdienstzeichens. In der Adventszeit kann man ihre Arbeit auch durch Konsum an einem Punschstand in Wien unterstützen. Laut letzten Meldungen ist Ute Bock nicht in akuter Lebensgefahr, wird aber noch auf der Intensivstation betreut.
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