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Rechte von LGBTQ+Kritik an Klimakonferenz in Ägypten

Aktivisten fordern die Verlegung des Austragungsorts der COP27 im November, da das ägyptische Regime Menschen aus der LGBTQ+-Community verfolgt.

Jerome Foster und sein Partner sind gegen den Austragungsort Ägypten Foto: Stefan Jeremiah/picture alliance

Scharm al-Scheich taz | Ein Berater des Weißen Hauses und ein britischer Klimaaktivist fordern, die nächste UN-Klimakonferenz im November zu verlegen und nicht wie geplant in Scharm al-Scheich in Ägypten abzuhalten. Hintergrund ist die prekäre Menschenrechtssituation für Angehörige der LGBTQ+-Community und für Frauen im Land.

„Ihre Entscheidung, die COP27 in Ägypten zu veranstalten, gefährdet unser Leben, während wir uns für das Leben unseres Planeten einsetzen“, heißt es in dem Brief von Jerome Foster, 20, und Elijah Mckenzie-Jackson, 18, an das Sekretariat der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen.

Foster und Mckenzie-Jackson sind ein Paar. Als Aktivisten möchten sie selbst an der Konferenz teilnehmen, fürchten aber eine Verfolgung durch die ägyptischen Sicherheitsbehörden. Ihre Befürchtungen sind nicht unbegründet: Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete 2020 von Folter und Missbrauch von homosexuellen und transgeschlechtlichen Menschen in Ägypten durch die nationale Sicherheitsbehörde und die Polizei.

Gesetze gegen „Unzucht“ und Prostitution als Vorwand

So würden Menschen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermuteten Homosexualität festgenommen und einem missbräuchlichen „Jungfräulichkeitstest“ unterzogen. Betroffene berichten auch von Schlägen durch die Polizei und Missbrauch durch andere Gefängnisinsassen. Homosexualität ist in Ägypten zwar nicht explizit verboten. Jedoch werden Gesetze gegen „Unzucht“ und zur Bekämpfung der Prostitution als Vorwand genommen, um homosexuelle und transsexuelle Menschen doch zu verfolgen.

Darüber hinaus geht die ägyptische Regierung nicht nur gegen Angehörige der LGBTQ+-Community, sondern auch rabiat gegen Oppositionelle im Land vor. Zivilgesellschaftliche Organisationen befürchten deshalb, dass Proteste während der Weltklimakonferenz erschwert werden könnten oder gar verboten werden.

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13 Kommentare

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  • Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wenn man von diskrimierenden Staaten keine Anstrengungen zum Klimaschutz einfordert, ist das alles für die Katz.

  • Wir sollten generell die Auszahlungen jeglicher Entwicklungs oder Klimahilfen an die Abwesenheit von Diskriminierung gegen LGBTQ+ koppeln. Wir versenken schon seit Jahrzehnten sinnlos Geld in korrupte Regimes wie das in Ägypten. Ich bezweifle sowieso grundsätzlich ob irgendjemand in der al Sisi Administration sich ernsthaft für den Klimaschutz interessiert. Das wird doch von solchen Regierungen nur als weitere Geldquelle gesehen.

  • Schwingt bei der Kritik an Ägypten etwa eine kolonial-imperialistische Grundhaltung mit? Ist Ägypten wohl nicht "zivilisiert" genug?

    Man muss (leider) konstatieren: Ägypten gehört noch zu den vergleichsweise "gemäßigten" Staaten, was die Verfolgung von Opposition und Minderheiten betrifft. Schlimmer geht immer. Man kann und soll derartige Konferenzen nicht nur in Westeuropa und Nordamerika stattfinden lassen. Sonst entsteht der Eindruck, dass der Westen den Rest der Welt in gewohnt kolonial-imperialistischer Manier nicht für voll nimmt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Delegierten etwas zu befürchten haben. Ein Restrisiko bleibt natürlich, aber das wäre in Berlin oder Paris nicht anders, auch dort werden Minderheiten angefeindet. Wer es nicht glaubt, mache mal einen Ausflug durch bestimmte Bezirke von Berlin - mit Kippa auf dem Kopf.

    • @Winnetaz:

      "in Berlin oder Paris nicht anders, auch dort werden Minderheiten angefeindet"



      Es ist doch wohl schon ein Unterschied, ob man in der Öffentlichkeit angefeindet wird und sich dann an die Strafverfolgungsbehörden wenden kann, die der Sache ernsthaft nachgehen, oder ob man von der Sicherheitspolizei festgenommen, ohne Verfahren inhaftiert und mit Elektroschocks gefoltert wird, weil man eine Regenbogenfahne geschwenkt hat, finden Sie nicht? Oder meinen Sie, Letzteres wäre legitim im Rahmen (zumindest von einer gewissen Elite behaupteter) ethnischer, kultureller und nationaler Eigenständigkeit?

  • Soweit ich weiß, können LGBTQ+ Menschen ohne Probleme in Ägypten einreisen.

    • @Kappert Joachim:

      Mhmm ... ich glaube, es geht nicht darum, dass Sie das wissen, sondern darum, dass die Offiziellen Ägyptens unter Zugzwang geraten, sich in dieser Sache vor der globalen Öffentlichkeit zu erklären (s. mein Kommentar unten). Wie solche Aktionen im Zusammenspiel mit medialer Aufmerksamkeit funktionieren, hat man im Fall Katar gesehen.

  • Es ist ungeheuer wichtig, Afrika und andere Kontinente im Kampf gegen den Klimawandel mitzunehmen bzw zu motivieren. Jede Gesellschaft, die ihren Lebensstandard verbessert, produziert mehr CO2. Das wurde schon vielfach gezeigt und zeichnet sich als Trend in vielen Ländern ab. Rechte von Homosexuellen etc sollten im Kontext dieses Themas vielleicht mal hinten anstehen. Sonst gibt es wahrscheinlich gar keinen Austragungsort in einem Entwicklungsland.

  • Ägypten ist kein Hort der freien Gesellschaft. Das war aber auch schon bei der Vergabe der Konferenz klar und wieviele Standorte gibt es ansonsten noch in der Welt?



    Die Meldung ist aber allen Ernstes, dass zwei (2!) Menschen eine Konferenz mit zig Tausend Menschen absagen möchten? Eine Konferenz, die potentiell für die Menschheit wichtig ist?



    Haben die zwei internationalten Delegierten wirklich etwas in Ägypten während der Konferenz zu befürchten, besonders wenn sie sich auf ihre Aufgabe dort konzentrieren?

    • @fly:

      "dass zwei (2!) Menschen eine Konferenz mit zig Tausend Menschen absagen möchten"



      Nein. Das hier ist Aktivismus. Es geht darum, Länder aus ihrer Verantwortung nicht auszulassen, auf ihre Menschenrechtsverstöße kontinuierlich hinzuweisen, wenn diese Länder eine Rolle (z.B. als Gastgeberland) in der Staatengemeinschaft einnehmen. Die Nachricht der taz und anderer Medien ist bereits das Ziel der Aktion.

      • @mats:

        Folge könnte sein, dass sowohl lgbt alsauch Klimaschutz Ägypten (und Indien, Brasilien, China, Russland, … um ein paar große Länder zu nennen) dann gleichsam am A…. vorbeigehen. Man sollte wenn man schwierige Themen bearbeiten möchte nicht Dinge verknüpfen, die miteinander nichts zu tun haben. Das ist der Unterschied zwischen Diplomatie mit diplomatischer Führungsrolle einerseits, und verpuffendem Aktionismus. Eins nach dem anderen.

        • @sachmah:

          Es ist im Gegenteil gerade Kern der Diplomatie, Dinge miteinander zu verknüpfen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu zun haben, z.B. das Drängen auf Einhaltung der Menschenrechte mit wirtschaftlicher Kooperation. Vergleichbares erleben Sie bei fast jedem Stastsbesuch.



          Und noch einmal: die beiden sind politische Aktivisten, nicht Diplomaten. Ihr Ziel ist nicht, eine internationale politische Lösung zu erzwingen, sondern die Aufmerksamkeit der Staatengemeinschaft auf fortgesetzte Menschenrechtsversöße zu lenken.

          • @mats:

            Jede Führungskraft wird Ihnen sagen, dass Sie im Gespräch bei konkreten einfachen Zielen bleiben und keinen Rundumschlag machen, wenn Sie ein konkretes Ziel haben. Denn allgemeine Belehrungen off topic von oben herab laufen - völlig zurecht weiter ich finde - und Lehre. So würde ich mit mir auch nicht umgehen lassen. Presseerklärungen nachher dienen lediglich dazu, die Überheblichkeit der jeweiligen Bevölkerungen (beiderseits!) gerecht zu werden. Sieht man konkret schön bei brd Türkei oder USA China.

            • @sachmah:

              Darauf hinzuweisen, dass man es nicht hinnehmen wird, wenn Menschen gefoltert werden und so gegen internationales Recht und gültige Abkommen verstoßen wird, ist keine Belehrung. Und Länder werden auch nicht geführt wie Unternehmen (auch, wenn manche das gerne so hätten).



              Und immer noch setzen Sie die politisch Verantwortlichen mit den politischen Aktivisten gleich. Das kann ja nur zu Verwirrung führen. Was erstere mit dem Aufruf der zweiteren machen, liegt in der Verantwortung der ersteren. Und zweitere müssen nicht Ziele und Strategien der ersteren Teilen, dann sonst wären ihre Aktionen ja redundant.