Rechte Gewalt in Österreich: Polizei gegen „Pedo Hunters“
In Österreich zerschlagen landesweite Razzien ein rechtsextremes Netzwerk zur Jagd auf Homosexuelle. Dieses lockte seine Opfer über Social Media an.

Bei den Festgenommenen handelt es sich um zwölf Männer und drei Frauen zwischen 14 und 26 Jahren, die meisten davon Österreicher. Unter den Verdächtigen sind auch kroatische, rumänische, slowakische und deutsche Staatsbürger. Während der Durchsuchungen stellten die Ermittler Waffen und NS-Devotionalien sicher. Am Wochenende kam es zu drei weiteren Festnahmen. In Kürze soll entschieden werden, ob Untersuchungshaft über die teils jugendlichen Beschuldigten verhängt wird.
Das Netzwerk im Visier der Behörden hat seinen Ursprung südlich von Graz, weitete sich dann aber auf ganz Österreich aus. Seit Frühling 2024 erstellten die Täter gezielt Fake-Accounts in sozialen Medien und auf Dating-Plattformen, um potenzielle Opfer anzulocken. Bei den vereinbarten Treffen erschienen dann vier bis acht maskierte Personen, die die Opfer schwer misshandelten.
Die Täter zwangen ihre Opfer zu entwürdigenden Handlungen, etwa mit den maskierten Angreifern zu tanzen, und filmten diese Erniedrigungen. Die Videos wurden anschließend in privaten Chatgruppen geteilt. Laut Polizei wurden die Täter „von Tathandlung zu Tathandlung immer brutaler“. In mindestens einem Fall wird wegen versuchten Mordes ermittelt.
Täter aus dem Umfeld rechtsextremer Gruppen aus Wien
Die Gruppe nannte sich selbst „Pedo Hunter“ und behauptete, sie würde angebliche „Pädophile“ bestrafen. Die Polizei betonte jedoch ausdrücklich, dass keines der Opfer pädophil gewesen sei. Gehandelt haben die Täter laut Polizeiangaben unter dem „Deckmantel der Selbstjustiz“. Bislang wurden mindestens 17 Vorfälle dokumentiert, die Polizei geht jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. Viele Fälle werden aber aus Scham oder Angst vor Stigmatisierung nie gemeldet.
Nach Recherchen des Standard sind die Täter in der neonazistischen Szene verankert. Sie stehen im Umfeld bekannter rechtsextremer Gruppierungen wie „Tanzbrigade Wien“ und „Defend Austria“, die lose mit der Identitären Bewegung verbunden sind. Eine solche Verbindung bestätigte die Polizei aber vorerst nicht.
Die Angelegenheit schlägt auch in der Politik Wellen. Empört äußerten sich Sozialdemokraten, Grüne und die liberalen Neos. Die konservative ÖVP, namentlich Innenminister Gerhard Karner, sprach von einer „überaus brutalen und menschenverachtenden Tätergruppe“. Auffällig ruhig blieb es hingegen von der rechtsradikalen FPÖ. Sie hatte sich in der Vergangenheit vielfach nicht oder nur undeutlich gegen Rechtsextremismus abgegrenzt. Parteichef Herbert Kickl bezeichnete die Identitäre Bewegung etwa 2021 als „interessantes und unterstützenswertes Projekt“.
Die Verfolgung Homosexueller unter dem Vorwand der Bekämpfung der Pädophilie kennt man in Europa vor allem aus Russland und Belarus. In dieselbe Kerbe schlägt auch die ungarische Regierung, die erst diese Woche die Budapest Pride und andere LGBTIQ-Events zwecks „Kinderschutz“ verbot.
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