Reaktionen auf das Entlastungspaket: Sozial gemeint, sozial genug?
Wer ohnehin wenig Geld hat, den treffen Inflation und hohe Preise besonders hart. Manchen Sozialverbänden gehen die Ampelpläne nicht weit genug.
Großer Wurf oder durch nur Augenwischerei? Hohe Erwartungen waren in das dritte Entlastungspaket gesetzt worden. Insbesondere von denen, die am meisten betroffen sind von Inflation, steigenden Preisen und unsicheren Einkommen auf unbestimmte Zeit. Laut Bundeskanzler Olaf Scholz sollen nun genau diese Menschen jetzt maßgeblich entlastet und unterstützt werden.
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie lobte die Bemühungen der Ampel-Koalition. „Mit den Beschlüssen hat die Regierung richtige und wichtige Weichen gestellt“, sagte Lilie der taz. Positiv sei, dass Einmalzahlungen für Rentner:innen, Studierende und Auszubildende kämen. Auch den Basis-Strompreisdeckel, die Kindergelderhöhung, die Anpassung von 50 Euro für Berechtigte in der Grundsicherung und die Ankündigung für ein günstiges, bundesweites Nahverkehrsticket begrüßte er.
Aber: „Die Beschlüsse müssen zügig umgesetzt, im Detail aber noch zielgenauer werden, insbesondere mit Blick auf Einkommensarme“, sagte Lilie. Vor allem bei Menschen, die Grundsicherung beziehen, dürfe man nicht bis zum 1. Januar warten. „Bei niemandem darf das Licht ausgehen oder die Heizung abgestellt werden.“ Er sprach sich für direkte Hilfen bei den Energiekosten für Sozial- und Pflegeeinrichtungen aus, sowie ein 29-Euro-Sozialticket, damit „wirklich niemand auf der Strecke bleibt“.
Ein „schlechter Witz“
Die Kritik von Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband ist weniger sanft. „Mit diesem Entlastungspaket werden in erster Linie Fehler und Ungerechtigkeiten korrigiert, aber keinerlei zusätzlichen zielgerichteten Hilfen auf den Weg gebracht“, sagte Schneider der taz. Dass Rentner:innen und Studierende wie alle anderen eine einmalige finanzielle Unterstützung erhalten und beim Heizkostenzuschuss im Wohngeld noch einmal nachgelegt wird, sei nur gerecht, aber ganz sicher nicht genug. Vor allem die geplante Anhebung der Grundsicherung ist für Schneider „ein schlechter Witz“.
Der Paritätische fordert eine pauschale Anhebung der Regelsätze um 200 Euro ab Oktober. Zusätzlich sollen die Stromkosten als Bestandteil der Wohnkosten in voller Höhe übernommen werden. Für Schneider dient das Paket nicht dazu, den „Menschen in diesem Herbst wirklich Zuversicht zu geben.“ Nur die Reform des Wohngeldes, und damit der erweiterte Kreis der Berechtigten, hält Schneider für überfällig.
Der Deutsche Caritasverband zeigte sich erleichtert über die Einigung und betonte, dass in Kriegszeiten und angesichts deren sozialen Folgen Solidarität geboten sei. Der katholische Wohlfahrtsverband forderte einen Schutzschirm für soziale Dienstleister. Dazu gehören Kitas und Pflegeeinrichtungen. „Es nützt den Familien, die höheres Kindergeld bekommen, nichts, wenn Kitas schließen müssen, weil sie die Heizkosten nicht mehr finanzieren können“, sagte Verbandspräsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa der taz. Und: Die steigenden Energiepreise der Pflegeeinrichtungen dürften nicht allein auf die Eigenanteile für die Bewohner:innen abgewälzt werden.
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