piwik no script img

Reaktionen auf BND-AffäreBundestag will mehr Kontrolle

Im Zuge der BND-Affäre fordern Politiker die Stärkung der parlamentarischen Geheimdienstaufsicht. SPD und Grüne: Merkel muss aussagen.

Lange Schatten wirft die Überwachungstechnik des BND. Bild: dpa

BERLIN taz | Machen die denn nur noch, was sie wollen? Angesichts immer neuer Details in der Affäre um eine mutmaßlich rechtswidrige Spionagepraxis des Bundesnachrichtendienstes (BND), fordern Politiker aller Fraktionen die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle über die Dienste. Selbst die CDU prescht inzwischen mit eigenen Vorschlägen zu einer effektiveren Geheimdienstkontrolle vor.

„Der Bundestag sollte einen Nachrichtendienstbeauftragten wählen, der sich mit einem Stab von 10 bis 15 Leuten dann ganz auf die Nachrichtendienstkontrolle konzentrieren kann“, sagte Armin Schuster, CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, der taz.

Nach seiner Vorstellung könne dieser eine ähnliche Stellung einnehmen wie etwa der Wehrbeauftragte im Deutschen Bundestag, der als Kontrolleur der Bundeswehr und Ansprechpartner für die Soldaten jeweils für fünf Jahre vom Bundestag gewählt wird.

Auch SPD-Fraktionsvize Eva Högl drängte am Wochenende auf eine zügige und umfassende Stärkung des Parlaments. „Wir brauchen mehr Leute, mehr Geld und einen leitenden Beamten, der die Geheimdienstkontrolle Vollzeit koordiniert“, sagte sie Spiegel Online.

Aufsichtsbehörde in der Kritik

Mit dem Ruf nach besserer parlamentarischer Kontrolle wird eine Forderung aufgegriffen, die Oppositionspolitiker wie der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele bereits seit Jahren formulieren. Derzeit tagt das Kontrollgremium, das aus neun Bundestagsabgeordneten besteht, alle paar Wochen für einige Stunden. Etwa aus „Schutz von Persönlichkeitsrechten“ kann die Bundesregierung dem Gremium aber auch Informationen vorenthalten.

Wie genau die künftige Kontrolle aussehen könnte und ob sie auch mit einem größeren Auskunftsrecht der Parlamentarier einherginge, ist offen. Kritiker sehen in einem eigenen Geheimdienstbeauftragten die erneute Gefahr einer zu großen Nähe zwischen Kontrolleur und Kontrollierten, die derzeit dem Bundeskanzleramt vorgeworfen wird. Die Aufsichtbehörde steht heftig in der Kritik, weil sie möglicherweise über Jahre hinweg verpasst oder ignoriert, geduldet oder gewusst haben soll, dass der Bundesnachrichtendienst rechtswidrig europäische Unternehmen und Politiker ausspioniert haben könnte.

Die Debatte um die Geheimdienstkontrolle zeigt, dass die BND-Affäre auch die Regierung erreicht hat. Am Mittwoch soll Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor dem geheim tagenden Kontrollgremium aussagen. SPD-Vize Ralf Stegner deutete an, dass auch Bundeskanzlerin Angela Merkel als Zeugin aussagen müsse. Auch die Grünen wollen Merkel als Zeugin im Untersuchungsausschuss sehen.

Unklar ist noch immer, ob das Kanzleramt dem am Donnerstag tagenden NSA-Untersuchungsausschuss die verlangte Selektorenliste vorlegt. Auf dieser Liste wären auch die Ziele zu sehen, die der BND mutmaßlich rechtswidrig ausgespäht haben soll. Das Kanzleramt hält die Liste bislang zurück.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Der BND war schon immer ein Staat im Staat.

    Fuer CDU als groessten USA-Freund+Schutzherr deutscher Industrie muss das sehr peinlich sein.Bis jetzt wurde hoeflich i/d USA+UK nachgefragt um mehr Informationen,wobei Nachfragen einfach unter Diplomaten abgewickelt sollten.Wie eine Riesenblamage.Die ganze EU-Diplomatie hat sich reinlegen lassen weil man zugut v Vertrauen war.Jetzt stellt sich die Frage wussten die EU-Geheimdienste hiervon oder wurden die auch ruhig gestellt mit Halbinformationen.Hoechste Zeit das die EU Konsequenzen zieht+Massnahmen trifft um angerichteten Schaden zu reparieren.Kein Wunder dass es wirtschaftlich so schlecht mit der EU geht,das man immer anderen Staaten unterlegen ist,man hat sich naemlich falschen Freunden ausgeliefert. Den Cyber-Industrieschaden fuer Deutschland beziffern die Verantwortlichen für das vergangene Jahr 2012 auf 30 bis 60 Milliarden Euro.Experten schätzen die Gesamtsumme auf mehr als 200 Milliarden Euro,fuer ganz Europa/Jahr

    • @Eric Boule:

      Woher haben Sie diese Zahlen?

  • 1G
    19122 (Profil gelöscht)

    Vollständige Obfuskation liegt in der Natur eines Geheimdienstes. Politische Kontrolle, welche das "Kerngeschäft" des Dienstes nicht in Mitleidenschaft zieht, ist eine Illusion der Bürokraten. Ein wirkungsvoll kontrollierter Geheimdienst ist ein zahnloser Tiger und gehört abgeschafft.

  • Kontrollgremien können doch jeweils nur das kontrollieren, was der BND auch zur Kontrolle durchlässt. Ein Hase und Igel- Spiel, bei dem der BND dann immer "Ick bün al dor!“ ruft.

    Der Vorstoß der CDU soll den Eindruck vermitteln, man könne die Aktivitäten des BND wirksam kontrollieren. Praktisch ist das überhaupt nicht machbar. Wenn der BND ohne die Unterstützung durch die NSA sowieso nicht arbeiten kann, wozu braucht man ihn dann eigentlich? Will man aus unerfindlichen Gründen unbedingt am BND festhalten, sollte man zumindest eine transparente Kosten- Nutzen-Rechnung aufmachen und insbesondere mal folgende Fragen beantworten: Welchen konkreten Nutzen hatte der Bürger und welchen Nutzen hatte die deutsche Wirtschaft bislang von der Tätigkeit des BND? Welchen konkreten Nutzen hatten deutsche Regierungen bei ihren Entscheidungen bislang vom BND? Welche illegalen Waffendeals konnten durch die Aktivitäten des BND bislang verhindert werden? Kommt man - wie ich - dann zu dem Schluss, dass das Ergebnis im Vergleich zum Aufwand äußerst mager, ja oftmals sogar kontraproduktiv ausfällt, dann sollte man gar nicht erst weiteres Geld für sinnlose Alibi-Kontrollen zum Fenster hinaus werfen.

  • Wenn der BND - sollten sich die Meldungen als wahr herrausstellen - den amerikanischen Diensten Daten gegeben hat, ist das Hochverrat am eigenen Land. Da gibts sicher ein GG-Artikel dazu, den ich gerade zu faul bin rauszusuchen. Der Laden selbst gehört dicht gemacht, die beteiligten und auch die billigenden Mitarbeiter entsprechend verurteilt.